Glinde. 149 Wohnungen im Stadtteil Wiesenfeld. Genossenschaft muss jetzt umplanen. Förderung für KfW-55-Standard gestrichen.
Das erste von fünf Gebäuden am Buchenweg in Glinde wird noch in diesem Monat abgerissen. Die vier weiteren Mehrfamilienhäuser, allesamt in den 50er- und 60er-Jahren gebaut, folgen zu einem späteren Zeitpunkt. Wie berichtet, plant die Baugenossenschaft Sachsenwald als Ersatz für die 52 Wohnungen im Stadtteil Wiesenfeld ein neues Quartier mit 149 Einheiten in sieben Immobilien. Sie hatte mit rund 40 Millionen Euro Investitionsvolumen gerechnet und den Baustart für 2022 anvisiert. Dieser Termin ist nicht zu halten. Doch damit nicht genug: Das Projekt wird auch teurer, damit einher geht eine Anpassung der Mieten. Sie werden im frei finanzierten Bereich über der Marke liegen, die sich die beiden Vorstände, Dirk Reiche und Stefan Ellendt, vorgestellt hatten.
Erster Stein wird frühestens 2023 gesetzt
Bei den öffentlich geförderten Bleiben, immerhin 30 Prozent des Volumens, ist der Preis vorgeschrieben. Wer einen Paragraf-Fünf-Schein hat, zahlt 6,25 Euro kalt pro Quadratmeter. Ansonsten nahm die Baugenossenschaft bislang maximal 10,50 Euro bei Neubauten. „Die elf Euro werden wir reißen. Wo wir landen, kann ich absolut nicht beziffern“, sagt Reiche. Vieles ist derzeit unklar. Zum Beispiel, wann der erste Stein gesetzt wird. Laut Ellendt ist das frühestens 2023. Er klagt derzeit über unruhige Nächte, weil das Bundeswirtschaftsministerium vor Kurzem die Förderung für effiziente Gebäude (BEG) geändert hat. Ab dem 1. Februar 2022 bekommen Bauherren keine günstigen Darlehen und auch keinen Zuschuss mehr von der Kreditanstalt für Wiederaufbau, wenn sie auf den sogenannten KfW-55-Standard setzen.
Dieser war für Glinde vorgesehen. Bei dem Projekt der Genossenschaft in Reinbek an der Berliner Straße, wo 36 Wohnungen entstehen, wird es genauso gemacht. Das Haus hat eine Wärmepumpe, dreifach verglaste Fenster und eine Solaranlage auf dem Dach. Dafür streichen Ellendt und Reiche bei einem Investitionsvolumen von mehr als sieben Millionen Euro rund 950.000 Eur0 an Förderung ein. Das Geld müssen sie nicht zurückzahlen.
KfW-40-Variante könnte ein Ausweg sein
Um auch für das Quartier in Wiesenfeld Zuschüsse abzugreifen, müsste die Baugenossenschaft auf KfW-40-Standard wechseln, was eine noch größere CO2-Einsparung verspricht. Allerdings entstehen auch hierbei Mehrkosten wegen einer optimierten Dämmung. Reiche formuliert es so: „Die Wände müssen dicker sein. Das geht zulasten der Wohnfläche. Ausdehnen können wir die Häuser nicht.“ Er verweist in diesem Zusammenhang auf den Entwurf des Bebauungsplans. Noch sind die beiden Chefs unentschlossen, ob sie die KfW-40-Variante wählen.
Beim ersten Treffen mit Glindes Bürgermeister Rainhard Zug, als es darum ging, den städtebaulichen Vertrag auszuhandeln, war das Vorhaben des Bundeswirtschaftsministeriums nicht publik. „Unsere Planung steht jetzt auf dem Prüfstand“, sagt Ellendt. Man müsse vielleicht die Art der Ausstattung neu definieren, Fußboden, Heizung und auch Türklinken.“
Baugenossenschaft hat Erbbaugrundstück gekauft
Die Gründe für die Verzögerung sind vielschichtig. Denn nicht nur der Klimaschutz macht das Bauen kostenintensiver. Hinzu kommt die jüngste Verteuerung bestimmter Werkstoffe wie Holz, Glas und Metalle sowie die erhöhte Nachfrage nach Handwerkern. Nicht zu vergessen die gestiegenen Preise beim Grunderwerb. Zumindest in Sachen Flächenkauf muss sich die Genossenschaft mit Sitz in Reinbek beim Blick in die Zukunft nicht unbedingt Sorgen machen. „Es ist unser Vorteil, dass wir große Bestandsgrundstücke haben mit älteren Häusern“, so Reiche. Soll heißen: Abriss und Neubau mit der Möglichkeit, mehr Einheiten auf dem Areal zu schaffen.
In Glinde hatte die Baugenossenschaft 2019 ein Erbbaugrundstück gekauft, das Projekt wird auf einem 1,3 Hektar großen Areal umgesetzt in mehreren Bauphasen. Spätestens 2031 sollte es fertig sein. Ob das mit dem verspäteten Baustart gelingt, ist offen. Wenn die Details im städtebaulichen Vertrag geklärt sind und dieser von beiden Seiten unterschrieben ist, werden die Kommunalpolitiker den B-Plan absegnen.
Mobilitätskonzept mit Car-Sharing und E-Tankstellen
Von der Präsentation im Juni dieses Jahres waren alle Fraktionen angetan. Es gibt ein Mobilitätskonzept mit Car-Sharing und E-Tankstellen. Fünf Fahrzeuge will die Baugenossenschaft anschaffen und die Flotte bei Bedarf ausbauen. In die Wohnungsmiete ist eine Pauschale für die Leih-Fahrzeuge eingespeist. Auch Lastenräder für Einkäufe sollen den Bewohnern zur Verfügung gestellt werden. 37 Parkplätze sind im Erdgeschoss von zwei Gebäuden zu finden, die zu einem späteren Zeitpunkt durch Wohnungen ersetzt werden könnten.
In den sieben Häusern, das höchste hat vier Geschosse plus Staffelgeschoss, befinden sich Eineinhalb- bis Viereinhalb-Zimmerwohnungen. Bislang war bei Neubauten der Quadratmeterpreis im frei finanzierten Bereich an einem Standort gleich. „Auch hier müssen wir umdenken. Das alte Prinzip funktioniert nicht mehr“, sagt Reiche. Das bedeutet konkret: Wer im Staffelgeschoss lebt, zahlt bei identischer Wohnungsgröße mehr als ein Mieter auf mittlerer Ebene. Die Baugenossenschaft Sachsenwald hat derzeit 805 Wohnungen in Reinbek, Glinde und Barsbüttel sowie mehr als 1200 Mitglieder.