Glinde. Lärmschutzwand-Projekt: Glinde müsste Anwohnern der K 80 statt 10 bis zu 300 Euro pro Quadratmeter für Grundstücksanteil zahlen.

Derzeit haben sie Ruhe, die Anwohner der Stübenkoppel in Glinde. Das wird sich Mitte Oktober wieder ändern, wenn die Sperrung der Kreisstraße 80 aufgehoben und die Grundsanierung eines 3,6 Kilometer langen Abschnitts beendet ist. Laute Geräusche von den vorbeidonnernden Fahrzeugen kann auch die Lärmschutzwand nicht verhindern, die ihrem Namen in keiner Weise gerecht wird, weil sie zum Beispiel löchrig ist. Eine Bürgerinitiative fordert seit Jahren eine Verbesserung der Situation. Und auch die Politik ist mit einem Neubau einverstanden.

Allerdings wird dieser mehr als 400.000 Euro teurer als gedacht, sollte er ausschließlich auf dem Gebiet der rund 19.000 Einwohner zählenden Stadt umgesetzt werden. Ob das geschieht, hängt jedoch von mehreren Faktoren ab.

Bürgermeister Rainhard Zug präferiert, den Anliegern einen Teil ihrer Grundstücke abzukaufen. Er möchte die Wand versetzen weg von der K 80 in Richtung Wohnbebauung, benötigt einen Zehn-Meter-Streifen und begründet dies mit der Schaffung eines Unterhaltungswegs. Rund 3000 Quadratmeter soll die Stadt demnach erwerben. Die Verwaltung bewertete den Bereich als Ackerland mit 3,80 Euro pro Quadratmeter, bezifferte den maximalen Verhandlungspreis auf zehn Euro. Die Anlieger echauffierten sich über die Zahlen aus dem Rathaus. Unter diesen Voraussetzungen wollten sie kein Land abgeben.

200.000 Euro für Planung sind im Haushalt verankert

Daraufhin schickte Zug den Gutachterausschuss des Kreises in die Spur. Nach rund fünfeinhalb Monaten haben die Experten ein Dokument erstellt und neue Grundstückswerte ermittelt. Der Quadratmeterpreis liegt bei bis zu 300 Euro. „Bei Personen, die kleinere Grundstücke haben, ist er am höchsten“, sagt der Bürgermeister. Die Summe für den Kauf steigt somit von geplanten 30.000 auf 470.000 Euro. Für die Wand waren rund 1,5 Millionen Euro angedacht.

Anwohner haben inzwischen ein Schreiben mit der neuen Bewertung ihrer Flächen erhalten. Stefan Flint soll 266 Quadratmeter zur Verfügung stellen. „Da mein Grundstück aber mehr als 1000 Quadratmeter umfasst, bin ich mit 32 Euro eingestuft“, berichtet der Glinder. Er will nach wie vor nicht veräußern. „Und das gilt auch für einige Nachbarn.“ In Glinde liegt der Quadratmeterpreis für Bauland bei 410 Euro.

Flint und seine Mitstreiter hatten im Frühjahr dieses Jahres der Verwaltung sowie den Politikern einen Plan für die neue Lärmschutzwand vorgelegt und dabei auf dem jetzigen Standort beharrt. Ein Bau auf den Grundstücken der Bürger erfordere eine Wand höher als die angedachten acht Meter, um die gewünschte Lärmminderung zu erreichen und sei entsprechend teurer, hieß es unter anderem. Ausgeschlossen ist die Variante der Initiative nicht. Laut Zug steht die aktuelle Wand zum Teil jedoch außerhalb der Stadt. „Wir sind deshalb im Gespräch mit Reinbek, dem Kreis sowie dem Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr.“ Der Verwaltungschef sagt, im August habe man wahrscheinlich Klarheit, ob diese Option machbar sei. „Für diesen Fall müssten wir Reinbek um Hilfe beim Bebauungsplan bitten.“ Das würde Glindes Rathauschef nur ungern machen.

Stellvertretende SPD-Fraktionschefin ist für Grunderwerb

Maßgeblich ist aber das Votum der Politik. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Rainer Neumann sagt: „Mein Vorschlag war es ohnehin, die neue Wand auf dem jetzigen Streifen zu belassen. Das würde vieles erleichtern.“ Diese Meinung teilt sein Pendant von der FDP, Thomas Kopsch: „Es wäre schon allein wegen der Kosten die beste Lösung und verträglich für den Haushalt.“

Die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Marlies Kröpke würde eine andere Richtung einschlagen, sollte die Stadt zwischen zwei Varianten wählen können: „Ich würde am liebsten das Areal von den Bürgern kaufen. Dann wären wir unabhängig.“ Die Sozialdemokratin hofft, dass der Zehn-Meter-Streifen verkleinert werden kann und sich der Mehraufwand in Grenzen hält. Petra Grüner tendiert ebenso dazu, zusätzliches Geld in die Hand zu nehmen. Die Fraktionschefin der Grünen sagt: „Mit Reinbek bin ich skeptisch. Es ist der einfachere Weg, auf eigenem Grund aktiv zu werden.“

Bürgerinitiative ist seit Mai 2009 am Start

Die Bürgerinitiative hatte sich im Mai 2009 gegründet und kämpft seitdem für mehr Lärmschutz. An einigen Stellen fehlen Elemente des Zauns. Woanders ist eine Holzkonstruktion, die kaum Schall abhält. Wer für den Bau der Wand zahlen muss, konnte lange nicht geklärt werden. Eigentümer der maroden Wand ist Glinde, finanziert wurde sie vom Kreis und der Stadt. Auf der einen Seite gab es einen Bebauungsplan, der einen fünf Meter hohen Lärmschutzwall vorsieht. Auf privatrechtlicher Basis zwischen Kreis und Glinde wurde aber eine Holzwand mit einer dünnen Dämmplatte erstellt. Zuerst hieß es, Anwohner müssten 90 Prozent der Kosten einer neuen Wand tragen. Dann brachte ein Gutachten Gewissheit: Erschließungsbeiträge sind nicht zu entrichten.

Im August möchte Rainhard Zug die Planungskosten freigeben lassen und ein Votum im Bauausschuss erwirken. 200.000 Euro sind im Haushalt mit Sperrvermerk versehen. Zugleich wird er in jenem Monat die Grundeigner ins Rathaus laden, um konkrete Gespräche über den Flächenkauf zu führen.