Ahrensburg. Eckart Boege, Thomas Schreitmüller und Christian Schubbert betonen die Vorzüge der Stadt – und sehen Verbesserungspotenzial.

Alles über „Menschen, Länder, Abenteuer“ verspricht eine Regalwand im ersten Stock der Ahrensburger Stadtbücherei. Doch an diesem Nachmittag geht es dort nicht um Reisetipps von der Nordseeinsel Föhr bis nach Neuseeland, sondern um den künftigen Bürgermeister der mit gut 34.000 Einwohnern größten Stadt im Kreis Stormarn. Der Senioren- und der Behindertenbeirat sowie der Kinder- und Jugendbeirat haben die Kandidaten Eckart Boege (43, von der SPD nominiert), Thomas Schreitmüller (53, von der CDU nominiert) und Christian Schubbert (52, von den Grünen nominiert) eingeladen, um ihnen Fragen zu stellen.

Es ist das allererste Mal, dass alle drei Bewerber direkt aufeinandertreffen. Sie begrüßen sich freundlich, gehen in den folgenden 90 Minuten sehr sachlich miteinander um, reden mit ruhiger Stimme. Übereinstimmung herrscht auch bei der Getränkewahl: Wasser und Kaffee.

Erste Frage nach der Motivation, Bürgermeister zu werden

Christian Schubbert ist schon früh erschienen, hat sich den strategisch günstigen Mittelplatz gesichert. Thomas Schreitmüller trägt als Einziger Anzug und Krawatte. Er verzichtet auf Notizen, während Boege immer wieder Stichworte in seinem Schreibblock notiert. Schubbert nutzt sein Tablet.

Alle drei erklären, wie schön es sei, in Ahrensburg zu leben. Trotzdem sehen sie reichlich Verbesserungspotenzial. „Bürger haben einen Anspruch darauf, dass sich einiges ein bisschen schneller bewegt als bisher“, sagt der SPD-Ortsvorsitzende Eckart Boege über seine Motivation, Verwaltungschef werden zu wollen. Beispiele seien Digitalisierung, Klimaschutz und Verkehrswege, so der Diplom-Mathematiker, der in Hamburg bei einem Energieversorger für Geschäftskunden arbeitet.

Verwaltung soll sich wieder mehr als Dienstleister sehen

Christian Schubbert betont seine innige Verbindung zur Schlossstadt, in der er seit 1998 lebt, in der sein heute 16 Jahre alter Sohn aufgewachsen ist und in der er seine Firma für Werbemittel und -konzepte hat. Der Grünen-Stadtverordnete möchte die Stadt so führen wie den Bildungs-, Kultur- und Sportausschuss, dem er vorsitzt: „Jeder soll das Recht haben, seine Ideen frei vorzustellen, um dann gemeinsam die beste Lösung zu finden.“ Das könne man am besten als Bürgermeister erreichen. Ahrensburg müsse von der Spitze her eine Dienstleistungsmentalität für die Bürger zurückerhalten.

Thomas Schreitmüller, seit 21 Jahren hauptamtlicher Bürgermeister in Tangstedt und Barsbüttel, ist „Ahrensburger von Geburt an“. Er habe die Heimat im Herzen und wolle deshalb Bürgermeister der Stadt werden, in der er seit dem Vorjahr auch wieder wohnt. „Ahrensburg verkauft sich deutlich unter Wert“, sagt er. Politik und Verwaltung könnten einiges besser machen. So schiebe die Stadt 80 Millionen Euro Investitionen vor sich her, was sogar der Landesrechnungshof kritisiere. Ein weiterer Kritikpunkt sei die Erreichbarkeit der Verwaltung, für Schreitmüller eine der Hauptaufgaben des Bürgermeisters.

Nicht von Föhr bis nach Neuseeland, aber thematisch nahezu ebenso weit führt die folgende Fragerunde. Dabei erwähnt Schreitmüller immer wieder seine Erfahrung in der Verwaltung und als Landesvorsitzender des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetags sowie erfolgreiche Projekte aus Barsbüttel. Schubbert listet auf, was er in seiner Zeit als Stadtverordneter (seit 2008) Gutes für Ahrensburg erreicht hat. Und Boege wirft seine Lebens- und Berufserfahrung in die Waagschale.


Inklusion und Arbeitsplätze für Behinderte
: Alle Bewerber haben die gesamtgesellschaftliche Integration von Menschen mit Handicap im Alltag auf ihrer Agenda. „Beispiele sind mehr behindertengerechte Toiletten in der Innenstadt und der ebene Fußweg bei der Neugestaltung der Hamburger Straße“, sagt Schubbert. „Es geht um die Infrastruktur, damit alle am gesellschaftlichen Leben teilhaben können“, so Boege. „Die Stadt ist Arbeitgeber von der Krippe bis zum Friedhof, hat damit Vorbildfunktion“, sagt Schreitmüller.


Sinkendes Sicherheitsgefühl älterer Menschen in der Innenstadt
: Eckart Boege sieht kein Patentrezept, möchte erst mal kritische Orte identifizieren: „Ich bin kein Fan von Kameras, halte Überwachung der Bürger für schwierig.“ Die Beiräte könnten Vorschläge machen, ob sie mehr Polizeistreifen, mehr Licht oder anderes wollen. Schreitmüller erläutert, dass Videoüberwachung nur genehmigt werde, wenn Straftaten vorliegen. Helles Licht sei eine Möglichkeit für neuralgische Punkte. Auch Schubbert betont, das man die Stadt „nicht mit Kameras überfluten“ könne. Zwei Stellen für den städtischen Ordnungsdienst („Für den kleinen Ärger“) schreibe die Stadt aus. Wichtig sei ein Streetworker, der direkt mit den Jugendlichen spricht.


Verkehrssituation, Ioki-Shuttleservice, Parkplätze: Die Betriebskosten für das Ioki-Pilotprojekt mit fünf Elektroautos liegen bei 830.000 Euro im Jahr. „Man muss sich immer fragen, was man für das Geld bekommt und welche Nutzergruppen man erreicht“, sagt Boege. Möglicherweise sei ein dichterer ÖPNV-Takt besser. „Bei Parkplätzen redet man mit drei Leuten und hört vier Meinungen“, sagt Boege. Es fehle ein Gesamtkonzept. Schubbert findet Ioki-Fahrten anstelle von fast leeren Bussen „großartig“. Laut Verkehrsgutachten gebe es 3000 Parkplätze in der Innenstadt, davon 2000 öffentlich verfügbare. „Weil der Parksuchverkehr überhandnimmt, brauchen wir ein anständiges Parkleitsystem.“ Schreitmüller weist darauf hin, dass derzeit jede Ioki-Fahrt 22 Euro Steuergeld koste. Man müsse immer schauen, wie man am meisten für den ÖPNV erreiche. Vor dem Bau einer Tiefgarage für einen zweistelligen Millionenbetrag sollte man klären, was mit dem Rathausplatz geschehe.


Wohnungsbau und Tagespflege für Senioren: „Über Bebauungspläne kann sich die Stadt Zugriff auf Grundstücke sichern, um öffentlich geförderten Wohnraum zu schaffen“, sagt Schreitmüller. Bei neuen Projekten sei jetzt ein drittel der Fläche für Sozialwohnungen vorgeschrieben, so Schubbert. Wichtig seien auch „als zweite Flanke“ kleinere Wohnungen. Boege hält eine städtische Wohnungsbaugesellschaft perspektivisch für denkbar, um dauerhaft Einfluss auf Miethöhen zu haben. Mit mehr Tagespflegestellen wollen sich alle drei beschäftigen.

Videoaufzeichnung der Fragerunde: www.twitch.tv/stadtbuechereiahrensburg

In einer Woche sitzen sich Eckart Boege, Thomas Schreitmüller und Christian Schubbert erneut gegenüber. Die Stadt Ahrensburg lädt zur offiziellen Bürgermeister-Kandidatenvorstellung für Donnerstag, 19. August, um 19 Uhr in den Alfred-Rust-Saal (Wulfsdorfer Weg 71) ein.

Das Corona-Hygienekonzept lässt 231 Besucher zu. Marc Zietmann, Vorstandsmitglied im Städteverband Schleswig-Holstein, moderiert. Einlass ist ab 18 Uhr.

Per Livestream (www.ahrensburg.de) kann der Abend im Internet verfolgt werden. Zudem gibt es eine Übertragung auf die Schlossinsel, wo die Leinwand für den Kinosommer steht.

Bürgerfragen können ausschließlich vorab per E-Mail an info@
ahrensburg.de geschickt werden.

Die Ahrensburger wählen ihren neuen Bürgermeister am Sonntag, 26. September. Amtsinhaber Michael Sarach kandidiert nicht mehr, geht im April 2022 nach zwölf Jahren in Pension. Termin für eine mögliche Stichwahl ist der 17. Oktober.