Ammersbek. Behörden genehmigen Rodung an Timmerhorner Teichen: Das Biotop sei jetzt ein Wald. Kommunalpolitiker fühlen sich übergangen.
Die Fällung von Dutzenden Bäumen an den Timmerhorner Teichen in Ammersbek hat bei Kommunalpolitikern mehrerer Parteien und Anwohnern viele Fragen aufgeworfen. Die Stämme – überwiegend Pappeln – liegen noch an den seit Langem verlandeten Hälterteichen direkt an der Alten Landstraße und auch auf dem Damm zum großen Teich. Dieser wurde bis zur Insolvenz des Pächters 2002 zur Karpfenzucht genutzt.
2009 kam es zur Zwangsversteigerung. Eigentümer ist inzwischen die zur Kroschke-Gruppe gehörende ASP Grundbesitz GmbH, die auf einem Teil des Areals am See das Neubaugebiet Lake Side Village mit zehn Einzelhäusern errichtet hat.
Gemeindevertreter sind vom Ausmaß überrascht
„Alle Maßnahmen sind mit der Gemeindeverwaltung und dem Kreis abgestimmt und natürlich auch genehmigt“, sagt ASP-Geschäftsführer Friedrich-Karl Winter. Mehr gebe es dazu nicht zu sagen. Somit bleibt die Anfrage nach der Zahl und Art der Bäume sowie ihrer Größe unbeantwortet. Im Umweltausschuss waren die Arbeiten bereits im Februar 2020 aus Gründen der Verkehrssicherung angekündigt worden, nachdem Markierungen aufgefallen waren.
Für den Vorsitzenden des Bauausschusses, Holger Lehmann (SPD), stellt sich der Fall nicht ganz so kurz und knapp dar. „Wir haben die Hälterteiche im betreffenden Bebauungsplan 23 extra als gesetzlich geschützte Biotope festgelegt, damit dort umfangreiche Eingriffe in die Natur nicht so einfach möglich sind“, sagt der Gemeindevertreter. Er wohnt ganz in der Nähe und sei von etlichen Nachbarn und Passanten auf die gefällten Bäume angesprochen worden. Eine Voraussetzung für die Rodung sei gewesen, dass das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) die Biotope nun als Waldflächen eingestuft habe. „In dieses Verfahren sind wir noch nicht einmal einbezogen worden“, sagt Lehmann.
Grüne schalten auch ihre Kreistagsabgeordneten ein
Im jüngsten Bauausschuss kam das Thema zur Sprache. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Olaf Willuhn forderte Klarheit über die Frage, warum die Bäume wegen der Verkehrssicherheit weg mussten. „Dort gibt es weder eine Wohnbebauung noch einen Fußgängerweg“, sagt er. Passanten hätten zudem berichtet, dass auch Bäume mit Höhlen abgesägt worden seien. Das könnten Fledermausquartiere gewesen sein. Die Grünen haben ihre Kollegen in der Kreistagsfraktion eingeschaltet, da auch die Kreisverwaltung involviert ist. „Wir wollen gemeinsam versuchen, Licht in das Dunkel bringen“, sagt Olaf Willuhn.
Dass der Baum-Fall facettenreich ist, sieht auch das dem Umweltministerium angegliederte LLUR so. „Der Sachverhalt ist tatsächlich etwas kompliziert“, sagt Behördensprecher Martin Schmidt. Nach den Informationen der Unteren Forstbehörde – ein Dezernat im LLUR – soll für das Gesamtareal der Timmerhorner Teiche ein konkreter Pflege- und Entwicklungsplan erarbeitet werden.
Landschaftsarchitekt aus Kiel initiierte den Ortstermin
Mit der Erstellung der Unterlagen sei ein Landschaftsarchitekt aus Kiel beauftragt worden. Weil das Planungsbüro Klärungsbedarf zu diversen Flächenbeschaffenheiten hatte („Insbesondere zur Frage, ob gegebenenfalls anteilig zwischenzeitlich bereits Waldflächen entstanden seien“), wurde auf dessen Initiative hin ein gemeinsamer Ortstermin im Oktober 2020 zur Prüfung vereinbart. Dabei sollte die Sach- und Rechtslage geklärt werden.
„Die Feststellung der Waldeigenschaft erfolgte anhand der tatsächlichen Flächenverhältnisse durch forstbehördliche Inaugenscheinnahme“, sagt Martin Schmidt. Die Einstufung gelte für Teilbereiche entlang des großen Teiches. Dabei handele es sich nicht um eine Umwandlung in Wald. Dieser sei vielmehr über Jahrzehnte in den verlandeten Hälterteichen durch Sukzession – die natürliche Rückkehr der für einen Standort typischen Pflanzen – von selbst entstanden.
Pappeln und Birken stehen nicht in Baumschutzsatzung
Und im Wald sei eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung „unter Berücksichtigung der guten fachlichen Praxis“ zulässig. Das beinhalte die Nutzung. Dabei sei es unerheblich, ob der Wald gleichzeitig ein gesetzlich geschütztes Biotop sei. Die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung sei nach dem Bundesnaturschutzgesetz (Paragraf 14) privilegiert, soweit dabei die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege berücksichtigt werden.
Das LLUR habe die Timmerhorner Teiche letztmalig 2018 während einer Biotopkartierung überprüft. „Wir gehen davon aus, dass es sich bei den Flächen nach wie vor um gesetzlich geschützte Biotope handelt, nämlich um eutrophe Kleingewässer, die zeitweilig trockenfallen“, sagt Martin Schmidt. Zugleich betont er: „Die Aussage, dass in einem Biotop keine Bäume gefällt werden dürfen, ist so pauschal nicht richtig.“
Baumgutachter begleitete die Fällungen
Das Ammersbeker Rathaus konnte die Veränderungen nur zu Kenntnis nehmen. „In das Verfahren mussten wir nicht involviert werden“, sagt Bauamtsleiter Frank Thiemann. Die Fällungen habe ein Gutachter begleitet. In der gemeindlichen Baumschutzsatzung sind Pappeln ebenso wie Birken und Nadelbäume explizit ausgenommen.
Zu einer eigenen Einschätzung gelangt die Untere Naturschutzbehörde, die bei der Kreisverwaltung in Bad Oldesloe angesiedelt ist. „Der Biotopstatus ist bei der jüngsten landesweiten Überprüfung für den von den Baumfällungen betroffenen Bereich der Timmerhorner Teiche entfallen“, sagt ein Sprecher. Die Flächen unterlägen nun den Bestimmungen des Landeswaldgesetzes. Die Baumfällungen seien aufgrund der Zuständigkeit mit der Forstbehörde abgestimmt worden.