Wentorf. Kinder aus Wentorf erleben in ihrer Grundschule echte Opernsänger und dürfen mit auf die Bühne. Was sie über die Musik sagen.

Eine Oper hat die neunjährige Stina schon mal gesehen. „Aber das war nichts für mich“, stellt die Grundschülerin, die im Publikum neben der Redakteurin sitzt, fest. „Ich habe mir die ganze Zeit die Ohren zugehalten. Dieses hohe Gequietsche – schrecklich! Und ich habe den Text überhaupt nicht verstanden.“ Trotzdem freut sich das Mädchen sehr auf diesen Vormittag: Gemeinsam mit 216 anderen Dritt- und Viertklässlern darf es sich eine der beiden Vorstellungen der Kinderoper „Aida und der magische Zaubertrank“ anschauen. „Das ist etwas anderes“, sagt Stina. „Da gibt es schließlich eine richtige Geschichte, und an einigen Stellen dürfen wir sogar mitsingen.“

Marion Kühn, Musikfachleiterin der Grundschule Wentorf, hatte die Tourneeoper Mannheim für ihre Schüler angeheuert. „Die machen das toll, die sind sehr gut, sowohl stimmlich als auch pädagogisch. Sie nehmen die Kinder richtig mit“, schwärmt sie von den beiden Darstellern Raphaela Stürmer und Roland Klappstein. Im Musikunterricht habe sie die Erfahrung gemacht, dass Kinder der Opernmusik erst einmal offen und unvoreingenommen gegenüberstehen – wie jeder anderen Musikrichtung auch. „Sie haben ein gutes Gefühl dafür, dass die Musik zu ihnen spricht – selbst wenn sie den Text nicht verstehen“, weiß sie. Man dürfe nur keine Langeweile dulden.

Oper Aida – ein Rezept für einen Zaubertrank und ein Happy End

Und die Aufführungen, die die dritten und vierten Klassen erleben, sind alles andere als langweilig: Denn der Souffleuse Aida Aschenbrödel (Raphaela Stürmer) und dem Inspizienten Papageno Othello (Roland Klappauf) droht der Verlust des Arbeitsplatzes. Das Theater wird geschlossen, weil die Oper stirbt. Glücklicherweise fällt den beiden ein geheimnisvoller Brief in die Hände: Darin steht das Rezept für einen Zaubertrank, der, bis Mitternacht zubereitet, die Oper retten kann.

Die Kinder im Publikum werden ausdrücklich dazu aufgefordert, zu lachen, zu weinen oder die Musik einfach auf sich wirken zu lassen. Bei den „Mitmachliedern“ singen sie mit, stehen auf und machen die Gesten der Sänger, die Marion Kühn zuvor mit ihnen im Unterricht eingeübt hat, mit. Eine richtige Oper haben die wenigsten schon gesehen oder gehört. „Mein Opa hat früher immer Opern gehört, aber da war ich noch klein“, erzählt Finja (9). Sie erinnert sich nicht mehr, welche es waren.

Aida ist mutig, Papageno eher nicht

Zehn Schülerinnen und Schüler dürfen sogar mit auf die Bühne: Als Komparsen wirken sie als Piraten oder wilde Tiere mit. „Also auf einer Skala bis zehn würde ich sagen, beträgt meine Aufregung acht“, verrät Moritz (9). „Lampenfieber gehört dazu“, tröstet Roland Klappstein. Kurz vorher bekommen die Kinder Shirts und Kappen als Verkleidung und werden in ihre Rollen eingewiesen. Marion Kühn hilft ihnen dabei, ihren Einsatz nicht zu verpassen.

Die mutige Aida und der überhaupt nicht mutige Papageno machen sich mithilfe der Opermusikmaschine gleich ans Werk, alle nötigen Zutaten zu organisieren, darunter die oben genannte Maschine, eine Piratenflagge, Noten aus einer spanischen Oper, ein Teil eines Opernkostüms, ein Teil eines Bühnenbildes, die Zauberflöte und die Maske aus der Hand der Königin der Nacht. Und neben Menschen auch noch wilde Tiere.

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Aida und Papageno schlüpfen in andere berühmte Figuren

Dank der Maschine schlüpfen Aida und Papageno nacheinander in berühmte Figuren ebenso berühmter Opern: nicht nur in die Königin der Nacht, sondern auch in Carmen oder in den Piraten von Penzance. Ihr Gegenpart auf der Bühne luchst ihnen während der Arien und Gesänge, auch mit einiger List, die benötigten Zutaten ab. Die kleinen Piraten helfen Aida dabei, ein Rätsel zu lösen und so die Piratenflagge zu ergattern. Zum Schluss wird es noch einmal spannend, weil Aida und Papageno fast vergessen hätten, dass sie noch wilde Tiere brauchen: Da kommt die zweite Komparsengruppe zum Einsatz, und das erlösende Happy End kann wahr werden: Eine Durchsage erklärt, dass das Theater nun doch nicht geschlossen wird. Die Kinder spenden begeisterten Beifall, und auch Stina hält es beim Applaudieren nicht mehr auf dem Sitz.

Ganz nebenbei erklären Stürmer und Klappstein den Kindern Begriffe wie Souffleuse, Requisit oder Inspizient und beantworten zum Abschluss ausführlich ihre Fragen: „Bist du wirklich eine Souffleuse?“ („Nein, ich bin Sängerin, mein Traumberuf.“) und „Seid ihr zusammen? („Wir haben uns erst vorgestern auf dem Bahnhof kennengelernt“), zeigen, wie versunken die Kinder in das Opernstück sind – auch dank der Melodien, die sie davongetragen haben.