Ahrensburg. Hartmut Appel leitet das Ahrensburger Gymnasium bis zu den Herbstferien. Disziplinarverfahren läuft noch.
Das unerwartete Comeback von Pensionär Hartmut Appel als kommissarischer Leiter der Ahrensburger Stormarnschule dauert länger als ursprünglich geplant. Der 66-Jährige war im April nach der überraschenden Suspendierung der langjährigen Direktorin als Interims-Chef bis zu den Sommerferien eingesprungen. Jetzt bleibt Appel noch zwei weitere Monate bis zu den Herbstferien, die Anfang Oktober beginnen.
„Es hat sich schon frühzeitig gezeigt, dass noch etliche Baustellen zu bearbeiten sind“, sagt der Leiter des Gymnasiums. Zunächst sei wichtig gewesen, den Alltag zu organisieren, was durch die ständig wechselnden Corona-Auflagen an sich schon schwierig war. „Jetzt haben wir wieder einen vernünftigen Stundenplan und eine vollständige Unterrichtsverteilung“, sagt Appel.
Stormarnschule: Mängel am Gebäude und bei Digitalisierung
Nun könne man weitere Versäumnisse angehen. Gegenüber der Stadt als Schulträger hat er bereits deutlich auf den schlechten baulichen Zustand des Gebäudes und Defizite bei der Digitalisierung hingewiesen. Ein weiteres Thema sei das Haushaltsrecht. Er selbst habe „den Kopf wieder frei“ für alle Herausforderungen, so Appel. „Meine Frau und ich haben 14 Tage Urlaub gemacht, ich hatte ein bisschen Zeit zum Golfen – und konnte mich über die Fußball-Europameisterschaft ärgern.“
Nun kann Appel auch die knapp 90 neuen Fünftklässler kennenlernen, die seit Dienstag Stormarnschüler sind. Kurz vor der Freistellung der Schulleiterin hatte auch ihr Stellvertreter Lars Troche die Stormarnschule in Richtung Bargteheider Eckhorst-Gymnasium verlassen. „Angesichts des personellen Umbruchs können wir auf das Erreichte schon ein Stück weit stolz sein“, sagt Hartmut Appel.
Als begeisterter Mannschaftssportler und späterer Fußballtrainer setzt er auf Teamarbeit – wobei man als Vorgesetzter auch klar sagen müsse, wie Dinge umzusetzen seien. Mit seiner Erfahrung stehe er der neuen Stellvertreterin Manuela von Werder, Silke Vierck (Orientierungsstufenkoordinatorin), Silke Hörberg (Mittelstufenkoordinatorin) und Kerstin Schmidt (Oberstufenkoordinatorin) zur Seite.
Ausschreibung der Direktoren-Stelle hängt vom Verfahren ab
Gegen die seit 2004 amtierende Direktorin der Stormarnschule hat das Landesbildungsministerium ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Ende März musste sie ihre Schlüssel abgeben und das Gebäude verlassen. Offensichtlich werden der Oberstudiendirektorin finanzielle Unregelmäßigkeiten vorgeworfen. Worum es genau geht und wie weit die Ermittlungen sind, bleibt intern. „Es handelt sich um ein laufendes Verfahren zu Personalangelegenheiten, deshalb können wir zum Stand nichts sagen“, so Ministeriumssprecher David Ermes. Die Betroffene selbst hat sich zu den Vorwürfen öffentlich bisher nicht geäußert.
Die Bandbreite der gesetzlich festgelegten Disziplinarmaßnahmen gegen Beamtinnen und Beamte ist groß. Sie reicht von der Einstellung über einen Verweis, eine Geldbuße und die Kürzung der Dienstbezüge bis zur Zurückstufung oder der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Vom Ausgang des aktuellen Verfahrens hängt auch ab, ob und wann die Stelle ausgeschrieben wird und die Stormarnschule wieder eine komplette Leitung bekommt. Dass die vorherige Direktorin an ihren Arbeitsplatz zurückkehrt, scheint allerdings sehr unwahrscheinlich.
Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Untreue
Nach einer Strafanzeige aus dem Bildungsministerium ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Lübeck gegen die gefeuerte Direktorin. Dabei geht es um den Verdacht der Untreue. Laut Strafgesetzbuch droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe.
Hartmut Appel lebt in Itzehoe. Er war bis Ende Januar Chef am Detlefsengymnasium in Glückstadt. Der Ruhestand währte nur kurz, da aus dem Bildungsministerium die Anfrage kam, ob er in Ahrensburg einspringen könne.
Brillen-Unternehmer Marc Fielmann war Abiturient
Erfahrungen als Krisenmanager sammelte er bereits 2015/2016, als er vorübergehend das Gymnasium Schenefeld (Kreis Pinneberg) leitete, das nach der Abberufung des Direktors in der Probezeit führungslos war.
Die Stormarnschule zählt zu den traditionsreichsten Gymnasien in Schleswig-Holstein. Ihren heutigen Namen trägt sie seit 1927. Vorläufer war eine 1906 in einer Villa an der Bismarckallee gegründete Privatschule für Mädchen. 1911 folgte der Umzug in das Gebäude an der Waldstraße, das immer noch steht. Bekannte Schüler sind Deutschlands erste Tagesschau-Sprecherin Dagmar Berghoff (heute 78), Künstler Jonathan Meese (51) und Brillen-Unternehmer Marc Fielmann (32).