Barsbüttel. Barsbütteler sammeln mehr als 230 Unterschriften in einer Woche. Ziel ist Abschaffung von Anliegerbeiträgen bei Straßensanierungen.

Der Zuspruch ist enorm: Vor einer Woche hat eine Bürgerinitiative auf der Homepage der Gemeinde Barsbüttel eine Petition geschaltet. Sie fordert die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge. Bis Dienstagnachmittag haben 231 in der Kommune lebende Menschen signiert. Kommen binnen acht Wochen 250 Unterschriften zusammen, müssen sich politische Gremien mit dem Thema beschäftigen. „Wir wollen Druck aufbauen, damit eine Entscheidung gefällt wird wie in anderen Orten“, sagt Stephan Börner. Der 63-Jährige ist Sprecher der Interessengemeinschaft. Er wohnt an der Straße Bei den Tannen im Ortsteil Willinghusen, die für bis zu knapp einer Million Euro grunderneuert werden soll, wobei 70 Prozent der Kosten auf die Anlieger entfallen.

Börner und seine Mitstreiter zanken sich schon lange mit der Gemeinde. Eine Ausbauplanung wurde vor mehr als zehn Jahren erstellt. Die Verwaltung bezifferte die Sanierung grob geschätzt auf mehr als zwei Millionen Euro. Umgesetzt wurde das Vorhaben ob des Widerstands nicht. Die Initiative hatte Barsbüttel mit Klage gedroht. Allerdings nicht, weil die Bürger Geld für die Arbeiten zahlen sollen. Sie wirft der Verwaltung eine falsche Einstufung vor. Ihrer Ansicht nach handelt es sich um keine Anlieger-, sondern eine Haupterschließungsstraße. In diesem Fall müssten die Anlieger nur 35 Prozent der Kosten zahlen.

Verwaltung präsentiert drei Ausbauvarianten für Straße in Willinghusen

Daraufhin beauftragte das Rathaus den Gutachter Professor Marcus Arndt, ein Fachanwalt für Verwaltungsrecht. Der legte sich nicht genau fest, gab aber zumindest eine Orientierung. „Bei der Straße Bei den Tannen dürfte es sich zudem um eine Anliegerstraße im Sinne von Paragraf 4 Straßenbaubeitragssatzung handeln“, heißt es in dem 28 Seiten umfassenden Schreiben.

Im vergangenen Jahr konkretisierte die Verwaltung das Projekt mit drei Ausbauvarianten, die Kosten liegen zwischen 868.000 und 935.000 Euro. Je nachdem, ob ein Gehweg Bestandteil ist und asphaltiert oder gepflastert wird. Die Skizzen haben die Anlieger vor Kurzem erhalten. Die Initiative geht davon aus, dass es teurer wird. Sie spricht von „teilweise existenzbedrohenden Einzelbeiträgen“. Bürgermeister Thomas Schreitmüller bestätigt, dass die Sanierung 2022 angegangen werden könnte. „Die Anlieger werden bis Mai eine Stellungnahme bei uns einreichen“, sagt er. Konkret bedeutet das: Bürger sollen sich äußern, welche Variante sie bevorzugen. Das Stimmungsbild soll Entscheidungsgrundlage für die Politik sein.

Henri Schmidt, Fraktionsvorsitzender der CDU, will an der Satzung festhalten. Die prozentuale Absenkung der Bürgerbeiträge ist für ihn aber denkbar.
Henri Schmidt, Fraktionsvorsitzender der CDU, will an der Satzung festhalten. Die prozentuale Absenkung der Bürgerbeiträge ist für ihn aber denkbar. © Unbekannt | René Soukup

Börner hat ein 784 Quadratmeter großes Grundstück in zweiter Reihe mit Blick in den Wald, der sich auf Glinder Stadtgebiet befindet. Er soll mindestens 9700 Euro zahlen. Bei der teuersten Ausbauvariante wäre er mit 10.500 Euro dabei. So hat es die Verwaltung ausgerechnet. „Nachbarn haben hier 3000 Quadratmeter große Grundstücke. Für die werden noch höhere Summen aufgerufen“, sagt der Initiativensprecher. Sollten Bescheide der Gemeinde eingehen, wird die Gruppe noch ein eigenes Gutachten zur Klassifizierung der Straße in Auftrag geben. 7500 Euro sind dafür angedacht. Auch eine Klage gegen Barsbüttel steht laut Börner nach wie vor im Raum.

Insgeheim hoffen er und Gleichgesinnte wie Bettina Woldrich und Andreas Thiel, dass die Politik doch noch eine 180-Grad-Drehung macht und die Satzung abschafft. Dafür trommeln sie unermüdlich, klingeln an Haustüren, haben einen Flyer entworfen und werden auch beim Osterfeuer in Willinghusen am kommenden Sonnabend um Unterstützung werben, damit viele Menschen die Petition unterschreiben.

Der Verzicht auf Straßenausbaubeiträge ist in Schleswig-Holstein nach einer Gesetzesänderung 2018 möglich. Die Nachbarkommunen Reinbek, Glinde und Oststeinbek haben davon Gebrauch gemacht. Dort wird das Geld für Sanierungen aus der Stadt- oder Gemeindekasse entnommen.

Auch an diesem Dienstag waren Mitarbeiter des Bauhofs damit beschäftigt, Löcher auf den Sandwegen am Fahrbahnrand der Straße Bei den Tannen zu stopfen. Immer wieder wird dort Flickschusterei betrieben. Der rund 380 Meter lange Abschnitt wurde 1955 erbaut und ist in einem jämmerlichen Zustand. „Starker Durchgangsverkehr führt zu immer weiteren Beschädigungen“, heißt es bei der Bürgerinitiative.

Barsbüttels Schulden wachsen auf mehr als 30 Millionen Euro

„Wir lehnen Straßenausbaubeiträge ab. Sie sind ungerecht. Allerdings verlangen wir eine Kompensation vom Land“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Hermann Hanser. Einen Ausgleich aus Kiel wünscht sich auch Angela Tsagkalidis von den Grünen. Unter den jetzigen Voraussetzungen könne man die Gebühr nicht abschaffen. „Über eine Reduzierung der Anwohneranteile würden wir gerne sprechen“, so die Fraktionschefin. Barsbüttels Haushaltslage ist angespannt. Ende vergangenen Jahres waren 21 Millionen Euro Schulden angehäuft. Für 2022 beabsichtigt die Kommune, weitere Kredite in Höhe von 10,6 Millionen Euro aufzunehmen.

Deswegen sieht die Wählergemeinschaft Bürger für Barsbüttel (BfB) keine Möglichkeit, Anliegern entgegenzukommen. „Ich kann verstehen, dass sich die Betroffenen dagegen wehren. Aber eine Wegnahme können wir uns nicht leisten“, sagt auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Henri Schmidt. Die prozentuale Absenkung der Bürgerbeiträge sei für ihn aber denkbar.