Ammersbek. 16 jeweils 140 Meter tiefe Erdwärmesonden heizen Grundschule Bünningstedt. Solaranlage liefert Strom. Und die Gemeinde spart Geld.
Der Neubau für die Grundschule Bünningstedt in Ammersbek wird umweltfreundlich mit Erdwärme beheizt. Das hat der Bauausschuss in seiner jüngsten Sitzung einstimmig beschlossen. In Kombination mit der ebenfalls vorgesehenen Solaranlage, die den nötigen Strom für die Wärmepumpe selbst produziert, ist das Schulgebäude klimaneutral – und damit zukunftsweisend. „Ähnliche Projekte sind mir in Schleswig-Holstein nicht bekannt“, sagt der Ammersbeker Bauamtsleiter Frank Thiemann. Und der Bauausschussvorsitzende Holger Lehmann (SPD) meint: „Das ist für uns ein Leuchtturmprojekt.“
Unter dem Strich wird die neue Schule mit acht Klassen für rund 165 Kinder für die Gemeinde dank der modernen Technik sogar günstiger. Das liegt an einer seit Anfang dieses Monates geltenden Bundesförderung für sogenannte Effizienzgebäude (EG). Die Heizung über Erdsonden und eine Sole-Wasser-Wärmepumpe ermöglicht im Vergleich zur vorherigen Variante (Luft-Wasser-Wärmepumpe plus Erdgaskessel) einen Aufstieg vom Standard EG 55 zu EG 40. Dadurch gibt es 450 statt 350 Euro Zuschuss je Quadratmeter. So rechnet Ammersbek nun mit 1,37 Millionen Euro statt 1,06 Millionen.
Probebohrung ergab günstige geologische Verhältnisse
Die Wirtschaftlichkeitsberechnung präsentierte Diplom-Ingenieur Sören Vollert (Büro KAplus in Eckernförde) dem Bauausschuss. Die Erdsonden-Lösung sei zwar zunächst mit etwa 360.000 Euro teurer als die andere Variante (etwa 86.000), zahle sich aber langfristig nicht nur beim Klimaschutz aus. „Sie hat auch Vorteile bei Instandhaltung, Energie- und Wartungskosten“, so Vollert. Bei einer Nutzungsdauer von 50 Jahren spare die Gemeinde circa eine Viertelmillion Euro. „Zudem ist der Betrieb komfortabler“, sagte Vollert. Es gebe keine Probleme bei starken Minustemperaturen und auch keinen Lärm oder kalte Abluft von draußen stehenden Geräten. Im Hochsommer könne die Anlage die Schule sogar kühlen.
Im Mai hatten die Experten vom Hanseatischen Umweltkontor (Lübeck) im Auftrag der Gemeinde eine 140 Meter tiefe Erkundungsbohrung auf dem Neubaugrundstück an der Ecke Steenhoop/Kremerbergweg und einen sogenannten Geothermal Response Test (GRT) begleitet. „Das Areal bietet sehr günstige geologische Verhältnisse“, sagte Mitarbeiter Volker Ziegs bei der Präsentation der Ergebnisse. Schon ab zehn Meter Tiefe liegt die Temperatur konstant zwischen neun und elf Grad Celsius.
Anlage kann durchaus 70 Jahre in Betrieb bleiben
Der grobe und feine Sand und die darunter liegende Tonschicht ermöglichten „einen sehr guten Wärmeaustausch“. 16 jeweils 140 Meter tiefe Wärmesonden reichten, um den Jahresenergiebedarf zu decken. Die Anlage könne durchaus auch 70 Jahre in Betrieb sein.
Als Nächstes steht die Planung der Fotovoltaikanlage auf der Tagesordnung. „Dazu führen wir Gespräche mit Greenpeace Energy, die sehr großes Interesse haben“, sagt Bauamtsleiter Thiemann, der auch Architekt ist. Die Module liefern voraussichtlich rund 60 Megawattstunden (MWh) Strom im Jahr. Die Wärmepumpe für die Schule kommt mit etwa 26 MWh aus. Denkbar ist, auch die benachbarte Kita Bünningstedt mit umweltfreundlicher Energie zu versorgen.
Mitte September könnten die ersten Bagger anrücken
Auf der Wiese, auf der Kamillepflanzen zurzeit Hunderte Schmetterlinge anlocken, sollen in zwei Monaten die Bagger anrollen. „Wir rechnen wöchentlich mit der Baugenehmigung vom Kreis“, sagt Frank Thiemann. Mitte September könne mit der Vorbereitung des Baugrundstücks begonnen werden. Zunächst müssen die Schmutzwasserleitungen verlegt werden, wofür auch der jetzige Parkplatz vorübergehend gesperrt werden muss. Im Oktober könnte der Aushub für die Bodenplatte erledigt werden.
„Für den Bau selbst gehen wir von 15 Monaten aus“, sagt Thiemann. Allerdings ist das Vergabeverfahren kompliziert: Es ist vorgeschrieben, rund 80 Prozent der Aufträge europaweit auszuschreiben. Das sind gut 20 Gewerke. Hinzu kommt, dass die Baubranche auch in Zeiten der Corona-Pandemie sehr gut ausgelastet ist und an einigen Stellen das Material knapp wird.
Aus den 1950er-Jahren stammender Altbau ist Sanierungsfall
Die 1957/58 errichtete Grundschule wurde mehrfach erweitert. Die veralteten Räume müssten dringend modernisiert und saniert werden. Die geschätzten Kosten lagen zuletzt bei sechs Millionen Euro. Vor diesem Hintergrund hatten die Gemeindevertreter mit großer Mehrheit für einen 8,3-Millionen-Euro-Neubau gestimmt. Das Land hat bereits einen Zuschuss von 2,1 Millionen Euro bewilligt. Auf Antrag der Grünen hatte die Verwaltung die Erdwärmeheizung erfolgreich prüfen lassen.
Die vom Hamburger Büro Trapez Architektur entworfene Grundschule wird auf dem freien Feld direkt neben dem Parkplatz an der Straße Steenhoop errichtet. Neben Schülern und Lehrern zieht dort auch die Offene Ganztagsschule ein. Die Gemeinde will das alte Schulgrundstück am liebsten als Wohngebiet verkaufen, um den Neubau gegenzufinanzieren.