Sylt. Dirk Lins hat auch im Polanski-Film „Der Ghostwriter“ mitgespielt. Doch im Hauptberuf macht der gebürtige Sylter etwas ganz anderes.

Es klingt wie eine Traumkarriere: Der Mann hat mit Schauspieler Armin Rohde gedreht, für Roman Polanski einen Van besorgt und gerade eine Anfrage für die deutsche Fernsehserie „Babylon Berlin“ bekommen.

Der gebürtige Sylter Dirk Lins spielt seit mehr als zehn Jahren als Komparse in zahlreichen Fernseh-, Film- und Werbeproduktionen mit. Bei Drehs auf der größten deutschen Nordseeinsel ist der 44-Jährige aber auch als Location-Scout, Runner und „Mädel für alles“ unterwegs. Dabei ist er mit seinem Restaurant „Kolibri“ am Inselflughafen sowie dem dazugehörigen Pizza-Service eigentlich voll ausgelastet.

Auftritt in Netflix-Serie "Das Damengambit"

„Ich bin ein bisschen ein Adrenalin-Junkie“, sagt der 44-Jährige. Er brauche ein gewisses Stresslevel. Die Jobs an den Sets seien für ihn eine entspannte Auszeit von seinem kräftezehrenden Gastro-Alltag.

In der erfolgreichen US-amerikanischen Netflix-Serie „Das Damengambit“ spielte er 2019 einen russischen Soldaten. Die Drama-Miniserie rangierte im Herbst 2020 unter den Top 10 der beliebtesten Netflix-Serien in Deutschland. Anfragen von Produktionsfirmen kommen regelmäßig: 45 Angebote habe er allein 2019 bekommen - in rund 25 Produktionen, darunter auch in Werbefilmen, wirkte der gelernte Einzelhandelskaufmann schließlich mit.

100 Euro Tagesgage bei Netflix als Statist

Aber um Ruhm oder Reichtum geht es ihm nicht. 100 Euro Tagesgage gibt es laut Lins für einen Drehtag - bei Sprechrollen komme ein Bonus hinzu. „Mir geht es um den Spaß, um einfach mal ein bisschen andere Luft zu schnuppern und mal was anderes zu sehen.“

Zuletzt stand er im Mai für eine neue Netflix-Produktion auf Sylt vor der Kamera. Gedreht wurde eine Hochzeits-Szene im Watt. Nicht alles lief daher nach Plan. „Die Schauspielerin, die die Braut spielt, ist mit ihrem weißen Kleid der Länge nach ins Watt gefallen“, sagt Lins, der mit kleinem Cowboyhut auf dem Kopf einen Partygast mimte. Auf den fertigen Film ist er nun sehr gespannt.

Roman Polanski den Van geliehen

Angefangen hatte seine Komparsen-Karriere 2003 mit einer Rolle am Strand von Sylt für den Pro7-Film „Beachboys“. Aber erst mit dem Streifen „Der Ghostwriter“ von Roman Polanski, der 2010 unter anderem auch auf der Insel gedreht wurde, nahm sein Filmleben richtig Fahrt auf. Eigentlich wollte er nur als Komparse dabei sein und war plötzlich ebenso hinter den Kulissen als Helfer aktiv. Auch seinen alten Van stellte er dem Team rund um Polanski für den Film zur Verfügung.

Die Telefonnummer des Insulaners wurde weitergereicht und Lins von da an zum Ansprechpartner für Dreharbeiten auf Sylt. Er besorgt Parkmöglichkeiten für Trucks, in denen teures Equipment gelagert wird, sowie Sicherheitsleute, um die Fahrzeuge nachts zu bewachen; er weiß, wo es besondere Autos oder Motorräder gibt und kennt Sylter, die als Statist am Set einspringen können. Zeitweise hatte er mit seinem Laden zudem selbst das Essen für das Team gestellt.

Sylter ist ein echter Problemlöser

„Dirk organisiert alles was man braucht, egal was es ist, und ist ein echter Problemlöser“, sagt Roman Matejov, der früher eine Firma für Filmfahrzeuge hatte und inzwischen als Fotograf arbeitet. Lins kennt er seit 20 Jahren von gemeinsamen Dreharbeiten. „Der kennt alle auf der Insel und alle kennen ihn. Das ist ein echter Vorteil.“

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Bei fast allen Teilen der ZDF-Krimiserie „Nord Nord Mord“, in der Peter Heinrich Brix als Nachfolger von Robert Atzorn seit 2018 den Hauptkommissar spielt, hat Lins hinter der Kamera unterstützt. „Die Film-und Fernsehindustrie in Deutschland ist eine relativ kleine Familie“, sagt er. In dieser Familie hat Lins inzwischen seinen festen Platz gefunden.

Restaurant aufgeben kommt nicht in Frage

Daran, sein Restaurant aufzugeben und vollberuflich ins Film-Geschäft zu wechseln, denkt er aber nicht. Er könne weder gut Text auswendig lernen, noch wolle er das viele Warten am Set täglich erleben. Der Schauspieler Armin Rohde habe am Set zur ZDF-Krimireihe „Nachtschicht“ einmal zu ihm gesagt: „Bezahlt werde ich fürs Warten und spielen tue ich umsonst.“

Dass er oft als Polizist oder Soldat besetzt wird, findet er allerdings nicht eintönig. Eine neue Herausforderung wünscht sich der Karate-Fan aber dennoch: „Ich würde gern mal eine Actionszene drehen!“