Timmendorfer Strand. Urgroßvater gründete Traditionshaus in Timmendorfer Strand. Sie selbst eröffnen ein Hotel nach dem anderen. Die neuen Pläne.
An den dunkel gestrichenen Wänden schimmern kleine Glasvasen in farbig beleuchteten Nischen. Auf den schweren Tischdecken glänzen Silberbesteck und polierte Gläser. Das Restaurant Balthazar im Hotel Yachtclub in Niendorf an der Ostsee vermittelt sofort Behaglichkeit. Doch um die vom Gault & Millau wiederholt mit einem Stern ausgezeichnete Küche wird es hier erst heute Abend wieder gehen. Jetzt haben sich Christian und Andreas von Oven, die Eigentümer, hier verabredet, um ihre Geschichte zu erzählen – die, um genau zu sein, im Jahr 1908 begann.
Damals erwarb ihr Urgroßvater, der Hamburger Konditormeister Heinrich von Oven, mit seiner Frau Louise das Timmendorfer Hotel Fortuna und ein Grundstück gegenüber, an der Strandpromenade. Eben dort errichtete er ein Jahr später das Café Restaurant Seeschlösschen, das er zu einem Hotel ausbaute.
Als das 1969 abbrannte, baute Heinz von Oven, der Großvater der Brüder, das Hotel neu auf, das schnell bei der Prominenz beliebt war. 1981 übernahmen Rohlf und Brigitte von Oven, die Eltern, die Hotelführung, 2005 wurden die Brüder Geschäftsleiter.
Das Imperium der Brüder Oven von der Ostsee
Vor eineinhalb Jahren schieden sie aus dem Betrieb aus und konzentrieren sich seitdem auf ihre eigenen Unternehmungen. „Wir haben mittlerweile sehr viele spannende Projekte“, sagen die Brüder. Tatsächlich haben sie sich parallel zu ihrer Tätigkeit im Seeschlösschen ein kleines Imperium aufgebaut, zu dem mittlerweile sechs Hotels, zwei Golfanlagen und eine Weinmanufaktur gehören. Sie lassen ein eigenes Bier brauen und haben gerade auf 1,5 Hektar die ersten 5000 Grauburgunder-Reben gesetzt.
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Den Grundstein legten sie 2008. Damals kauften sie – mit finanzieller Unterstützung ihres Vaters, aber auf eigene Verantwortung – eine insolvente Golfanlage sowie eine benachbarte Jugendherberge im Hinterland von Timmendorfer Strand. Diese bauten sie zum Hotel Strandgrün um, das sie durch den Ankauf weitere Gebäude erweiterten. Gerade erst haben sie es um einen modernen Neubau ergänzt und bieten in Clubhaus, Landhaus, Friesenhaus und Torhaus jetzt insgesamt 84 Zimmer an.
2011 öffnet die Villa Mare in Travemünde an der Ostsee
„Es macht uns aus, dass wir Objekte übernehmen, die nicht im besten Zustand sind, sie dann anspruchsvoll renovieren und zu Schmuckstücken machen“, sagt Christian von Oven. Gemäß dieses Mottos eröffneten sie 2011 in Travemünde die Villa Mare: eine in die Jahre gekommene Jugendstilvilla, die der Lübecker Senator Ludwig Possehl einst errichtet hatte.
Dort eröffneten sie ein Gourmet-Restaurant – eben das Balthazar, in dem sie gerade sitzen, und das sie – aus der wegen Corona geschlossenen Villa Mare – kurzerhand in das von ihnen 2020 eröffnete Hotel Yachtclub in Timmendorfer Strand verlegt haben.
Aber der Reihe nach. 2013 gründeten sie die Weinmanufaktur von Oven. „Wir hatten unseren Stammgästen immer mal eine Flasche Lübecker Rotspon aufs Zimmer gestellt und die Idee, dafür unseren eigenen Wein zu nehmen“, sagt Christian von Oven. Gesagt, getan: Ihr Rotwein (Syrah und Grenache) stammt von der Côtes Catalanes im Süden Frankreichs und wird für vier bis sechs Monate im Keller der Villa Mare in 18 Eichenfässern gelagert. Schnell folgten weitere Editionen, die immer einen regional angelegten Namen tragen, etwa „Schwerenöter“ oder „Angezwitschert“. Und mit dem Sekt „Heinrich von Oven“ haben sie ihrem Urgroßvater ein prickelndes Denkmal gesetzt.
Brüder Oven übernehmen 2019 Golfclub Hohwacht
2015 machten Christian und Andreas von Oven an der Promenade in Travemünde das Boutique-Hotel Strandschlösschen auf – mit 31 Zimmern und einem Wintergarten, in dem man kleinen Segelbooten und großen Pötten beim Vorbeischippern zusehen kann. 2019 übernahmen sie den Golfclub Hohwacht, den sie derzeit von einem Golfplatz-Architekten renovieren lassen.
„Zehn von 27 Löchern sind bereits fertig“, sagen die Brüder, die auf der Anlage auch ein Hotel und Ferienwohnungen errichten möchten. In ihrer Freizeit spielen sie selbst gerne Golf. Wobei die Zeit knapper wird. Christian von Oven ist mittlerweile Vater von drei Töchtern im Alter von fünf bis neun, Andreas von Oven hat einen vierjährigen Sohn. Die Familien, die nur vier Häuser voneinander entfernt im Hinterland von Timmendorfer Strand wohnen, sehen sich oft.
2020 folgt das Hotel Yachtclub in Timmendorfer Strand
Ebenfalls 2020 eröffneten sie an der Strandstraße in Timmendorfer Strand das Hotel Yachtclub. „Mai und Juni waren keine guten Monate, weil die Menschen verunsichert waren und ihren Urlaub lieber in Wohnmobilen oder Ferienwohnungen verbracht haben“, erinnern sie sich. Kurz nachdem sie im Oktober neben dem Englischen Garten in München das Unsölds Factory Hotel mit 62 Zimmern eröffnet hatten, kam der sogenannte Wellenbrecher-Lockdown im November.
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„Wir haben nie daran geglaubt, dass der nur kurz dauern wird“, sagt Christian von Oven. Daher wurde das Unsölds gleich in den Winterschlaf versetzt und der Yachtclub von Grund auf renoviert. Entstanden ist ein maritim geprägtes, im Landhausstil eingerichtetes Hotel mit dem erwähnten Sternerestaurant, dem Restaurant Ankerplatz („Wir haben zwei getrennte Küchen und zwei Küchenteams“), einer Bar, Schwimmbad und Wellness-Bereich.
"Schlaflose Nächte" wegen Corona
So gelassen, wie man heute meinen könnte, waren die Brüder aber keineswegs. „Wir hatten viele schlaflose Nächte, denn wir wussten ja überhaupt nicht, wann es wieder losgeht“, sagt Andreas von Oven, der mit seinem Bruder zusammen immerhin für 150 festangestellte Mitarbeiter verantwortlich ist. Zudem seien die November- und Dezember-Hilfen erst im April und Juni ausgezahlt worden. „Wir hatten zum Glück privates Geld, um diese Phase zu überstehen.“ Sie haben sogar neu investiert.
Noch in diesem Sommer eröffnen sie das Hotel Eisenhut in der historischen Altstadt von Rothenburg ob der Tauber – mit 78 Zimmern, einem historischen Bankettsaal und Biergarten. Haben Sie Angst vor einer vierten Welle? „Ja“, sagen die Brüder von Oven. „Wir hoffen nur, dass sie nicht vor Oktober kommt. Wenn wir unsere Häuser bis dahin offen halten könnten, würden wir durch den Winter kommen.“
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