Betreuer aus Spanien, Mexiko, Russland, der Türkei und anderen Ländern helfen, die 240 Teilnehmer der Kinderstadt in Ahrensburg zu betreuen
Ahrensburg. Die meisten haben inzwischen recht kleine Augen bekommen, für viele Betreuer gibt es schon zum Frühstück fünf oder mehr Becher Kaffee. Und wo Socken, Trinkflaschen oder Stormini-Ausweise geblieben sind, wissen viele nach einer Woche in der Kinderstadt auch nicht mehr so ganz genau. Das Lächeln ist aus den Gesichtern trotzdem nicht verschwunden, im Gegenteil: Mit einer großen Abschiedsparty feierten die Bürger der diesjährigen Stormini in Ahrensburg am Freitag ihren letzten Abend in der Kinderstadt.
An diesem Sonnabend reisen die 240 Jungen und Mädchen von dem 17.000 Quadratmeter großen Gelände rund um die Grundschule am Schloss ab. Mitorganisator Bernd Meyerink ist mit dem Ablauf zufrieden: "Wie jedes Jahr gab es natürlich kleinere Pannen, aber insgesamt hat alles super geklappt", sagt er. Das Wetter sei nicht optimal gewesen. "Aber darauf konnten wir ja keinen Einfluss nehmen. Organisatorisch haben wir uns im Vergleich zu den Vorjahren deutlich gesteigert."
Bernd Meyerink gehört zu denen, die schon bei Stormini mitgearbeitet haben, als der Kreisjugendring das Projekt vor sechs Jahren zum ersten Mal organisierte. "Möglich wird Stormini nur durch unsere zahlreichen Förderer", sagt Koordinator Ansgar Büter-Menke. Rund 84.000 Euro haben der Kreis Stormarn, das Land Schleswig-Holstein, die Sparkasse Holstein sowie die dazugehörige Stiftung, die Bürgerstiftung-Stormarn, die Stadt Ahrensburg, die AOK Nordwest und die Kreishandwerkerschaft für Stormini gespendet. Weitere 16.000 Euro kamen aus den Teilnehmerbeiträgen zusammen.
Ohne die Mitwirkung der ehrenamtlichen Helfer hätte Stormini dennoch nicht realisiert werden können. Das DRK versorgte die Bürger der Kinderstadt unter anderem mit 4600 Brötchen, 260 Litern Milch, 2650 Scheiben Käse und 5000 Portionen Nutella.
Das Logistikteam um Hinrich Wildfang hat 60 Großzelte aufgebaut, zwei Kilometer Panzertape verklebt und 1150 Rollen Toilettenpapier herangeschafft sowie 280 Feldbetten. Der Logistik-Chef trug einen Schrittmesser bei sich. "Im Schnitt bin ich täglich 20.000 Schritte gelaufen", sagt Wildfang. Am Aufbautag seien es sogar 24.000 gewesen. Aber der Sport hat sich gelohnt: "Ich bin sehr zufrieden", sagt der 29-Jährige, der zuerst befürchtete hatte, in der Turnhalle sei nicht genug Platz für Kinder und Betreuer. "Aber das lief problemlos. Unser Logistikteam wird mit jedem Jahr professioneller."
Auch die Herausforderungen des Schwerpunktthemas "Interkulturelles Lernen" haben Kinder und Erwachsene mit Bravour bewältigt. Dafür sind mehrere Betreuer aus dem Ausland eingereist, auch aus Mexiko. Gabriela heißt eine von ihnen, Erika die andere.
Der Kontakt nach Deutschland kam über das Internet zustande. "Wir haben nach einem Austauschprogramm gesucht", sagt Gabriela, die ein bisschen Englisch, gar kein Deutsch und dafür umso schnelleres Spanisch spricht. Gemeinsam mit anderen Betreuern aus Frankreich, Tschechien, Spanien, Russland und der Türkei waren sie vor Beginn des Planspiels im Jugendgästehaus des Kreisjugendrings in Lütjensee untergebracht.
Gabriela und Erika bleiben noch bis Anfang August in Deutschland. Drei Wochen müssten es schon sein, damit sich der weite Weg lohne. Gabriela sagt: "Hamburg haben wir schon gesehen. Jetzt möchten wir nach Berlin." Und nach München, sagt Erika und kichert, weil sich der Städtename, wie sie ihn ausspricht, so lustig anhört. "Die Kinder hier lernen sehr viel durchs Spiel. Sie treffen auf fremde Kulturen, sehen, wie wichtig Regeln und Respekt sind und knüpfen Strukturen in ihren Köpfen, die ihnen später helfen, schwierige Situationen zu meistern", sagt Alvaro, 20, aus Spanien. "Sie merken gar nicht, wie viel sie lernen, aber später sagen sie: 'Ich kann das ja schon.'"
Lena, 28, aus Russland ergänzt "Stormini hat uns die große Chance gegeben, uns gegenseitig zu zeigen, was unsere Kulturen unterscheidet und verbindet. Wir haben alle voneinander gelernt." Wenn sie spricht, setzt sie ihre Sätze zusammen aus Englisch und Deutsch, je nachdem, welche Worte ihr zuerst einfallen. "Wir Internationalen hatten am Anfang Angst, dass wir mit den Kindern nicht gut arbeiten können, weil wir nicht oder nur wenig mit ihnen kommunizieren können. Aber der Koordinator Ansgar hat zu uns gesagt: 'Genau darum geht es. Kommunikation läuft nicht nur über Sprache.'"
Unternehmensberater Jürgen Gann hat den Kindern bei seinem Berufsangebot "die Basis gelegt, sofort als Entwicklungshelfer losarbeiten zu können." Anhand der Millenium-Ziele besprachen die Kinder in Diskussionsrunden, warum es Aids-Waisen gibt, warum sauberes Wasser so wichtig ist und auch, wie sie selbst helfen können. Dabei ging es viel um das Projekt "Steps for Children". Ziel der Projekte, zum Beispiel in Namibia, ist es, "die Hilfsprojekte durch über Einkommen generierte Projekte zu finanzieren", sagt Jürgen Gann. Von Gemüseanbau und dem Bereitstellen von Zimmern für Helfer sollen Unterrichtsmaterialien bezahlt werden. Für das Projekt "Steps for Children" haben auch die Stormini-Bürger fleißig gesammelt. Organisator Ansgar Büter-Menke teilte den Kindern mit: "Wir haben 1000 Stormis zusammenbekommen. Die wird der Kreisjugendring in eine reale Spende in Höhe von 500 Euro umwandeln."
2014 werden die Bürger von Stormini ihre Zelte in Glinde aufschlagen. Am Freitag besuchten Gäste aus der Stadt in Stormarns Süden schon einmal die Kinderstadt, um sich einen Überblick zu verschaffen, was sie erwartet. Das Ergebnis: wenig Schlaf, logistische Höchstleistungen, ein bisschen Chaos - und vor allem viel Spaß.