Hamburg. Onlinebroker lockt Kunden auch in Hamburg mit sehr hoher Rendite. Das Abendblatt hat nachgehakt. Was man unbedingt beachten sollte.
Das Angebot weckt großes Interesse: 4,2 Prozent für Tagesgeld und das noch garantiert für drei Monate, findet der Hamburger Michael H. sehr interessant. Angesichts der stetigen Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank (EZB) ist das auch ein überdurchschnittlich hoher Zinssatz. Was steckt dahinter, welche Risiken gibt es?
Die besten Angebote für Tagesgeld liegen eigentlich bei rund 3,50 Prozent. So bietet die Credit Europe Bank mit niederländischer Einlagensicherung 3,55 Prozent und die ING 3,50 Prozent Zinsen mit deutscher Einlagensicherung, jeweils nur für Neukunden. Auch die 4,2 Prozent des Onlinebrokers XTB gelten zwar vom ersten Euro an, aber ebenfalls nur für Neukunden.
4,2 Prozent Zinsen aufs Tagesgeld – das steckt dahinter
Nach den jüngsten Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank (EZB) bekommen Banken nur noch 3,25 Prozent Zinsen, wenn sie überschüssiges Geld bei der Zentralbank anlegen. Wenn man noch eine Marge für das Geldinstitut berücksichtigt, so sind Tagesgeldzinsen von mehr als drei Prozent ein Marketinginstrument, um neue Kunden zu gewinnen. Denn oberhalb dieser Marke von drei Prozent zahlt die Bank darauf.
Das gilt erst recht bei einem Zins von mehr als vier Prozent. XTB verdient sein Geld vor allem mit dem Handel von Aktien, gehebelten Finanzprodukten, bei denen man analog der Kursentwicklung überproportional gewinnen und verlieren kann, und Kryptowährungen. Der Hauptsitz des Unternehmens ist in Warschau, aber es gibt auch eine Niederlassung in Berlin.
Tagesgeld: Kontogebühren können Zinsgewinn aufzehren
„Wir listen das Angebot in unserem Tagesgeldvergleich. Es ist nicht unseriös, aber wir weisen auch auf die Risiken und mögliche zusätzliche Kosten hin“, sagt Ania Scholz-Orfanidis von der FMH-Finanzberatung. So muss neben einem Konto auch ein Depot eröffnet werden, was darauf hindeutet, dass der Kunde andere Produkte nutzen soll. Andere Vergleichsplattformen wie Tagesgeldvergleich oder Kritische Anleger haben das Angebot von XTB in ihren Onlineauftritten nicht.
Eigentlich dient das Konto bei XTB dem Handel mit Wertpapieren, ein spezielles Tagesgeldkonto gibt es nicht. Nur das Geld, das nicht für andere Finanzprodukte eingesetzt wird, wird mit 4,2 Prozent verzinst. Wer aber nicht aktiv mit Wertpapieren handelt, muss mit zusätzlichen Kosten von bis zu zehn Euro im Monat für die Kontoführung rechnen. Wer nur 3000 Euro anlegt, hätte vor Steuern einen monatlichen Zinsertrag von 10,50 Euro, der von den Gebühren wieder aufgezehrt wird.
Tagesgeld: Geld liegt bei Partnerbanken, ist aber abgesichert
Bei höheren Beträgen kann sich die Anlage lohnen, aber die anderen bei XTB gehandelten Produkte sind sehr risikoreich. Schon bei der Kontoeröffnung und auf der Internetseite des Unternehmens erfährt der Kunde: „74 Prozent der Kleinanlegerkonten verlieren Geld beim CFD-Handel mit diesem Anbieter.“ CFD (Contract for Difference) sind hochspekulative Finanzprodukte, mit denen mit wenig Kapitaleinsatz große Handelspositionen am Markt eröffnet werden können. Es besteht die Gefahr erheblicher Kursverluste.
Die Einlagen auf dem Konto sind bis 100.000 Euro pro Person über die gesetzliche Einlagensicherung in Deutschland abgesichert. Allerdings liegen die Gelder nicht direkt bei XTB, sondern auf Treuhandsammelkonten von Partnerbanken.
Tagesgeld: Rund ein Viertel der Banken hat die Zinsen gesenkt
Seit der letzten Zinssenkung der EZB haben 24 Prozent aller Geldinstitute ihre Tagesgeldzinsen gesenkt, stellt das Vergleichsportal Verivox in einer Untersuchung fest. 60 Prozent aller Zinssenkungen entfallen auf Banken, die schon zuvor wenig Zinsen zahlten. „Aus Sicht der betroffenen Kundinnen und Kunden ist es natürlich ärgerlich, wenn ausgerechnet die Institute, die ohnehin schon wenig zahlen, ihre Sparzinsen nun bei erster Gelegenheit noch tiefer in den Keller zu drücken“, sagt Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH.
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Gerade weil die Phase sinkender Zinsen für Sparanlagen jetzt unumkehrbar ist, sollten Anleger Zinsangebote mit sehr attraktiven Zinsen besonders gründlich prüfen. Denn meistens haben sie einen Haken.