Hamburg. Tui Cruises geht mit Reiseangebot in die zweite Runde. Auch Cunard, MSC und Aida planen LGBTQIA+ Events. Preise und Routen im Überblick.

  • Hamburger Reederei Tui Cruises geht mit „Bunte Horizonte“ in die zweite Runde.
  • Kreuzfahrt ist speziell auf LGBTQIA+-Gäste ausgelegt.
  • Reedereien Cunard, MSC und Aida veranstalten Rainbow-Treffen.

Mehr als vier Billionen Euro: So hoch schätzen Experten einer britischen Investmentfirma in etwa die aktuelle Kaufkraft einer besonderen Zielgruppe ein, die gerne mit Kreuzfahrtschiffen auf Urlaubsreisen geht, sich in manchen Ländern aber mitunter noch immer – oder schon wieder – gesellschaftlicher und politischer Repression ausgesetzt sieht.

Gemeint sind Homosexuelle beiderlei Geschlechts sowie Menschen mit weiteren speziellen Ausprägungen sexueller Orientierung, zusammengefasst unter dem Regenbogen-Buchstabensalat LGBTQIA+. Eben diesen verwendet auch Tui Cruises jetzt, um Interessierte zu einer besonderen Kreuzfahrt an Bord zu locken.

Kreuzfahrten: Bei Tui Cruises auf der „Mein Schiff 4“ wird es „queer und bunt“

„Es wird queer und bunt auf der ,Mein Schiff 4‘“, verspricht die Hamburger Reederei und preist ganz aktuell eine Themenreise an, die „Bunte Horizonte“ heißt und 2025 in die zweite Runde starten soll. Die Tour stehe „wie keine andere Themen- oder Event-Reise der Mein-Schiff-Flotte für Liebe, Akzeptanz und Vielfalt“. Vom 12. bis zum 19. Juni 2025 soll es von Palma aus in Richtung Málaga, Gibraltar, Cádiz, Lissabon und Porto gehen. Die Preise starten bei 1569 Euro pro Person.

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Da der Juni als „Pride“-Monat gelte, würden Passagiere auf dem für seine Events bekannten Schiff (u. a. Full Metal Cruise, Schlagerliner, Jeckliner) „eine ganz besondere Kreuzfahrt erleben und zusätzlich zum regulären Bordprogramm ein vielfältiges Line-up genießen“, heißt es. So legt die „Mein Schiff 4“ am 17. Juni 2025 in Lissabon an, während dort die Euro Pride Week 2025 stattfindet. Beim Bordprogramm und den prominenten Gaststars (u. a. Domenic und Jonathan Osterroth, Kena Amoa und Brix Schaumburg) sollen zudem entsprechende Schwerpunkte gesetzt werden.

Tui Cruises hat schon 2016 gleichgeschlechtliche Trauungen an Bord ermöglicht

Das Vorhaben passt offensichtlich zur Firmenphilosophie der Hamburger Touristiker. „Diversität spielt bei Tui Cruises eine große Rolle – sie ist fest in unseren Unternehmenswerten verankert, die unser tägliches Miteinander prägen“, erklärt Reedereisprecherin Simone Feier-Leist auf Abendblatt-Nachfrage. Bereits Anfang 2016 habe die erste gleichgeschlechtliche Trauung an Bord der „Mein Schiff“-Flotte stattgefunden – die rechtsgültige Zeremonie erfolgte durch die Kapitäne an Bord nach maltesischem Recht.

„Unabhängig von Herkunft, Geschlecht und sexueller Orientierung arbeiten wir vertrauensvoll zusammen. An Bord unserer Schiffe sind Crewmitglieder aus mehr als 50 Nationen tätig“, betont Feier-Leist. Und diese bringen natürlich allerlei verschiedene Lebensweisen mit an Bord.

Überdurchschnittlich oft hat man es im Hotel- und Entertainmentbereich mit homosexuellen Männern zu tun. Ein Phänomen, das auch von Flugbegleitern hinlänglich bekannt ist. So ist es kein Wunder, dass Kreuzfahrten auch jenseits bestimmter Mottofahrten oft ein Ambiente erzeugen, das Insider wie der Hamburger Tui-Cruises-Fan Guido Dührkopp „gay friendly“ nennen. Er war mit seinem Ehemann Tim erst vor wenigen Wochen wieder auf See, diesmal im östlichen Mittelmeer. „Obwohl das als typische Familienreise annonciert gewesen ist, haben wir an Bord verhältnismäßig viele schwule Paare entdeckt. Es gab für sie spezielle Rainbow-Treffen, die auch gut besucht waren.“

Reisefreudig und kreuzfahrtaffin: Zielgruppe LGBTQIA+ ist zahlungskräftig

Schätzt man weltweit die Quote der LGBTQIA+-Orientierung auf fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung, sei an Bord dieses Tui-Schiffes eher die obere Grenze erreicht oder sogar überschritten worden, so Dührkopp im Abendblatt-Gespräch. Eigentlich keine Überraschung: „Schon immer hatten wir viele Gäste aus der LGBTQIA+-Community an Bord, denn diese ist sehr reisefreudig und kreuzfahrtaffin“, bestätigt Feier-Leist.

Kreuzfahrt
Die Hamburger Tim Engelke-Dührkopp (l.) und Guido Dührkopp schätzen als verheiratetes Paar die Atmosphäre an Bord der Schiffe von Tui Cruises. Sie gehören zu einer von den Reedereien explizit umworbenen Zielgruppe. © Dührkopp | Privat

Tui Cruises ist nicht die einzige Reederei, die auf bunte Zielgruppen schielt. Der renommierte Industrieanalyst und Branchenberater Thomas P. Illes sagt: „Die LGBTQIA+-Zielgruppe anzusprechen, ist quer durch alle Altersgruppen und sexuelle Ausprägungen lohnenswert. Gerade männliche Paare in nicht mehr ganz jungen Jahren als meistens kinderlose Doppelverdiener sind treue und zahlungskräftige Kunden. Sie haben einen besonderen Blick für schönes Design, Kunst und Kultur, genießen Komfort und Service, wollen die Welt sicher und ohne Diskriminierung erkunden und gönnen sich auf Reisen gerne mal etwas mehr als der Durchschnittsgast.“

Bei Cunard auf der „Queen Mary 2“ treffen sich „Dorothys Freunde“ im Commodore Club

So auch auf der „Queen Mary 2“ von Cunard, wo der Commodore Club seit vielen Jahren als Treffpunkt von „Dorothys Freunden“ gilt. Mit diesem Begriff wird im Bordprogramm für Außenstehende etwas versteckt darauf hingewiesen, dass homosexuelle Mitreisende dort einen Anlaufpunkt haben, um sich – wenn sie denn mögen – etwas näher kennenzulernen, und sei es nur für einen kurzen Small Talk beim Cocktail.

Aida Cruises betont: Community gehört „ganz selbstverständlich dazu“

Auch für Aida Cruises „gehört die LGBTQAI+-Community von Beginn an zu unserem Gästekreis ganz selbstverständlich dazu“, wie Sprecherin Kathrin Heitmann unterstreicht. „Wir veranstalten regelmäßig Rainbow-Treffs während der Reise, wo sich die Community zusammenfinden kann.“ Das gesamte Bordprogramm sei so konzipiert, „dass sich für alle etwas findet“.

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Und auch bei MSC Cruises will man von Ausgrenzung nichts wissen. Im Gegenteil: „Es gibt auf jedem Schiff mehrmals in der Woche einen Treffpunkt an einer Bar, wo sich die Community zusammenfinden kann. Das wird im Bordprogramm explizit kommuniziert“, sagt Reedereisprecher Dominik Gebhard.

Was es aber weder bei Aida noch bei MSC und auch nicht bei Tui Cruises gibt, sind einschlägige Schwulen-Kreuzfahrten, die für eine Charter ein ganzes Schiff umkrempeln und für konventionelle Gäste gar nicht buchbar sind. Eine solche findet im Mai 2025 mit der „Vasco da Gama“ von Nicko Cruises statt. Die bislang einzige „echte“ Gay-Kreuzfahrt auf dem deutschen Markt führt im Mai von Dubrovnik über Albanien und Sizilien nach Rom und startet bei 1133 Euro pro Person in der Innenkabine. Initiator ist Olaf Alp, der mit seiner Firma mCruise GmbH zum wiederholten Male eine „Spartacus Cruise“ aufgelegt hat.

Einzige reine deutsche Gay Cruise findet auf der „Vasco da Gama“ statt

Bei dieser können die fast ausschließlich männlichen Gäste an Bord deutlich offener agieren als etwa bei den vergleichsweise gesitteten Tui-Cruises-Fahrten. „Wir sind aber keine Swinger- oder FKK-Kreuzfahrt und nehmen natürlich Rücksicht auf das Personal“, sagt Alp. Allerdings gehe hier schon mehr „die Post ab“, und viele der zu 100 Prozent homosexuellen Passagiere würden durchaus ein offeneres Liebesleben führen. Eine „normale“ Kreuzfahrt hat Alp nur ein einziges Mal gemacht.

Wer wissen will, was es noch so alles gibt auf dem Markt der LGBTQIA+-Kreuzfahrten, kann bei gaytrotter.de fündig werden. Diese Website wird von Stefan Lehne betrieben und zeigt auch Angebote von Atlantis Events aus den USA, zum Beispiel eine Gay Cruise ab Puerto Rico auf der „Resiliant Lady“ von Virgin Voyages oder die erste Atlantis-Mittelmeer-Kreuzfahrt auf der „Scarlet Lady“, ebenfalls ein Schiff von Virgin Voyages.

Kreuzfahrt: Männer als Paar wollen auf dem Schiff nicht bloß wilde Party machen

Von derartigen Angeboten hat Dührkopp natürlich schon gehört. Doch ihm reicht, dass er sich schon oft beim CSD in Hamburg oder beim Schlagermove von seiner schrillen Seite zeigen konnte. Im Urlaub mit Ehemann Tim braucht er all das nicht: „Auf dem Schiff wollen wir nicht wilde Party machen, sondern uns einfach nur entspannen.“

Mehr über Schiffe und Kreuzfahrten im neuen „Kreuzfahrt Guide 2025“. Er hat 270 Seiten, kostet 19,50 Euro und ist ab 16. November erhältlich im Buch- und Zeitschriftenhandel, in der Abendblatt-Geschäftsstelle und auf shop.abendblatt.de