Hamburg. Billigfluglinie bietet im Sommer 2025 nur fünf Routen an. Frequenz nach Mallorca wird stark reduziert. Was der Airport sagt, die Details.
Seit Monaten wettert Ryanair über die hohen Gebühren und Abgaben an deutschen Flughäfen. Nun zieht die irische Billigfluglinie für den Flughafen Hamburg Konsequenzen. Man werde im Sommerflugplan 2025 das Angebot in Fuhlsbüttel um 60 Prozent zurückfahren, sagte Airline-Chef Eddie Wilson am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Hamburg.
Das entspricht 400.000 Sitzen weniger, die in den Verkauf gehen sollen. Sechs von elf Strecken will Ryanair aufgeben. Zu der Iberischen Halbinsel sollen im kommenden Sommer die Strecken nach Porto (Portugal), Valencia und Malaga (beide Spanien) gestrichen werden. Der kroatische Urlaubshotspot Zadar fällt ebenso aus dem Flugplan wie die norditalienische Metropole Mailand und die schottische Hauptstadt Edinburgh.
Ryanair streicht massiv Strecken am Flughafen Hamburg
Zudem sollen die Frequenzen zu den übrigen Städten stark ausgedünnt werden. Besonders hart trifft es dabei eine Rennstrecke. Hamburg-Palma gehört traditionell zu den am stärksten nachgefragten Routen am Helmut-Schmidt-Airport. Von 17 wöchentlichen Flügen soll das Mallorca-Angebot mehr als halbiert werden, auf sieben Hin- und Rückflüge.
Auch in Richtung der britischen Hauptstadt wird seltener abgehoben: Nach London-Stansted geht es elf- statt 13-mal pro Woche. Nach Dublin (Irland) hebt Ryanair nur noch fünf- statt siebenmal ab, nach Danzig (Polen) wird die Frequenz von fünf auf vier gesenkt und nach Alicante (Spanien) von drei auf zwei.
Ryanair-Chef: Regierung schafft keine Anreize für Flughäfen wie Hamburg
Wilson erneuerte im Konferenzraum „Ostsee“ des Scandic Hotels Emporio seine seit Monaten vorgetragene Kritik an der Politik der Bundesregierung – passend zum Ort dieses Mal auf die Hansestadt gemünzt. „Die Regierung schafft keine Anreize, um Hamburg attraktiver für Airlines zu machen, damit sie ihre Kapazitäten ausweiten. Und die nationale Fluggesellschaft hat kein Interesse an Hamburg“, sagte der Ryanair-Chef.
Die Regierung wolle den „nationalen Champion“ – gemeint ist die Lufthansa-Gruppe – beschützen, für sie zählten nur Frankfurt und München, deren Airports die Kranich-Linie als Drehscheibe nutzt. Dabei sei Ryanair die einzige Airline, die im Vergleich zur Vor-Covid-Zeit wachse.
Ryanair-Chef: Die Flugpreise für Deutsche sind in Europa die höchsten
„Aufgrund der hohen staatlichen Steuern und Gebühren (den höchsten in Europa) sowie dem Hochpreis-Monopol von Lufthansa zahlen deutsche Bürger und Besucher nun die höchsten Flugpreise in Europa“, sagte Wilson. Aus Sicht der Iren dürfte sich daran nichts ändern. Schließlich stehen sie in ihrem Selbstverständnis für niedrige Preise. Die seien aber nur mit niedrigen Kosten möglich.
Da sie in Deutschland keine Veränderung in diese Richtung sehen, ziehen sie sich aus der Bundesrepublik zurück. Fraglich auch, ob die Bundesregierung die Kosten überhaupt senken will. Schließlich möchten mindestens Teile der Regierung die Anzahl der Flüge aufgrund ihrer klimaschädlichen Wirkung verringern.
Ryanair will in Deutschland zwölf Prozent Kapazität kappen
Ryanair hatte bereits Ende August angekündigt, 20 Prozent des Flugverkehrs am Flughafen Berlin-Brandenburg zu streichen: 750.000 Sitzplätze, sechs Strecken und die Stationierung von zwei Flugzeugen sollen dort wegfallen. Am Donnerstag wurde eine Ausweitung des Streichkonzerts bekannt. Denn nicht nur der Flughafen Hamburg muss Kapazitätskürzungen hinnehmen.
In Deutschland sollen 1,8 Millionen Sitze auf 22 Strecken gestrichen werden. Die Flughäfen in Dortmund, Dresden und Leipzig wollen die Iren im nächsten Sommer gar nicht mehr ansteuern. Unterm Strich fielen in Deutschland zwölf Prozent Kapazität weg. Das sei eine „rationelle Businessentscheidung“, keine emotionale, so Wilson. Stattdessen wolle man in Ländern wie Schweden, Italien, Ungarn und Polen das Engagement ausweiten, in denen es niedrigere Standortkosten gebe.
Ryanair-Rückzieher: Luftverkehrsverband spricht von fatalem Signal für Deutschland
Verständnis für die Entscheidung kommt vom Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). „Airlines kommen zunehmend zu der Ansicht, dass es sich aufgrund immer höherer Steuern und Gebühren betriebswirtschaftlich nicht mehr lohnt, nach Deutschland zu fliegen“, sagte BDL-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang.
Das sei ein fatales Signal für Reisende und den Wirtschaftsstandort. Schon 2019 hätten die staatlichen Standortkosten in Deutschland – Luftverkehrsteuer, Luftsicherheitsgebühr (Sicherheitskontrolle am Flughafen) und Flugsicherungsgebühr – zu den höchsten in Europa gehört.
In Deutschland gibt es deutlich weniger Flüge als vor Corona
Im kommenden Winterflugplan soll der Luftverkehr in Deutschland 83 Prozent des Vor-Corona-Niveaus erreichen. Das Angebot im restlichen Europa liege hingegen über dem Vor-Pandemie-Niveau und steige auf 110 Prozent. „Die weitere drastische Reduzierung des Angebots von Ryanair an deutschen Flughäfen ist ein Alarmzeichen“, sagte Lang: „Die Kostenschraube für den Luftverkehr in Deutschland ist überdreht.“
Ein ähnliches Klagelied stimmte der Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften (BDF) an. „Das war ein Rückzug mit Ansage“, sagte BDF-Geschäftsführer Michael Engel. Dieser zeige die negative Dynamik, in der sich der Luftverkehrsstandort Deutschland befinde und werde nicht die letzte Negativ-Nachricht zur Entwicklung des Flugprogramms in Deutschland sein.
Ryanair-Teilrückzug: So reagiert Hamburgs Flughafen
Hamburgs Flughafen-Sprecherin Janet Niemeyer verwies als Grund für den Rückzug Ryanairs von einigen Strecken ebenfalls auf die massiv gestiegene staatliche Steuerbelastung in Deutschland. So habe sich allein die staatliche Luftverkehrssteuer seit 2019 mehr als verdoppelt und belaste alle Flughafenstandorte hierzulande.
„Wir bedauern sehr, dass Ryanair sich zu dem Schritt entschlossen hat, ihr Angebot in Hamburg deutlich zu reduzieren“, sagte Niemeyer und ergänzte: „Uns ist selbstverständlich daran gelegen, schnellstmöglich Ersatz für die entfallenen Flugfrequenzen und/oder Flugstrecken zu finden.“
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Hamburg und die Metropolregion sei ein starker Markt, das stimme sie zuversichtlich. Mit einer Rate von 86 Prozent ist das Angebot in Fuhlsbüttel tatsächlich deutlich besser erholt als in Berlin (76 Prozent), Düsseldorf (74) oder Stuttgart (66). Für die Passagiere sei wichtig, so Niemeyer: „Die Vielfalt im Streckennetz bleibt weitestgehend bestehen, denn die meisten Strecken, die bislang von Ryanair ab Hamburg angeflogen werden, werden auch von anderen Fluggesellschaften angeboten.“