Hamburg/München. MSC setzt auf OptiCruise und will dadurch bis zu 15 Prozent CO₂ einsparen. Auch Tui und Aida lassen sich von künstlicher Intelligenz helfen.
Die Kreuzfahrtreederei MSC Cruises hat eigenen Angaben nach ein neues Routenoptimierungssystem namens OptiCruise eingeführt, welches die Emissionen der Flotte bis 2026 um bis zu 15 Prozent senken soll. Die auf künstlicher Intelligenz (KI) basierende Technologie wurde in Zusammenarbeit mit OPTIMeasy, einem Forschungsunternehmen und Tochterunternehmen der Universität Genua, entwickelt.
Das System verwendet ein mathematisches Modell, das verschiedene Faktoren der Routenplanung analysiert, um, so sagt es MSC, „die Effizienz zu maximieren und das Reiseerlebnis für die Gäste zu verbessern“. Es geht also darum, durch die Anpassung von Streckenlängen, Hafenanläufen und Geschwindigkeiten den Treibstoffverbrauch zu reduzieren und die Liegezeiten zu verlängern, anderseits können moderne Tools situativ auch schwierige Wetterbedingungen oder andere unvorhergesehene Probleme analysieren und entsprechend regieren.
Kreuzfahrt: MSC bezieht neue Parameter in die Routenplanung ein
Traditionell konzentriert sich die Routenplanung in der Kreuzfahrtbranche zunächst einmal auf die Attraktivität der Reiseziele, und das mit langen zeitlichen Vorläufen. OptiCruise soll diesen Ansatz erweitern, indem es zusätzliche Faktoren wie die Abfolge der Hafenanläufe, Abfahrts- und Ankunftszeiten, Schiffsgeschwindigkeit, Betriebskosten und das jeweilige Angebot an Landausflügen berücksichtigt.
Diese umfassende Analyse ermögliche es, optimierte Routen zu planen, die sowohl umweltfreundlicher als auch für Urlauber attraktiver seien, so MSC Cruises. Da die Routenplanung in der Kreuzfahrtindustrie in der Regel zwei Jahre im Voraus erfolgt, sollen die Vorteile von OptiCruise ab 2026 sichtbar werden, wenn die Flotte von MSC Cruises bereits 24 Schiffe umfassen wird. Die „MSC Bellissima“ habe die neue Technologie ein Jahr lang vorab im Mittelmeer getestet, wobei 17 verschiedene Häfen angelaufen wurden.
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Michele Francioni, Chief Energy Transition Officer bei MSC Cruises, erläutert: „Durch den Einsatz von OptiCruise könnten wir die Emissionen unserer Flotte ab 2026 um etwa zehn bis 15 Prozent senken. Das wäre ein bedeutender Schritt auf dem Weg zu unserem Ziel, bis 2050 Netto-Null-Treibhausgasemissionen zu erreichen.“
OptiCruise wurde im Rahmen des EU-finanzierten Projekts CHEK entwickelt, das verschiedene Möglichkeiten zur kohlenstoffarmen Schifffahrt erforscht. Das CHEK-Projekt ist Teil des EU-Forschungs- und Innovationsprogramms Horizon und wird von der Universität Vaasa in Finnland geleitet. Zu den Mitgliedern des Konsortiums gehören neben MSC Cruises auch die World Maritime University, Wärtsilä, Cargill und Lloyds Register.
TUI Cruises lässt sich von der Vessel Optimization Platform helfen
Ganz so bahnbrechend, wie es klingt, ist die MSC-Technologie allerdings dann doch nicht. Andere Kreuzfahrtgesellschaften wie TUI Cruises und Aida Cruises investieren nämlich ebenfalls in digitale Lösungen zur Emissionsreduzierung. TUI Cruises optimiert nach eigenen Angaben schon länger Routenplanungen und Betriebsabläufe mit Systemen wie der sogenannten Vessel Optimization Platform. Daher sei dort bereits viel Potenzial ausgeschöpft.
Kreuzfahrt-Reederei Aida setzt ebenfalls bereits auf „Machine Learning“
„Beim Routing werden irgendwann bestimmte Optimierungsgrenzen erreicht“, sagt ein Sprecher von TUI Cruises auf Abendblatt-Nachfrage. Daher schaue man intensiv auch auf andere operative und technische CO₂-Reduktionsmaßnahmen wie effiziente Unterwasseranstriche, energieeffiziente Anlagen an Bord, also in puncto Klimaanlage, Waschmaschinen, Lichtsteuerung oder Küchenausstattung. Als wichtigster Hebel der Klimagas-Reduktion gelten dort aber vor allem „grüne“ Kraftstoffe sowie die konsequente Nutzung von Landstrom.
Auch Aida Cruises setzt auf digitale Werkzeuge und sogenanntes Machine Learning zur Steigerung der Energieeffizienz an Bord, wie eine Aida-Sprecherin gegenüber dem Abendblatt betont. Neu sei das Ausrollen einer „der aktuell wichtigsten Investitionen in diesem Bereich“: ein flottenweit eingesetztes digitales Datenerfassungs- und Analysetool.
„Dieses unterstützt unsere Besatzungen in nahezu Echtzeit in ihren täglichen Entscheidungen, wie ihr Schiff durch eine Optimierung der Energieströme an Bord oder die Berechnung einer Fahrtroute zum nächsten Hafen mit dem geringsten Kraftstoffverbrauch am effizientesten zu betreiben ist. Erste Erfahrungen zeigen sofortige Einsparungen beim Energiebedarf für den Antrieb sowie weiterer Bordsysteme, zum Beispiel der Klimatisierung.“
Kreuzfahrt: Aida Cruises investiert „jedes Jahr Millionen“ in Energieeffizienz
Aida Cruises investiere jedes Jahr „Millionen von Euro in verschiedene Projekte zur Erhöhung der Energieeffizienz an Bord“ seiner Flotte. Diese zielten darauf ab, den Energieverbrauch und somit die Emissionen von Treibhausgasen und Feinstaub an Bord der Schiffe durch die Nachrüstung neuer Technologien und Upgrades kontinuierlich zu reduzieren. Dazu zähle auch die erfolgte Umstellung der Flotte auf LED-Beleuchtung sowie eine bessere Nutzung der Abwärme an Bord der Aida-Schiffe.
Im Übrigen werden alle Schiffe von Aida Cruises, aber auch jene der Schwestermarke Costa, von Hamburg aus durch Carnival Maritime unterstützt. Von hier aus helfen Nautiker bei der täglichen Routenoptimierung und in Krisenfällen.
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