Piräus. Von Athen über Korfu, Montenegro und zwei Häfen in Italien bis nach Barcelona, und das auf einem brandneuen Schiff für 4300 Passagiere.
„Wie bitte? Ihr legt nicht in Kotor an, sondern in Bari?“, fragt der gute Freund aus der Heimat, als ich ihm via Whatsapp schreibe, dass die Reederei Princess Cruises unser Routing geändert hat. Das sei ja gar nicht in Montenegro, sondern in Italien auf der anderen Seite der Adria. Dabei hatte er mir doch extra ein paar Tipps für diesen vielleicht schönsten Stopp der Reise mit auf den Weg gegeben. Allein schon die Passage durch den Fjord nach Kotor sei ein Knaller. Und von oben könne man später ein tolles Foto schießen vom Schiff.
„Nein“, korrigiere ich, „Kotor wurde nicht gegen Bari getauscht, sondern gegen Bar. Das liegt auch in Montenegro, kennt aber kaum einer.“ Und weil Montenegro ein ziemlich kleines Land ist, lässt sich das ursprünglich geplante Ziel, ein Unesco-Weltkulturerbe, immerhin per Bus erreichen. Ein Trost, jedoch kein gleichwertiger: Denn statt mal eben von der Gangway aus zu Fuß in die wunderschöne Altstadt von Kotor zu laufen, steht uns nun erstmal eine kurvige An- und Abfahrt bevor, je Richtung rund 1,5 Stunden für 62 Kilometer. Zudem kostet der Spaß etwa 80 Euro extra pro Person.
Es ist Tag drei unserer Mittelmeer-Reise mit der „Sun Princess“. Nach dem Ablegen in Piräus und einem Tag auf See zum Kennenlernen des modernsten Schiffs der Princess-Flotte steht heute der erste Landgang bevor. Dass dieser im Industriehafen von Bar startet statt im pittoresken Kotor, ist vor allem der Größe des 345 Meter langen und 47 Meter breiten Cruiseliners geschuldet: Die maximal 4300 Passagiere und rund 1600 Crewmitglieder an Bord sind schlicht zu viel für Montenegros Hotspot und dessen Hafenbehörde. Nur hat man das wohl anfangs bei der US-Reederei nicht so richtig geglaubt.
Kreuzfahrt auf der „Sun Princess“: TV-Serie „Love Boat“ immer noch Thema
Also verzichten viele Passagiere auf den Abstecher nach Kotor, wählen einen anderen Ausflug oder nehmen ein Taxi ins nur fünf Kilometer entfernte Stari Bar. So heißt das ursprüngliche Bar – beziehungsweise das, was nach dem schweren Erdbeben von 1979 übriggeblieben ist oder seitdem restauriert wurde. Die Bewohner selbst haben den alten Ort aufgegeben: Sie zogen vom durchgerüttelten Hügel ans Wasser und errichteten dort ihre Stadt ohne sehenswerte Schnörkel einfach neu.
Ein – ganz anderes – Beben erlebte auch Princess im Jahr 1979. Stanley McDonald, der 14 Jahre zuvor mit einem gecharterten Schiff, der Princess Patricia, den Grundstein für diese Kreuzfahrtreederei legte, kehrte dem zu diesem Zeitpunkt bereits an P&O verkauften Unternehmen den Rücken. Damals schon war Princess in aller Munde, die TV-Serie „Love Boat“, die an Bord spielte, hatte die Reiseform Kreuzfahrt einem breiteren Publikum schmackhaft gemacht.
Princess Cruises: Mit 17 Schiffen die große Schwester von AIDA und Co.
Seit inzwischen gut 20 Jahren zählt Princess zu den Marken des Kreuzfahrt-Giganten Carnival Corporation, ist also eine US-Schwester von AIDA, Costa, Cunard und Co. Die Princess-Flotte umfasst derzeit 17 Schiffe, das jüngste und längste ist die „Sun Princess“, mit 177.882 BRZ das bis dato größte bei Fincantieri in Italien gefertigte Kreuzfahrtschiff. Der mit flüssigem Erdgas (LNG) betriebene Cruiseliner, der mit einer Tankfüllung bis zu drei Wochen lang unterwegs sein kann, ist das erste Exemplar einer neuen Plattform, die exklusiv für Princess Cruises entwickelt worden ist. 2025 folgt die weitgehend baugleiche Star Princess.
Mit 17 Passagierdecks, 2157 Kabinen, einem Atrium für knapp 1000 Gäste, der hellen Piazza über drei Ebenen, dem von einem Glasdach überspannten „Dome“ mit Pool und Tribüne sowie 29 Bars und Restaurants setzt die „Sun Princess“ für die Marke neue Maßstäbe. Und das sogar in einem eher speziellen Punkt: „Endlich keine Duschvorhänge mehr!“, witzelt Corinne Steel, die als Kreuzfahrtdirektorin auf dem Schiff arbeitet und dabei kaum zu überhören ist.
„Sun Princess“: Eine geheime Tür führt zur exklusiven Zaubershow
Jeden Tag hält die umtriebige Blondine die Gäste auf Trab und erklärt ihnen, was denn an Bord alles so geboten wird. Um die 75 Programmpunkte kommen da zwischen 7 und 24 Uhr zusammen, darunter Ausflugstipps, Quizze, Tanz- und Sportkurse, jede Menge Spiele und viel Livemusik. Sogar ein Dinner mit Zaubershow gibt es, versteckt im Spellbound-Bereich hinter einer Geheimtür im Casino. Um da nicht den Überblick zu verlieren, ist der Blick ins täglich ausgedruckte Programm nützlich. Besser noch ist aber die Princess App, die sich als praktischer Organisationshelfer und Onboard-Routenplaner erweist.
Ein Wegweiser, der an Bord funktioniert? Ja, den gibt es bei Princess Cruises wirklich. Die App ist nämlich gekoppelt an ein so genanntes Medallion. Diesen runden Chip, etwa so groß wie ein Apple AirTag, bekommt jeder Gast beim Check-in. Er ersetzt die Kabinenkarte, sendet Signale im Nahbereich und lässt sich tracken. Überall an Bord sind kleine Empfänger installiert, sodass man sehen kann, wo man gerade ist und wo sich Freunde oder Familienmitglieder aufhalten. Diese müssen die Funktion allerdings vorher freigeschaltet haben.
„Sun Princess“: Die App kennt den Weg und findet sogar Freunde an Bord
Mit App und Medallion lässt sich nicht nur navigieren und planen, sondern ebenso bestellen, etwa wenn der Gast irgendwo an Deck sitzt. Zudem kann dieser in der App Allergien und Speisevorlieben eintragen, präferierte Zonen in Restaurants hinterlegen, Ausflüge und Reservierungen buchen und vieles mehr. Die Technik hilft dem Kellner sogar, an einem großen Tisch Passagiere unauffällig zu identifizieren.
Dass Princess Cruises überwiegend mit englischsprachigen Gästen unterwegs ist und Deutsch hier keine Rolle spielt, werden die meisten wissen, die sich für diese Reederei entscheiden. Da ein solcher Törn bei Preisen und Leistungen internationalen Gepflogenheiten unterliegt, sind ein paar Hinweise dennoch angebracht – vor allem, wenn es um Getränke und Trinkgelder geht.
Grundsätzlich werden auf jeden Preis an Bord 18 Prozent Service Charge addiert, ein mit 7 US-Dollar bepreistes Bier oder ein Glas Wein für 11 Dollar kosten am Ende also etwa 7,65 oder 12 Euro. Kostenfrei im Basistarif gibt es lediglich Eistee, Wasser, Kaffee und Tee sowie Saft zum Frühstück. Auch das dank Starlink erfreulich schnelle Internet ist nicht billig, wenn man keines der Pakete bucht.
Hohe Schlussrechnung? Lieber gleich in ein Package für Drinks investieren
Deshalb wählen viele Gäste von vorneherein entweder für 57 Euro pro Person und Tag das Package Princess Plus, das bereits Wi-Fi, Getränke bis 15 US-Dollar pro Glas, Trinkgelder, Room Service, zwei Essen in legeren Spezialrestaurants, zwei Fitnesskurse und manches mehr abdeckt. Für 76 Euro pro Tag hat man mit Princess Premier Getränke bis 20 Dollar pro Glas, Zugang zu allen legeren Restaurants und reservierte Plätze bei Shows im Theater sicher.
Geht es ums Essen, bietet das Schiff eine große Auswahl für jeden Geschmack, von Fisch über Steaks bis zum Gourmeterlebnis. Das immer inkludierte Hauptrestaurant, der Horizons Dining Room mit knapp 2000 Stühlen an unterschiedlich großen Tischen, erstreckt sich im Heck über die Decks sechs und sieben, darüber liegt auf Deck acht ein Bedienbereich, der sich American Diner nennt. Essenszeiten und Tischkonfigurationen lassen sich täglich ändern, man ist nicht auf starre Reservierungen festgelegt.
- Kreuzfahrt: Erstanlauf der „Queen Anne“ in Hamburg – mit einer Panne
- Aida Cruises: Kreuzfahrtschiffe können jetzt in weiterem Hafen Landstrom nutzen
- Kreuzfahrt: Umweltranking 2024 – „Mein Schiff“ von Tui überholt Aida Cruises
Eine geschickte Segmentierung verhindert, dass die Gäste im Horizons das Gefühl haben, in einer riesigen Halle zu sitzen. Die Kellner, in unserem Fall Gerald von den Philippinen und Hamlet aus Peru, sind aufmerksam, aus der wechselnden Karte lässt sich Abend für Abend ein abwechslungsreiches Menü zusammenstellen. Frühstück ist dort ebenso zu haben, das holen sich eilige Gäste aber meistens vom Büfett in der Eatery – die manchmal so voll ist, dass einige zum Sitzen ins benachbarte „The Catch by Rudi“ ausweichen müssen. Den besten Kaffee gibt es im International Cafe, mittschiffs auf Deck neun. Hier trifft man morgens all jene, die ohne einen guten Flat White, Latte oder Cappuccino aus der Siebträgermaschine nicht in Schwung kommen.
Mit an Bord auf unserer Reise ist Christian Abel. Er arbeitet schon seit vielen Jahren für Interconnect, jene Firma, die sich als Generalagent um Princess-Buchungen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Frankreich kümmert. Fragt man ihn, warum sich kreuzfahrtaffine Urlauber aus Hamburg, München, Dresden oder Berlin mit Princess beschäftigen sollten statt mit einer der hierzulande führenden Marken, bringt er vor allem zwei Argumente ins Spiel, die tatsächlich ihre Berechtigung haben: „Abgesehen davon, dass Princess ohne jeden Zweifel zu den führenden Premiumanbietern im Markt gehört, ist es eine Möglichkeit, im Urlaub viel internationaler unterwegs zu sein als mit einem vorwiegend deutschen Schiff. Man trifft hier Leute aus aller Welt und kommt mit ihnen sehr schnell ins Gespräch, wenn man Englisch kann.“
Zudem gebe es eine Vielzahl interessanter Routings, „das Schiff ersetzt bei Princess nicht die Destination“, betont Abel mit Blick auf die eine oder andere US-Reederei, die noch mehr auf Onboard-Entertainment setzt. Für unsere einwöchige Reise im Mittelmeer zieht das Routen-Argument zumindest teilweise, denn mit Korfu, Neapel und Messina stehen neben Montenegro durchaus interessante Stationen auf dem Programm. Da fahren zwar andere ebenfalls hin, aber bis auf Bar liegen wir trotz der enormen Schiffsgröße immer so zentral, dass man selbst zu Fuß einiges zu sehen bekommt.
Während das quirlige Neapel als sehenswertes Städteziel und als Ausgangspunkt für Pompeji oder Capri lockt, geht es nach einem Bummel durch Korfu Stadt erstmal Richtung Strand und Berge. Auf der Tour über die griechische Insel leistet Busfahrer Pangiotis Millimeterarbeit, vor allem im hoch gelegenen Dorf Lokones. Kaum zu glauben, dass er sein schwankendes Vehikel ohne Kratzer an den Hauswänden vorbeibekommt, oft sind nur wenige Fingerbreiten Luft übrig.
„Sun Princess“: Kapitän Paolo Arrigo kommt ursprünglich aus Messina
In Messina besteigen wir im Hafen wieder einen Bus, da sich diese Stadt am wenigsten für einen ganzen Tag mit Freizeit lohnt. Stattdessen zieht es uns ins weltberühmte Taormina. Mit dem nahe gelegenen Ätna, den historischen Gassen und dem Teatro Antico zählt es zu den beliebtesten Reisezielen Italiens. Was man allerdings am Gedränge auf der Corso Umberto spürt, dem Hauptweg der Fußgänger durch die Altstadt. Doch schon bald findet sich ein paar Meter abseits an der Via Roma ein gutes Plätzchen zur Einkehr mit Blick aufs Meer und den Vulkan. Unbedingt probieren sollte man dabei die Pasta alla Norma, eine sizilianische Spezialität mit Makkaroni, Auberginen und einem leicht bräunlichen Käse.
Messina ist im Übrigen die Heimat des sizilianischen „Sun Princess“-Kapitäns Paolo Arrigo. Entsprechend stolz ist er beim Erstanlauf mit dem neuen Schiff. Der smarte Italiener, der seine Ansagen gerne mit „Ciao … wait for it … for now“ beendet, verkörpert das Princess-Thema „Love Boat“ so sehr, dass er es 2022 sogar ins US-Fernsehen geschafft hat. In der zwölfteiligen CBS/Paramount-Serie „The Real Love Boat“, eine Reminiszenz ans Original, hatte er das Kommando. Kein Wunder also, dass Arrigo beim Ablegen nicht einfach das Schiffshorn ertönen lässt, sondern eine kleine Typhon-Tonfolge erklingt. Princess-Kenner wissen: Es ist die Erkennungsmelodie des „Love Boats“.
Die „Sun Princess“ ist noch bis September auf unterschiedlichen Routen zwischen Barcelona, Rom und Athen/Piräus unterwegs, dann geht es über Southampton nach Florida. Im Frühjahr ist ein erneuter Einsatz im Mittelmeer vorgesehen, dann kommt auch Istanbul als vierter Start- oder Zielhafen hinzu. Die Preise bei Abfahrt im Mai 2025 starten laut Reederei bei rund 1600 Euro pro Person in der Balkonkabine, in der Innenkabine geht es bei knapp über 1000 Euro los. Ratsam ist, auch die im Text erwähnten Zusatzpakete (57 bzw. 76 Euro pro Tag) zu buchen.
Eine überraschende Nachricht zur Ausstattung der „Sun Princess“ gab es vor wenigen Tagen: Der vor allem für aktive Familien schon aufgebaute, aber bislang gesperrte Bereich auf Deck 19 mit Hanglider, Kletterwand und Hochseilgarten wird aus Sicherheitsgründen endgültig nicht in Betrieb gehen. Nun wird über eine alternative Nutzung nachgedacht. Alles über Routen, Ausstattung und Preise auf princesscruises.de
Mehr über Kreuzfahrten im „Kreuzfahrt Guide 2024“, erhältlich für 19,50 Euro beim Hamburger Abendblatt und im Buchhandel.