Hamburg. Neuer Hafen-Deal geplant: Terminalbetreiber Eurogate verhandelt mit Reederei CMA CGM. Worum es bei den Gesprächen im Detail geht.

Es war an einem der letzten Tage des Jahres 2023. Die Hafenwirtschaft hatte gerade ihre Überraschung über die Ankündigung des Senats verdaut, einen Teil der HHLA an die Schweizer Reederei MSC zu veräußern, da packte Hamburgs Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) die nächste hafenpolitische Ankündigung aus: „Eher kurz- als mittelfristig müssen wir entscheiden, ob ein weiterer Großschiffsliegeplatz zu bauen ist“, sagte die Senatorin bei einer Grundsatzrede im Hafenclub.

Sie sagte nicht, wo, und nicht, durch wen. Sie sagte lediglich sibyllinisch, dass die geplante Partnerschaft mit MSC zur Neuordnung der HHLA nicht der letzte Einstieg eines Investors im Hafen sein müsse.

Eurogate und CMA CGM planen Bau eines neuen Hafenterminals

Nur Monate später scheint sich die Aussage zu konkretisieren: Europas größter unabhängiger Betreiber von Containerterminals, Eurogate, und die französische Reederei CMA CGM führen Gespräche über den Bau eines neuen Hafenterminals. Dabei geht es um die sogenannte Westerweiterung, ein Areal direkt neben dem bestehenden Eurogate-Terminal. Dadurch könnte dessen Umschlagkapazität um rund zwei Millionen Standardcontainer jährlich erhöht werden.

Aus dem Kreis der mit dem Vorgang vertrauten Personen wurde dem Abendblatt bestätigt, dass es diese Gespräche gibt. Mehr noch: Sie seien „weit fortgeschritten“. Zunächst hatten die Deutsche Verkehrszeitung (DVZ) und der Branchendienst Alphaliner darüber berichtet. Demnach seien sich Eurogate und CMA CGM im Prinzip bereits einig. Allerdings solle auch mit anderen Reedereien geredet werden.

Sollten die Gespräche zu einem positiven Abschluss kommen, könnte das seit Jahren fertig geplante Projekt endlich in Angriff genommen werden, dessen Ausführung bisher an der Finanzierung scheiterte. Branchenkenner gehen von einer Milliarde Euro aus, die das Vorhaben kosten könnte. Bei der Westerweiterung handelt es sich um ein 38 Hektar großes Areal im Hafen mit viel Potenzial.

38 Hektar mit viel Potenzial für Eurogate und CMA CGM

Vorgesehen ist, das bestehende Containerterminal am Predöhlkai im Waltershofer Hafen nach Westen zu verlängern. Dazu soll eine Kaimauer mit einer Gesamtlänge von 1050 Metern entstehen, die an die vorhandenen Liegeplätze am Predöhlkai anschließt und von dort zunächst 600 Meter in nordwestliche Richtung bis zur Elbe verläuft, dann nach Westen abknickt und parallel zum Bubendey-Ufer fortgeführt wird.

Dies ist mit der vollständigen Verfüllung des Petroleumhafens auf einer Fläche von etwa 13 Hektar verbunden. Die bestehende Richtfeuerlinie wird versetzt, ebenso ein Radarturm an das südöstliche Ende des Waltershofer Hafens. Ein Radarturm wird am Nordufer der Elbe gebaut und die private Hochwasserschutzanlage angepasst.

Noch ein zweites Bauprojekt hängt an der Westerweiterung, nämlich die Schaffung eines Drehkreises für die heutigen Megafrachter. Diese werden nach ihrer Ankunft in Hamburg vor der Einfahrt zum Waltershofer Hafen gedreht und dann rückwärts zu ihrem Liegeplatz geschleppt.

Es fehlt eine Milliarde Euro für das Projekt

Der vorhandene Drehkreis in der Elbe beträgt 480 Meter. Das ist für ein 400 Meter langes Schiff sehr wenig Platz, weshalb die kniffligen Wendemanöver schiefgehen könnten. Der Drehkreis soll deshalb auf komfortable 600 Meter vergrößert werden. Beide Vorhaben, Kaimauernbau und Drehkreis sind in einem Planfeststellungsbeschluss, der seit 2022, nachdem die Klagen mehrerer Anwohner in letzter Instanz abgeschmettert worden sind, sofort vollziehbar ist.

Der Containerriese „CMA CGM Montmartre“ auf der Elbe auf dem Weg zum Hamburger Hafen
Der Containerriese „CMA CGM Montmartre“ auf der Elbe auf dem Weg zum Hamburger Hafen © IMAGO/Zoonar | IMAGO/Zoonar.com/Thorsten Schier

Es könnte also sofort gebaggert werden, wenn das Geld vorhanden wäre. Das Unternehmen Eurogate betreibt zwölf Containerterminals an neun Standorten, nagt finanziell also nicht am Hungertuch, ist aber allein kaum in der Lage, ein so großes Projekt zu stemmen. Die Stadt Hamburg hat kein Geld für die Westerweiterung im aktuellen Haushalt vorgesehen. Sie müsste bereits die Kosten für den Drehkreis stemmen, der als öffentliche Hafenzugangsinfrastruktur gilt.

Hamburg kann eine der weltweit stärksten Reedereien an sich binden

„Deshalb wäre ein Zusammenschluss mit CMA CGM zur Realisierung der Westerweiterung sinnvoll“, sagt Jan Tiedemann vom Branchendienst Alphaliner. „Hamburg könnte damit einen der stärksten Player auf dem Schifffahrtsmarkt an sich binden, der finanziell stark aufgestellt ist und hier auch gerne investieren möchte.“

CMA CGM ist die drittgrößte Reederei der Welt und einer der bedeutendsten Einzelkunden im Hamburger Hafen. „Mit einem Einstieg beim Projekt Westerweiterung hätte Eurogate sofort Planungssicherheit, weil CMA CGM die Grundauslastung des neuen Terminals sicherstellen könnte“, so Tiedemann. Zudem kennen sich die Partner, sie betreiben zusammen ein Containerterminal in Tanger, Marokko. Für den Hamburger Hafen wäre das ein echter Gewinn.

Neuer Hafen Deal? Wirtschaftsbehörde hält sich bedeckt

Schon einmal hatte Bürgermeister Peter Tschentscher einen Einstieg von CMA CGM im Hamburger Hafen ins Auge gefasst. 2018 kam es in Marseille mit der Unternehmensführung zu Gesprächen über eine mögliche Terminalbeteiligung am Containerterminal Burchardkai. Das scheiterte damals am Veto der HHLA. Nachdem die Eurogate-Konkurrentin nun vom Senat mit der Schweizer Reederei MSC vermählt wird, ohne vorher gefragt worden zu sein, ist die Bahn frei.

Mehr zum Thema

Eurogate wollte sich am Dienstag nicht äußern. „Wir bitten um Verständnis, dass wir uns zum Stand etwaiger laufender Gespräche nicht äußern können“, sagte ein Unternehmenssprecher. Mutmaßungen, es gebe mit einzelnen Reedereikunden bereits konkrete Vereinbarungen, wies er allerdings als nicht zutreffend zurück.

Auch die Wirtschaftsbehörde gab sich verschlossen: „Die strategische Weiterentwicklung des Hafens und die Bindung wichtiger Kunden ist Wirtschaftssenatorin Dr. Leonhard ein großes Anliegen. Dazu ist sie, entlang der im Hafenentwicklungsplan niedergelegten Ziele, mit allen Beteiligten im Gespräch“, sagte ein Sprecher. „Zu Vorhaben privatwirtschaftlich geführter Unternehmen kann ich aber seitens des Senats heute keine Kommentierung im Einzelnen anbieten.“

.