Hamburg. Im vergangenen Jahr lag die Kreditaufnahme mit 426.500 Euro deutlich über dem Bundesschnitt. Verbraucherschützer warnen.

Die steigenden Immobilienpreise in Hamburg zwingen die Käufer zu einer immer höheren Kreditaufnahme. Im Schnitt liehen sie sich im vergangenen Jahr rund 426.500  Euro von ihrer Bank, um in die eigenen vier Wände ziehen zu können. Das geht aus Daten des Baugeldvermittlers Dr. Klein hervor, die dem Abendblatt exklusiv vorliegen. Im Vergleich zu 2019 ist das ein Anstieg um acht Prozent. Der Zuwachs bei der Kreditsumme liegt leicht über dem Preis­anstieg bei Immobilien. Denn nach einer Erhebung des Hamburger Maklers Grossmann & Berger sollen sich Einfamilienhäuser aus dem Bestand 2020 in Hamburg um 2,1 Prozent verteuert haben, und Eigentumswohnungen wurden um sieben Prozent teurer.

Hamburg liegt bei der Verschuldung deutlich  über dem Bundesdurchschnitt, der bei 300.000 Euro liegt. „Die zweite Pandemiewelle bremst die Deutschen in vielen Bereichen aus, aber nicht in ihrem Interesse an Immobilien“, sagt Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender des Baugeldvermittlers Dr. Klein. „Wohnen wird zu einem wichtigen Wert und viele nutzen die Zeit im Lockdown zum Immobilienerwerb.“ Das bestätigt auch die Verbraucherzentrale Hamburg. „Bei Baufinanzierungsberatungen stellen wir keinen Rückgang fest“, sagt Alexander Krolzik, Baufinanzierungsexperte der Verbraucherzentrale Hamburg. „Es gibt sicherlich Interessenten, die ihren Immobilienwunsch jetzt zurückstellen müssen, weil sie durch die Pandemie in finanzielle Probleme geraten sind. Dafür kommen andere, wirtschaftlich potentere Immobilienkäufer auf den Markt, die bisher gar nicht den Wunsch nach einer Immobilie hatten.“

 Hamburger beleihen ihre Immobilien im Schnitt zu 80 Prozent

Die Hamburger beleihen ihre Immobilien im Schnitt zu 80 Prozent. Der durchschnittliche Kaufpreis liegt danach bei rund 533.000 Euro. Für eine Kreditsumme von 426.500 Euro müssen die Hamburger bei einer 15-Jährigen Zinsbindung eine monatliche Kreditrate von rund 1200 Euro bei den günstigsten Anbietern wie Interhyp, Comdirekt oder Dr. Klein  bezahlen, wie aus dem Baugeldvergleich der FMH-Finanzberatung hervorgeht. Der Zinssatz liegt bei rund 0,72 Prozent. Zusätzlich müssen noch die Nebenkosten der Immobilie wie Heizung, Grundsteuer, Müllabfuhr und Versicherungen aufgebracht werden. Angenommen für die Berechnung wurde die durchschnittliche anfängliche Tilgung von 2,60 Prozent, wie aus den Daten von Dr. Klein hervorgeht. „Je niedriger der Zinssatz ist, umso wichtiger wird eine hohe Tilgung, denn damit ist das Darlehen zügig zurückgezahlt“, sagt Neumann. Nach 15 Jahren verbleibt noch eine Restschuld von 251.000 Euro.

„Wir raten bei Immobilienkrediten zu einer Tilgungsrate von mindestens zwei Prozent, besser sind drei Prozent“, sagt Krolzik. Dann könnten mit der bisherigen Finanzierungsrate nach Ablauf der Zinsbindung auch deutlich höhere Zinssätze finanziert werden.

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Alexander Krolzik von der Verbraucherzentrale Hamburg warnt vor Folgen zu hoher Schulden. © Karin Gerdes/VZ | Unbekannt

„Wenn sich die finanziellen Verhältnisse während der Kreditlaufzeit nicht zum Schlechteren ändern und der Wert der Immobilien nicht stark sinkt, ergeben sich auch bei hoher Verschuldung keine dramatischen Risiken“, sagt Krolzik. Allerdings sollten die Käufer auch bedenken, dass eine Verschlechterung der eigenen Einkommensverhältnisse der Bank gemeldet werden muss, auch wenn die Kreditrate weiterhin pünktlich beglichen werden kann. „Dann kann es auch sein, dass die Bank während der Zinsbindung die Zinsen leicht erhöht, weil sich für sie die Risiken erhöht haben“, sagt Krolzik. Fallen die Immobilienpreise, können Banken zusätzliche Sicherheiten verlangen. Krolzik: „Sofern man hat, muss man dann eine zusätzliche Sicherheit abtreten, etwa einen Bausparvertrag oder eine Lebensversicherung.“​