Hamburg. Wasser kommt aus regionalen Brunnen und wird in Mehrwegflaschen verkauft. Block House ist exklusiver Gastronomie-Partner.
Wenn Start-ups in der Regel von Menschen rund um die 30 gegründet werden, die mit einer neuen Geschäftsidee einen Markt erobern wollen, sind Peter Albers und Sven Heiser ziemlich ungewöhnliche Gründer. Beide arbeiten seit Langem in der Getränkebranche, kennen das Geschäft aus dem Effeff, haben beruflich eigentlich ausgesorgt – und sind 60 und 55 Jahre alt.
Trotzdem gehen die Hamburger jetzt ins Risiko und haben Wasserhelden gegründet. „Aus Leidenschaft zu Mineralwasser“, sagt Peter Albers. Das klingt ziemlich groß. Kurzgefasst ist Wasserhelden eine neue Marke, unter der regionale Mineralwasserbrunnen wie unter einem gemeinsamen Dach ihre Produkte national anbieten können.
Die großen Konzerne beherrschen den Wassermarkt
„Wir wollen den inhabergeführten Produzenten eine gewisse Lautstärke geben“, nennt Vertriebsprofi Heiser das. Es gebe viele regionale Anbieter auf dem Markt, aber im Wettbewerb mit nationalen und internationalen Marktführern würden sie von den Verbrauchern oft nicht wahrgenommen. Dabei gehört zum Geschäftsmodell des Gründer-Duos, dass es Wasserhelden-Mineralwasser nur in Mehrweg-Glasflaschen gibt.
Transportiert werden sollen sie maximal in einem Radius von 200 Kilometern um den Abfüllort. „Die Kunden erwarten Nachhaltigkeit, Regionalität und hohe Qualität. Das liefern wir“, sagt Peter Albers, der fast zwei Jahrzehnte lang Geschäftsführer bei Hansa Mineralbrunnen (Hella) in Rellingen war und bis Ende September Geschäftsführer für Marketing- und Vertrieb der Vilsa-Gruppe.
Der familiengeführte Mineralbrunnen im niedersächsischen Bruchhausen-Vilsen ist auch der erste Vertragspartner der Gründer. „Die Resonanz in der Branche ist positiv“, sagt Peter Albers. Insgesamt sollen die Wasserhelden mit zehn Brunnen den Markt in Deutschland komplett abdecken. Noch im Oktober soll ein Mineralwasserbrunnen aus Schleswig-Holstein dazukommen.
Bis Mitte 2021 wollen die Wasserhelden im gesamten Norden bis nach Nordrhein-Westfalen und Brandenburg vertreten sein. Dabei werden die Vertragspartner Kommanditisten in der Wasserhelden GmbH & Co. KG. „Wir sind kein neuer Abfüller, sondern eine Marke mit bundesweitem Marketing und Vertrieb“, erklärt Wasserhelden-Vertriebsleiter Sven Heiser.
Es wird deutlich mehr Leitungswasser getrunken
Die Idee war im vergangenen Jahr entstanden. Peter Albers wollte nach 30 Jahren im Geschäft „etwas Neues machen“, wie er sagt. Er holte Heiser, der unter anderem für den Lebensmittelhändler Rewe und Getränkekonzern Carlsberg gearbeitet hatte, mit ins Boot. In den vergangenen Jahren habe Mineralwasser massiv Käufer verloren, weil deutlich mehr Leitungswasser getrunken werde, sagt Albers.
Gerade junge Menschen seien abgewandert. Aber, sagt der Mineralwasser-Manager, auch wenn die Qualität von Leitungswasser inzwischen gut sei, „Mineralwasser muss laut geltender Mineral- und Trinkwasserverordnung immer noch deutlich mehr Grenzwerte einhalten“.
Das Startkapital für die Wasserhelden für die ersten zwei Jahre kommt als Darlehen von Albers’ bisherigen Arbeitgeber Vilsa. Vor einigen Monaten hat das Start-up als Untermieter Räume in einer Werbeagentur in einem Hinterhof an der Rentzelstraße bezogen. Eigentlich wollten Albers und Heiser, die beide für ihre Geschäftsidee ihre Jobs gekündigt hatten, schon im Frühjahr mit der neuen Marke in den Geschäften sein. Die Corona-Pandemie hat den Start allerdings dann verzögert. Erst Anfang Juli waren die ersten Kisten im Handel ausgeliefert worden, seit September läuft das Geschäft richtig an.
Die Flaschen werden bis zu 50-mal wiederbefüllt
„Wir müssen den Endverbrauchern unser Konzept erklären“, sagt Sven Heiser. Denn erst mal steht nur eine unbekannte neue Mineralwasser-Marke mit dem Wasserhelden-Logo in Pink und Blau in den Getränkeregalen. Dass dahinter bekannte Brunnennamen wie aktuell Vilsa stehen, taucht auf den Etiketten nicht auf. Stattdessen werden Quelle und Quellort angegeben.
Bei den Flaschen, die in Hamburg erhältlich sind, ist es die Lubusquelle im niedersächsischen Homfeld, die zu Vilsa gehört. „Entscheidend ist für uns, dass unsere Partner eine eigene Quelle nur für die Wasserhelden nutzen“, sagt Peter Albers. Dabei legen die Gründer Qualitätsstandards an, die alle Grenzwerte erfüllen und auf dem Etikett nachlesbar sind.
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Nach dem Start in Hamburg und Niedersachsen sind die Wasserhelden inzwischen in mehr als 500 Rewe-Supermärkten und bei einzelnen Getränkefachhändlern im Sortiment. Weitere sollen folgen, auch Gespräche mit Online-Lieferdiensten wie Durstexpress und Flaschenpost seien geplant. „Das Interesse im Handel ist da“, sagt Vertriebsleiter Heiser.
Wasserhelden legen Wert auf Nachhaltigkeit
Eine weitere Besonderheit: Bei der Gestaltung der Flaschen haben die Marktneulinge Wert auf Nachhaltigkeit gelegt: Es werden ausschließlich Mehrweg-Pfandflaschen eingesetzt, die bis zu 50-mal wiederbefüllt werden können. Die Papieretiketten sind aus recyceltem Papier. Zudem unterstützt Wasserhelden ein Baumpflanzprojekt in Kenia. Mit 4,99 Euro pro Kiste mit zwölf Flaschen liegt die neue Marke im mittleren Preissegment. „Es geht nicht um Luxus“, sagt Peter Albers. Wir wollen Mineralwasser zu einem vernünftigen Preis-Leistungs-Verhältnis verkaufen.“
Nachdem das Konzept zunächst ausschließlich für den Handel geplant war, gibt es inzwischen den ersten Kunden in der Gastronomie. Block House hat in Hamburg und Niedersachsen seit Juli statt Mineralwasser von der italienischen Marke San Pellegrino nur noch Wasserhelden auf der Karte. Weitere Restaurants sollen folgen. „Die Idee regionaler Brunnenpartner hat mir sofort gefallen“, sagt der Chef der Block Gruppe, Stephan von Bülow. Für ein Jahr hat die Steakhaus-Kette die neue Mineralwasser-Marke nun exklusiv.
Verbrauch von Mineralwasser geht zurück:
- Nach Angaben des Verbandes Deutscher Mineralbrunnen ist der Pro-Kopf-Verbrauch von Mineral- und Heilwasser in Deutschland im vergangenen Jahr um 2,6 Prozent auf 144,3 Liter gesunken. Zieht man einen Vergleich zum Jahr 2017, so beträgt der Rückgang knapp 3,2 Prozent.
- Ein Grund dürfte nach Expertenmeinung die Tatsache sein, dass vor allem junge Leute lieber Leitungswasser statt Mineralwasser trinken. Zu diesem Trend trägt auch der Boom bei den sogenannten Wassersprudlern bei. Mit ihnen kann man Leitungswasser mit Kohlensäure versehen.
- Fast 60 Prozent der Mineralwasser-Verpackungen bestehen übrigens aus Einwegplastik, bei nur 18,6 Prozent werden Mehrweg-Glasflaschen verwendet.