Hamburg. Im Juni gab es sogar mehr Starts und Landungen als in der Vor-Corona-Zeit. Braucht Hamburg neue Regeln gegen Fluglärm?

Zwar haben die Passagierzahlen am Hamburger Flughafen das Vor-Corona-Niveau noch nicht wieder erreicht. Aber dafür gibt es deutlich mehr Nachtflüge zwischen 23 und 24 Uhr. Im Juni waren es 172. Das entspricht einem Anteil an allen Flugbewegungen von 1,6 Prozent – ein sehr hoher Wert.

Er liegt sogar über dem Anteil von 1,2 Prozent vom Juli 2017, dem mit 181 Nachtflügen verspätungsintensivsten Monat der vergangenen Jahre. Doch auch im gesamten bisherigen Jahr 2022 (Januar bis Ende Juni) übersteigen die 323 Starts und Landungen zwischen 23 und 24 Uhr schon knapp die entsprechende Zahl des Vor-Corona-Jahres 2019 (321 Nachtflüge), obwohl die Gesamtzahl der Flugbewegungen damals deutlich höher war.

Flughafen Hamburg: Kritik an vermehrten Nachtflügen

„Die bisher geltende Verspätungsregel zeigt überhaupt keine Wirkung mehr“, sagt dazu Martin Mosel, Vorsitzender des Dachverbands der Bürgerinitiativen und Vereine für Fluglärm-, Klima- und Umweltschutz (BIG-Fluglärm Hamburg). Er verweist darauf, dass auch die Fluglärmschutzkommission, der unter anderem Vertreter der Gemeinden in der Umgebung des Flughafens angehören, nun „dringenden Handlungsbedarf“ sieht.

„Das Signal geht an die Politik“, so Mosel. Er fordert, dass die behördliche Einzelfallentscheidung, die bisher für verspätete Flüge nach 24 Uhr eingeholt werden muss, künftig schon für Starts und Landungen nach 23 Uhr verpflichtend wird. Einen entsprechenden Antrag hatte Hamburgs Fluglärmschutzbeauftragte Gudrun Pieroh-Joußen bereits 2017 gestellt – damals erfolglos. Zudem müssten die Start- und Landegebühren für alle Flugbewegungen nach 22 Uhr kräftig erhöht werden, „denn die gesetzliche Nachtruhe beginnt um 22 Uhr“, sagt Mosel.

„Luftverkehr steht im Moment stark unter Druck“

Nach Angaben des Hamburger Flug­hafens war der Hauptverursacher der Verspätungen im Juni die Flugsicherung mit einem Anteil von einem Drittel. „Aktuell ruckelt das gesamte europäische Luftverkehrssystem“, sagt Airport-Sprecherin Katja Bromm. „Wir haben auch tagsüber mehr Verspätungen als üblich.“ Tatsächlich räumte Arndt Schoenemann, Chef der Deutschen Flugsicherung (DFS), am Mittwoch ein: „Das System Luftverkehr steht im Moment stark unter Druck.“

Wegen des Kriegs in der Ukraine müssten Flüge nach Asien Umwege nehmen, die das Verkehrsaufkommen im deutschen Luftraum um rund zehn Prozent erhöhten. Zudem habe die französische Flugsicherung ein neues Computersystem eingeführt, weshalb sie im Sommer weniger Flüge kontrollieren konnte. Einen Teil davon habe die DFS übernommen, hieß es.

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Flughafen Hamburg: Passagiere müssen mit Wartezeiten rechnen

Nachdem es am Freitag vergangener Woche wieder zu langen Wartezeiten vor der Sicherheitskontrolle des Hamburger Flughafens von phasenweise mehr als 90 Minuten gekommen war, rechnet man dort für diesen Freitag mit einer etwas entspannteren Situation. Erwartet würden rund 22.000 abfliegende Passagiere, verglichen mit 24.000 vor einer Woche. „Man wird sich aber auf Wartezeiten einstellen müssen“, sagt Bromm. „Der Freitag ist immer der stärkste Tag der Woche.“

Es gelte weiter die Empfehlung, zweieinhalb Stunden vor Abflug im Terminal zu sein, „gerne noch ein bisschen früher.“ Am Sonnabend würden voraussichtlich 19.000 Passagiere abfliegen. Der Bundespolizei zufolge kam es am Montag im Zeitraum von 4.45 Uhr bis 5.15 Uhr zu etwa 60 Minuten Wartezeit. In der restlichen Woche seien es bisher maximal 45 Minuten gewesen, „ganz überwiegend jedoch unter 30 Minuten“, sagt Marcus Henschel, Sprecher der Bundespolizei.

Wie die Flugsuchmaschine Swoodoo auf der Basis von Suchanfragen prognostiziert, dürfte der 1. August, ein Montag, an den deutschen Flughäfen der verkehrsreichste Tag der verbleibenden Sommersaison sein. Für diesen Freitag (22. Juli) verzeichnete man die zweithöchste Anzahl an Flugsuchen, gefolgt von diesem Sonnabend (23. Juli).