Hamburg. Marius Stolze spricht über Besonderheiten der Flughafen-Feuerwehr, riesige Flugfeld-Löschfahrzeuge und Übungen an der Endlosleiter.

Was ist das Besondere an der Flughafen-Feuerwehr? Wie sehen die riesigen Löschfahrzeuge von innen aus – und was können sie? Wie trainieren die Feuerwehrmänner, und auf was für besondere Erlebnisse blicken sie zurück? Antworten auf diese und viele Fragen mehr gibt Feuerwehrmann Marius Stolze im Podcast „Check-in“. Das Abendblatt macht den Flughafen zum Podcast-Studio und besichtigt mit Marius Stolze die Wache.

Hamburger Abendblatt: Herr Stolze, bevor wir uns auf den Weg durch die Wache machen: Mögen Sie sich kurz vorstellen?

Marius Stolze: Auf jeden Fall: Ich bin Marius Stolze, 29 Jahre alt, seit 2016 am Flughafen, habe hier begonnen als Rettungsassistent und als Feuerwehrmann. Ich habe meine Ausbildung zum Berufsfeuerwehrmann am Airport gemacht, wurde dann Notfallsanitäter, später Zugführer – und seit einem halben Jahr bin ich Fachabteilungsführer einer der beiden Fachabteilungen hier in der Wache. Meine Aufgabe ist die komplette Planung der Dienste, die Aufrechterhaltung des Betriebes – neben meinen Einsätzen als Notfallsanitäter und Feuerwehrmann.

Wie viele Feuerwehrmänner gibt es am Hamburger Flughafen eigentlich?

Stolze: Wir sind hier momentan 83 Feuerwehrmänner, sind aber im stetigen Aufbau. Es sollen am Ende 93 werden. Aber der Arbeitsmarkt ist hart umkämpft, gerade auch bei der Feuerwehr und im Rettungsdienst. Qualifizierte Mitarbeiter sind sehr umworben. Aber wir tun unser Bestes, um möglichst viel Personal hier an die Wache zu kriegen.

Welche Qualifikationen und Erfahrungen müssen Bewerber mitbringen?

Stolze: Sozialkompetenz und Teamfähigkeit stehen bei uns an allererster Stelle. Wir sind hier 24 Stunden am Stück im Dienst. Man verbringt viel Zeit mit den Kollegen an der Wache, und da muss eine Teamfähigkeit vorhanden sein. 20 bis 22 Kollegen sind hier immer im Dienst. Und zweitens: Man muss wirklich Lust auf den Job haben. Man muss – in Anführungsstrichen – dafür brennen. Und drittens: Körperliche Fitness ist unabdingbar. Und da müssen viele Bewerber hart trainieren, um den Einstellungstest zu schaffen. Man kann sich aber vorbereiten: Wir zeigen auf unserer Instagram-Seite jede Übung, die im Test verlangt wird.

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Viele Hamburgerinnen und Hamburger werden die Feuerwache vom Vorbeifahren auf der Schnellstraße kennen. Sie liegt ja von Norden kommend kurz hinter dem Coffee2fly direkt an der Zeppelinstraße. Was verbirgt sich in diesem Gebäude?

Stolze: Wir haben hier alles, was die normale Berufsfeuerwehr auch zu bieten hat – und darüber hinaus ein paar flughafenspezifische Besonderheiten. Wir können das in vier Bereiche aufteilen. Erstens: Wir betreiben einen Rettungswagen, der ist 24 Stunden, sieben Tage die Woche, 365 Tage im Jahr immer besetzt. Unser Rettungsdienst ist für das gesamte Flughafengelände zuständig. Darüber hinaus haben wir einen Löschzug, der für den Bereich der Terminals zuständig ist. Im Grunde ein Löschzug wie bei der Berufsfeuerwehr, aber mit einigen Erweiterungen, damit er auch bei der Brandbekämpfung am ­Flugzeug mit eingesetzt werden kann. Drittens: Wir haben eine eigene Leitstelle, in der alle Notrufe eingehen und mit der die Brand- und Rauchmelder des Flughafens vernetzt sind. Und dann haben wir noch den vierten Part – und das ist der, an den wohl alle bei der Flughafen-Feuerwehr als Erstes denken: unsere Flugfeld-Löschfahrzeuge.

Wenn Sie einmal zurückblicken: Was waren besonders herausfordernde Einsätze für die Flughafen-Feuerwehr, was waren besondere Momente für Sie?

Stolze: Zum Glück gab es zu meiner Zeit kein großes Unglück! Aber vor ein paar Jahren brannte ein Flugzeugschlepper unter einer Maschine. Das war ein zeitkritisches Ereignis, die Feuerwehr musste da sehr schnell eingreifen und löschen, sonst hätte das Feuer auf das Flugzeug übergegriffen. Ich war an dem Tag aber selbst nicht im Dienst. Wenn ich auf mein eigenes Erleben blicke, dann sind das andere Momente. Eine ganze Kleinstadt – bis zu 50.000 Menschen – läuft täglich durch die Terminals. Da kommt es immer wieder zu medizinischen Notfällen. Ich habe eine ganze Reihe von Patienten mit Herz-Kreislauf-Stillständen reanimiert. Schnell vor Ort gewesen zu sein und einen Menschen zu retten – das sind für mich die bewegendsten Momente, an die ich mich erinnere.

Haben Sie einen Lieblingsplatz hier am Flughafen?

Stolze: Es wäre sehr schlecht, wenn ich jetzt nicht „die Feuerwache“ sagen würde. Aber wir haben hier tatsächlich den wohl besten Ausblick über das Vorfeld. Das ist schon einmalig, wenn man so auf die Start- und Landebahnen blicken kann.

Dann lassen sie uns einmal durch die Wache gehen. Womit beginnen wir?

Stolze: Mit der Halle des Rettungsdienstes: Hier steht unser aktiver RTW, also der Rettungswagen, der gerade im Dienst ist. Die Kollegen sind eben von einem Einsatz zurückgekommen. Der RTW enthält alles, was es für die medizinische Notfallversorgung momentan am Markt gibt. Daneben stehen zwei sogenannte Abrollbehälter ...

... die aussehen wie Container.

Stolze: Im Gegensatz zu Containern können die aber sehr schnell vom Lkw überall heruntergelassen werden. Der eine „Container“ ist für die Einsatzleitung. Sollte es tatsächlich zu einem größeren Schadensfall kommen, wird der Einsatz vor Ort koordiniert. Im anderen Abrollbehälter sind ein kleiner Behandlungsraum sowie ein großer Vorrat an Rettungstragen und Rucksäcken mit Material zur medizinischen Notfallversorgung enthalten.

Ein Blick in die große Halle der Wache: Dort stehen die ganz großen Feuerwehrwagen. Was sind das für Maschinen? Was ist das Besondere?

Stolze: Das sind unsere Flugfeld-Löschfahrzeuge von der Firma Ziegler. Die Z8 sind mehr als 12 Meter lang, haben einen V12-Motor mit mehr als 1000 PS und können 138 km/h erreichen. Das ist wichtig, denn wir haben hier am Flughafen vorgeschriebene Eingreifzeiten. Am entferntesten Punkt des Geländes müssen wir innerhalb von drei Minuten sein. Das ist von uns aus gesehen das Ende der Landebahn in Richtung Volksparkstadion. Das ist eine knackige Zeit – und das trainieren wir auch immer wieder. Drei der Ziegler Z8 sind immer einsatzbereit, einen haben wir als Reserve.

Die Wagen sind ja riesig breit. Darf man damit auf einer normalen Straße fahren?

Stolze: Die Fahrzeuge haben eine Straßenzulassung. Allerdings wird eine Fahrt auf öffentlichen Straßen bei der Behörde angemeldet. Und wir reduzieren dann das Gewicht: Wir haben da normalerweise 12.500 Liter Wasser drauf, 500 Kilo Löschpulver und mehr. Das Fahrzeug wiegt damit 42 Tonnen. Das ist für viele Straßen zu viel.

Ungewöhnlich an den Fahrzeugen ist auch der Startknopf am Heck ...

Stolze: Bei einem Alarm rutschen die Feuerwehrmänner an der Stange hinter dem Z8 herunter und drücken auf den Knopf. Wenn der Fahrer vorn angekommen ist, kann er sofort losfahren.

Sollte tatsächlich einmal ein Flugzeug brennen – womit löscht man das?

Stolze: Das kommt immer auf das Brandereignis an: Wenn zum Beispiel ein Triebwerk brennt, dann braucht man mehrere Löschmittel, um das effektiv zu bekämpfen. Wenn wir ein Feuer an einem Rumpfteil haben, macht es Sinn, einen Schaumteppich auszubringen. Wir arbeiten mit Wasser, Schaum und Pulver.

Wie trainieren Sie das?

Stolze: Wir haben eine eigene Übungsanlage, die ein Flugzeugfeuer mithilfe mehrerer Container und mit Gasflammen nachstellt. Da werden Triebwerke ebenso simuliert, wie Fahrwerke oder auch die Rettung von Passagieren aus dem Rumpf. An Triebwerk, Tragflächen – wo die Treibstofftanks sind – und am Fahrwerk sind die Temperaturen am höchsten. Dort trainieren wir den speziellen Löschmitteleinsatz.

Der Z8 hat mehrere Wasserwerfer oben auf dem Dach ...

Stolze: Wir nennen das in der Feuerwehrsprache Monitore. Wir haben einen Front-Werfer und zwei weitere Monitore auf dem Dach. Der Z8 ist bei uns mit zwei Kollegen besetzt: Fahrer und ein Feuerwehrmann, der über Joysticks die Werfer steuert. Wir können uns so aus sicherer Entfernung mit den Löscharbeiten an das Flugzeug heranarbeiten. Ein Werfer kann bis zu 6000 Liter Wasser pro Minute ausstoßen.

Zum Abschluss unserer Rundtour schauen wir uns einmal an, wie ein Kollege einen Fitness-Test in voller Montur macht.

Stolze: Ja, genau! Der Kollege trainiert heute die Funktion des Angriffstrupps, das sind die Feuerwehrmänner, die bei den Einsätzen mit Atemschutz ausgerüstet sind und ausrücken. Er hat seine persönliche Schutzausrüstung gleich komplett angelegt und ist bereit, uns den speziellen Fitness-Test zu demonstrieren. In unserem Fitnessraum gibt es neben normalen Geräten, wie Laufband, Stepper, Rudergerät und Fahrrad, auch die bei den Kollegen allseits beliebte Endlosleiter. Diese Endlosleiter muss der Kollege unter voller Montur mit angeschlossenem Atemschutzgerät einmal besteigen. 30 Meter muss er dort absolvieren.

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Der Raum ist nur etwa drei Meter hoch, deshalb bewegen sich die Sprossen der Leiter senkrecht wie ein Laufband ...

Stolze: Ja, und der Kollege muss ein gewisses Tempo beim Klettern halten. Er darf nicht mit den Sprossen zu weit herunterkommen, denn dann stoppt das Gerät. Er muss die ganze Zeit mit seinem Kopf fast unter der Decke bleiben. Das ist eine der anspruchsvollen Übungen bei diesem Belastungstest. Dabei muss man bedenken, dass er etwa 40 Kilogramm Ausrüstung und eine Atemschutzmaske trägt. Das macht er jetzt nur für Sie.

Dann wollen wir den Kollegen mal schnell erlösen ... Vielen Dank!