Hamburg. Vor einem Jahr beschloss Unternehmensberater Thorsten Höppner, eine Produktion aufzubauen. Er hat viel Lehrgeld gezahlt.

Im Frühling vergangenen Jahres kam die Pandemie nach Deutschland – Thorsten Höppner und seinen Mitarbeitern brachen die Aufträge weg. Statt zu resignieren, änderte der 51-Jährige den Kurs seines Unternehmens. Radikal. Hatten er und seine 14 Kollegen bisher große Firmen in Sachen Qualitätsmanagement unterstützt und waren als Berater in Autowerken ein- und ausgegangen, entschied Höppner, künftig eine eigene Fertigung aufzuziehen. Für das Produkt, das damals zu den begehrtesten Gütern der Welt gehörte: Corona-Masken.

Heute ist die 400-Quadratmeter-Halle im Norderstedter Gewerbegebiet einsatzbereit, nach Monaten harter Arbeit und zahlreichen Rückschlägen. Höppner hat 750.000 Euro investiert und kann nun liefern. Aus dem Unternehmensberater wurde ein Fabrikant, der beim Gespräch mit dem Abendblatt mitten in seiner neuen Fertigung, in Reichweite von riesigen Ballen mit Vlies für Masken, Platz genommen hat. Hier sollen ab Mai etwa zwei Millionen FFP2-Masken entstehen, im Monat. Schon ab April kann Höppner OP-Masken in ähnlichem Umfang liefern.

Investitionen von mehreren 100.000 Euro musste Höppner abschreiben

Masken made in Germany, made in Norderstedt, das war Höppners Idee. Doch das Team aus Technikern, Projektentwicklern und Qualitäts-Ingenieuren, die seit Jahren zusammenarbeiten, hat in den vergangenen Monaten einiges Lehrgeld bezahlen müssen.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Die in China bestellten Maschinen erwiesen sich teilweise als untauglich, sie wiesen elektrische Störungen auf oder waren für geringere Stückzahlen konstruiert. Investitionen von mehreren 100.000 Euro für die Anlagen musste Höppner abschreiben. Die Fertigung in seiner neuen Firma QMH, die in der Nähe seines Unternehmensberater-Büros QMH Consulting entsteht, wurde zum Problemfall.

Lieferschwierigkeiten bei Maschinen

„Wir waren zunächst auf die vorhandene Maskenindustrie angewiesen, die in China ausgerechnet in Wuhan sitzt“, beschreibt Höppner die missliche Situation: Gerade in der Stadt, in der das Virus ausgebrochen war, sitzt die geballte Kompetenz der klinischen Schutzausrüstung in China, dem weltweit wichtigsten Herkunftsland der Ware.

Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:

  • Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
  • Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
  • Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
  • Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
  • Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).

Diese Misere habe zu Lieferschwierigkeiten auch bei Maschinen geführt, in einer Zeit, als rund um den Erdball neue Kapazitäten für die Maskenproduktion geschaffen werden sollten. „Dann haben wir schließlich selber die Anlagen entwickelt“, sagt der Firmeninhaber, ein Kraftakt, den er gemeinsam mit deutschen Spezialisten gestemmt hat. Finanziell wurde QMH dabei auch vom Staat unterstützt, mit rund 500.000 Euro.

Pandemie hat zu einem Bewusstseinswandel geführt

Heute stehen die neuen Maschinen in der Halle, Techniker sind dabei, die Abläufe zu optimieren. Das Team von bisher zehn Mitarbeitern soll bis April auf 25 Beschäftigte wachsen. Die Herausforderung: Die Produktion von Masken zählt nicht gerade zu den deutschen Stärken.

Jahrzehntelang haben sich Ärzte oder Handwerker auf Schutzausrüstung aus Fernost verlassen. Erst die Pandemie hat zu einem Bewusstseinswandel geführt. Zu der Überzeugung, dass eine zu starke Abhängigkeit von einzelnen Lieferländern schnell zu Knappheiten führen kann. Auch ein anderes norddeutsches Unternehmen hat diese Strategie jetzt eingeschlagen: Drägerwerk, der Medizintechnikkonzern mit Sitz in Lübeck, baut die Produktion von Masken derzeit an vielen Standorten in Europa aus, neben Deutschland etwa in Schweden und Frankreich.

Nicht nur die Fertigung hat Höppner so manche schlaflose Nacht bereitet. Denn zunächst hatte sich QMH auf die Herstellung von OP-Masken konzen­triert. Doch im Januar gerieten diese Produkte plötzlich zu Ladenhütern.

Gegen Konkurrenz aus Fernost zu bestehen ist schwierig

FFP2-Masken wurden vielerorts bevorzugt, weil sie in etlichen Bereichen zur Pflicht wurden und in der Schutzwirkung als sicherer gelten. Auch ein OP-Masken-Auftrag eines großen Industriearbeitgebers aus Hamburg wurde Anfang des Jahres zurückgezogen, sagt Höpp­ner. Wieder musste er umdenken.

Jetzt hat der Unternehmer die Fertigung auch für FFP2-Masken startbereit, für Produkte, die andere Zulassungen erfordern. Denn die FFP-Masken gelten – anders als medizinische Gesichtsmasken – als persönliche Schutzausrüstung. Zertifiziert werden dürfen solche Produkte nur durch eine von der Europäischen Union (EU) anerkannte benannte Stelle. Daher tragen diese Masken stets ein CE-Kennzeichen mit der vierstelligen Nummer der Zertifizierungsstelle.

So komplex die Fertigung und Zulassung ist, auch FFP2-Masken sind Massenprodukte. Die Ware kommt weiterhin zu großen Teilen aus China, das seine Produktion nach der dort weitgehend überstandenen Pandemie hochfährt. Wirklich wettbewerbsfähig ist Höppner gegen die Importe aus Fernost nicht, wenn es nur um Preise geht. Für die OP-Masken verlangt er derzeit „zwischen neun und zwölf Cent für Großabnehmer“. Die FFP2-Masken wird er für etwa 50 Cent das Stück an Großkunden abgeben. Die Importe aus der Volksrepublik kosten aber oft nur die Hälfte.

Bestellungen für eine Million Masken im Monat

Da Höppner im Massenmarkt mit Billiganbietern aus Asien konkurrieren müsste, konzentriert er sich auf Abnehmer etwa aus Kliniken. Hier hat sich in den vergangenen Wochen gezeigt, dass importierte Masken nicht immer hohen Standards genügt haben. „Wir haben derzeit Bestellungen für eine Million Masken im Monat“, sagt Höppner, von vier Kunden.

Künftig will er das Thema Nachhaltigkeit bei seiner Ware in den Mittelpunkt stellen. Die Rohstoffe kommen aus Deutschland, lange Transportwege fallen weg. Dennoch befürchtet der studierte Maschinenbauer, dass der Verkauf bei dem derzeit größer werdenden Angebot schwierig werden könnte.

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Die Zeiten, als die Corona-Masken knapp waren, liegen Monate zurück. Und immer mehr Anbieter auch aus Deutschland tummeln sich inzwischen im Markt. Das Gesundheitsministerium hat im Rahmen der Initiative „Maskenproduktion in Deutschland“ mit 18 Unternehmen Verträge abgeschlossen. Ziel des Projekts ist es, die nationale Produktion zu stärken. Schließlich werden allein im Gesundheitssektor 300 Millionen Stück der medizinischen Masken pro Monat benötigt.

Die schleppend anlaufenden Impfungen und weiterhin nötige Hygienemaßnahmen im Alltag beflügeln die Branche. Allein in der Region Hamburg sind inzwischen gut eine Handvoll Hersteller mit Masken im Geschäft. Und auch Höppner denkt an einen weiteren Standort mit einem bis zu achtfachen Output, wenn dies die Auftragslage zulässt. Einen Vertrag mit der Bundesregierung hat er allerdings (noch) nicht.

Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Maskenpflicht im Überblick:

Welche Typen von medizinischen Masken gibt es?

  • OP-Masken: Mehrlagige Masken, die einen besseren Schutz als einfache Stoffmasken bieten.
  • FFP2-Masken: Müssen 94 Prozent aller Aerosole zurückhalten, um die Norm zu erfüllen.
  • FFP3-Masken: Müssen laut Norm 99 Prozent der Aerosole zurückhalten.
  • KN95-, N95-, P2-, D2- oder CPA-Masken: Importierte Masken, die vereinfachte Prüfverfahren durchlaufen, beim Bezug über die Apotheke aber etwa gleichwertigen Schutz wie FFP2-Masken bieten.

Kann ich die Masken mehrfach verwenden?

  • OP-Masken sind reine Wegwerfprodukte, die spätestens dann entsorgt werden sollten, wenn sie durchfeuchtet sind.
  • FFP2-Masken sind offiziell nur dann wiederverwendbar, wenn sie herstellerseitig mit einem "R" gekennzeichnet wurden. Laut Forschern der Uni Münster können aber auch Einweg-FFP-2-Masken ("NR") bis zu fünf Mal verwendet werden, wenn man sie für mindestens eine Woche an der Luft trocknet, bevor man sie wieder verwendet. Die Trocknung im Ofen ist umstritten.
  • Desinfektionsmittel zerstören die Filtereigenschaften der Maske und machen sie unbrauchbar

Was muss ich beim Kauf von Masken beachten?

  • Beim Kauf im Einzelhandel oder im Internet ist bei OP-Masken und FFP2-Masken auf das CE-Zeichen und eine vierstellige Nummer zu achten. Diese gibt die Prüfstelle an und kann im Internet überprüft werden.
  • Masken mit Ventil sind in Hamburg nicht erlaubt: Sie vereinfachen zwar das Atmen, geben die Luft aber ungefiltert an die Umwelt ab - bieten also zwar Eigen-, aber keinen Fremdschutz.

Was kosten medizinische Masken?

Mit der Einführung der erweiterten Maskenpflicht steigen auch die Preise für Masken teilweise stark an – FFP2-Masken kosten normalerweise zwischen 3 und 7 Euro pro Stück, OP-Masken sind zum Teil für deutlich weniger als einen Euro pro Stück im Paket zu bekommen. Vorsicht ist bei besonders günstigen Angeboten besonders im Internet geboten: Dahinter könnten ungeprüfte Importe oder Ausschussware stecken, die nicht denselben Schutz bieten wie eine zertifizierte Maske.

Was ist beim Tragen der Masken zu beachten?

  • OP-Masken sitzen relativ lose. Der Sitz kann verbessert werden, wenn man sie mit einer Stoffmaske kombiniert.
  • FFP2-Masken müssen eng anliegen, damit sie ihre volle Filterwirkung entfalten. Dann wird aber auch das Atmen spürbar anstrengender. Ein Vollbart verhindert den korrekten Sitz der Maske.
  • Allgemein gilt, dass Masken spätestens ausgetauscht werden müssen, wenn sie feucht sind.
  • Benutzte Masken nicht an der Filterfläche berühren: Etwaig aufgenommene Viren geraten dann an die Hände. Die Masken sollten nur an den Bändern berührt werden.

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