Hamburg. Penny, Rewe, Edeka bieten in immer mehr Hamburger Filialen den Service per Smartphone oder Handscanner an.

Zwischen der Kassenzone und dem Eingangsbereich des Rewe-Supermarktes im Alstertal-Einkaufszentrum (AEZ) steht ein schwarzes Regal. „Selbst scannen und fix zahlen“ steht oben drüber. 27 Handscanner passen in die Halterungen hinein. Kunden müssen ihre Payback-Karte kurz an dem Regal von einem roten Lichtsignal erfassen lassen, dann blinkt ein mobiler Handscanner grün auf. Er ist jetzt bereit, den Kunden auf seinem Einkaufsrundgang zu begleiten. „Ihr Warenkorb ist leer! Bitte scannen Sie Ihr erstes Produkt“, steht auf dem Display.

Mit Handzetteln in den Briefkästen umliegender Haushalte macht die Filiale im AEZ derzeit auf das Angebot aufmerksam und gehört damit zu den Vorreitern in der Hansestadt. Anfang 2019 starteten die ersten Tests von Scan&Go, also dem Selbsteinlesen von Warendaten. Die Idee: Das Schlangestehen an der Kasse soll so durch das Selbstzahlen vermieden werden.

Fünf Märkte in Hamburg bieten bereits Scan&Go an

Vor einem Jahr begann Rewe damit, in den Märkten den Service einzuführen, der auch mit dem eigenen Mobilfunkgerät nach dem Herunterladen einer App funktioniert. Im Sommer boten es bundesweit 50 Geschäfte an, allerdings noch keines in der Hansestadt. Dies hat sich nun geändert.

„Mindestens fünf Märkte in Hamburg bieten bereits Scan&Go an“, sagte auf Abendblatt-Anfrage Thomas Bonrath, Sprecher von Rewe. Im Internet verweist der Konzern auf weitere Supermärkte in Wandsbek, Niendorf, Tonndorf und Altona. Aktuell sei diese Liste aber nicht, heißt es. „Es dürften vermutlich schon mehr sein“, sagte Bonrath. Denn das System wird seit einigen Wochen an weiteren Standorten ausgerollt, „in Kürze“ soll es in deutschlandweit 100 Läden vorhanden sein.

Große Resonanz

„Die Resonanz der Nutzer übertrifft unsere Erwartungen. Wir gewinnen jede Woche weitere Selbstscanner hinzu“, sagte Rewe-Vertriebsvorstand Peter Maly vor Kurzem. Nicht primär junge und technikaffine Menschen würden zu den Handscannern greifen oder die Handy-App nutzen, sondern Stammkunden. Denn die Handhabung sei kinderleicht.

Penny-Verkaufsleiter Dominik Gongoll präsentierte Scan&Go 2020. Andere Ketten ziehen nach.
Penny-Verkaufsleiter Dominik Gongoll präsentierte Scan&Go 2020. Andere Ketten ziehen nach. © Unbekannt | Marcelo Hernandez

In der Filiale im AEZ bestätigt sich diese Einschätzung. Griff zum Kühlregal, Tür auf, ein Liter Milch wandert in den roten Einkaufskorb. Der Handscanner wird in Richtung des Strichcodes gehalten, ein Knopf gedrückt und schon wird das Produkt erfasst und landet auf dem Display. Weitere Artikel werden in den Korb gelegt und ohne Probleme erfasst. Dabei haben die Kunden stets einen Überblick über die Kosten, denn die bisher gebuchte Gesamtsumme wird nach jeder Erfassung eines Artikels aktualisiert und angezeigt.

Corona hat auch eine Rolle gespielt

Die Kundschaft werde immer selbstständiger beim Einkaufen, meint das Beratungsunternehmen EHI Retail Institute. Deshalb erfreue sich das Selbstscannen der Waren und abschließende Selbstzahlen wachsender Beliebtheit. „Daran hat auch Corona mitgewirkt, denn den Kassierprozess selbst vorzunehmen, korrespondiert gut mit den zurzeit nötigen Hygienemaßnahmen“, stellten die Kölner Berater fest.

Diese Einschätzung teilt man bei der Rewe-Tochter Penny. „Speziell zu Beginn der Pandemie, als es noch viel Unkenntnis über Infektionswege gab, stieg die Nutzung vom Self-Scanning deutlich“, sagte Penny-Sprecher Andreas Krämer dem Abendblatt. Auch das bargeldlose Zahlen nehme zu. Der Discounter ist schon eine Spur weiter als die Konzernschwester.

Mitte vergangenen Jahres führte Penny Scan&Go per App in 111 Filialen ein – darunter sind welche in Poppenbüttel, Curslack, Stelle und Seevetal. Mit den Erfahrungen sei man „sehr zufrieden“. Weil während der Pandemie die Versorgungssicherheit der Bevölkerung im Fokus gestanden habe, sei das Ausrollen etwas gebremst worden, sagte Krämer und ergänzte: „Wir werden die Anzahl weiter steigern.“

Noch keine flächendeckende Einführung

 Von einer flächendeckenden Einführung ist man aber noch weit entfernt. Penny betreibt rund 2200 Läden in Deutschland, Rewe mehr als 3600. Eine bundesweite Verfügbarkeit sei kurzfristig nicht geplant, heißt es auch bei Rewe.

Im Bereich „Smart Shopping“, wie es in der Fachsprache heißt, aktiv ist auch Deutschlands größter Lebensmittelhändler. Edeka entwickelte die App Scan & Go inklusive integrierter Bezahlfunktion. Die Kunden scannen also mit ihrem Mobilfunkgerät die Waren, erhalten Hinweise auf Gutscheincoupons und können den Einkauf im Anschluss auch mobil bezahlen. Ist die Zahlung erfolgt, erhalten sie einen QR-Code aufs Handy. Mit diesem können sie den Markt durch einen speziellen Ausgang für Scan & Go-Kunden verlassen – das Anstellen an der Kasse wird umgangen.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

In den vergangenen Monaten sei die Technik erfolgreich getestet und seitdem Schritt für Schritt ausgerollt worden, sagte eine Edeka-Sprecherin. Waren es im vergangenen Sommer erst drei Pilotmärkte im Norden mit dem Service, seien es nun 16 Filialen. In Hamburg gehörten die Geschäfte von Hirche (Altona) und Volker Klein im Elbe-Einkaufszentrum sowie das Edeka-Center Harburg dazu. „Die Erfahrungen mit dieser neuen Funktion in der App sind durchweg positiv – bei Kunden wie bei Kaufleuten“, so die Sprecherin.

Keine Wartezeit mehr an der Ladenkasse

Zur Zufriedenheit der Geschäftsinhaber dürfte auch beitragen, dass die mobile Technik offenbar nicht von Langfingern ausgenutzt wird. „An den Self-Check-out-Stationen oder beim mobilen Self-Scanning beobachten die allermeisten Handelsunternehmen keine erhöhten Diebstähle“, sagte Frank Horst, der für das EHI Retail Institute eine Studie dazu erstellte.

85 Prozent der befragten Unternehmen hätten angegeben, bei der Inventur keine erhöhten Fehlbestände festgestellt zu haben als vor Einführung der Technik. Unter den Filialisten mit dem Service hätten sogar 40 Prozent geringere Inventurdifferenzen gehabt als im Schnitt des Konzerns.

Rewe stellt für die Kunden sogenannte
Handscanner bereit.
Rewe stellt für die Kunden sogenannte Handscanner bereit. © Unbekannt | REWE Group

Wer bei Rewe mit Scanner oder Handy-App einkaufen will, braucht allerdings die Payback-Karte. Sie diene als Sicherung gegen Betrug und Diebstahl, sagte Rewe-Sprecher Bonrath: „Wenn das System feststellt, dass der Verbraucher an einem Tag bereits dreimal einkaufen war, wird automatisch eine Kon­trolle integriert, um die Anzahl der Artikel zu prüfen.“ Der Kunde bleibe bei der Nutzung von Scan&Go aus Datenschutzgründen aber anonym.

Lesen Sie auch:

Der Einkauf in der Filiale am AEZ ist nun abgeschlossen. Mit den Waren im Korb geht es zum Ausgang. Wartezeit an den Kassen für Selbstscanner: keine. Das Lästige aufs Band legen der Artikel und folgende Wiedereinsammeln entfällt. Mit dem Handscanner wird ein Code auf dem Bildschirm der Kasse erfasst, im Anschluss wird er in eine Halterung an der Wand gehängt und später desinfiziert.

Der Betrag erscheint auf dem Kassendisplay. Bei der Bezahlung kann man zwischen Bargeld, Giro- oder Kreditkarte wählen. Karte vorhalten, Betrag abgebucht – fertig. Übrigens mit einem Rabatt: Auf die ersten drei Einkäufe mit Scan & Go gewährt Rewe fünf Prozent Nachlass.