Hamburg. Auto-Premiere in Hamburg: Der Polestar Precept wurde zunächst nur als Zukunftsvision entwickelt – und erinnert an Science-Fiction.

Kult-Möbel von Arne Jacobsen, Schmuck von Georg Jensen: Skandinavien ist für sein Design in aller Welt bekannt. Nun soll der Polestar Precept neue Maßstäbe bei der Form eines Fahrzeugs setzen.

Das Auto aus dem Hause Volvo, das bundesweit jetzt erstmals in Hamburg vorgestellt wird, wirkt wie das Gefährt von Aliens aus einem Science-Fiction-Film: Mit Fronthaube samt integriertem Flügel für die Aerodynamik, einem markanten Leuchtband am Hinterteil und einem riesigen Bildschirm im ansonsten minimalistischen Cockpit. Die Türen schwingen nach vorne und hinten auf, eine Kamera ersetzt die Seitenspiegel und ein neuartiges Radar auf dem Dach kommuniziert mit anderen Fahrzeugen - ein Schritt in Richtung autonomes Fahren.

Auto-Premiere in Hamburg: Polestar war erst Zukunftsvision

Tatsächlich wurde der Polestar zunächst als Zukunftsvision entwickelt, Precept bedeutet so viel wie Absichtserklärung. Und ursprünglich sollte das Fahrzeug auf dem Genfer Autosalon präsentiert werden, doch die Branchenshow wurde aufgrund der Pandemie abgesagt. Aufgrund der positiven Resonanz von Marktbeobachtern und Kunden auf die dann virtuelle Premiere hat der Anbieter nun entschieden, mit dem vollelektrischen Gran Tourer in Serienproduktion zu gehen. Die genauen Daten und Zahlen dafür gibt der Hersteller, der in China fertigt, bisher aber nicht heraus.

Doch eines ist schon jetzt klar: Der neue Polestar (englisch für Polarstern) soll die Zukunft zeigen. Nicht nur hinsichtlich des Designs, sondern auch bei Technologie und Nachhaltigkeit. So entwickelt der Anbieter seine Kooperation mit Google weiter und setzt zum Beispiel auf Eye Tracking, das heißt, dass ein  Sensor die Augenbewegungen des Fahrers verfolgt und die Displays im Fahrzeug entsprechend angepasst werden. Im Innenraum werden nur noch natürliche, recycelte und nachhaltige Materialien zum Einsatz kommen: Die Verkleidung ist aus Flachs hergestellt, auch Kork, alte Fischernetze und PET-Flaschen sind verbaut, dennoch wirkt das Interieur sehr wertig.

Polestar setzt auf Eye Tracking

Wer steht hinter dem Modell? Polestar ist eine unabhängige schwedische Automarke für Elektro-Fahrzeuge im Premium-Segment, die 2017 von Volvo Cars und der chinesischen Geely Holding gegründet wurde. Volvo arbeitet bereits seit 2010 mit seiner Pkw-Sparte unter dem Dach von Geely.

Globaler Chef von Polestar ist der Deutsche Thomas Ingenlath. Der Krefelder ist bekannt als einer der führenden Designer der Autoindustrie. Das Unternehmen mit Hauptsitz im schwedischen Göteborg hat für die Präsentation am Dienstag auch wegen der Nähe Hamburgs zu Skandinavien ein Studio in Winterhude gewählt. Und mit der Hansestadt auch einen Ort, der eine führende Rolle bei batteriebetriebenen Fahrzeugen spielt, sagt Sprecherin Anna Wesoloswki. „Hamburg gilt schon lange als Vorreiter in Deutschland beim Thema Elektromobilität.“

Branchenbeobachter bewerten den Neuzugang am Automarkt als ernstzunehmende Konkurrenz für die Großen der Branche. „Der Polestar Precept ist ein wichtiges Fahrzeug und in seiner Verarbeitungsqualität erheblich besser als alle Tesla-Modelle“, sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. Polestar stehe im Wettbewerb zu Mercedes, Audi und BMW und natürlich auch zu Tesla, ordnet der Direktor des Center Automotive Research die Marke ein. „Von der Batterie-Technik und der Software dürfte Tesla noch einen leichten Vorsprung haben. Bei der Hochwertigkeit punktet aber klar Polestar“, ergänzt Dudenhöffer.

Hamburg gilt als "Vorreiter" beim Thema Elektromobilität

Fahrzeuge von Polestar sind bereits verfügbar in Europa, Nordamerika und China. Der Polestar 1 ist ein in Kleinserie gefertigtes Hybrid-Fahrzeug mit einer Karbonfaserkarosserie, 609 PS und einer rein elektrischen Reichweite von 124 Kilometern, der Preis erreicht knapp 150.000 Euro. Polestar 2 ist das erste vollelektrische Volumenmodell des Unternehmens.

Die 2020 vorgestellte  Fließheck-Limousine schafft  470 Kilometer kombinierte Reichweite, sie kostet zwischen 40.000 und 60.000 Euro und rollt an Alster und Elbe schon hier und da durch die Straßen. Für 2022 plant Polestar einen SUV, vermutlich erst danach soll das jetzt in Hamburg präsentierte Modell verfügbar sein und beim Preis wohl die 100.000 Euro knacken. 

Lesen Sie auch:

Branchenbeobachter bewerten den Neuzugang als Konkurrenz

Damit wird die Reihe der sehr ernstzunehmenden Wettbewerber zu Tesla größer und größer“, bewertet Dudenhöffer. Neben Porsche, Audi und Mercedes erobere Polestar in Zukunft stärker den Markt für Elektroautos. Darüber hinaus wagten sich chinesische Start-ups in die Branche. „Der wichtigste ist NIO, der jetzt in Norwegen startet und bald auch in Deutschland sein wird. NIO ist schon seit gut zwölf Monaten in China unterwegs und kostet Tesla in der Volksrepublik Kunden“, sagt Dudenhöffer über die Firma mit Sitz in Shanghai.

Polestar vertreibt seine Fahrzeuge ausschließlich über den Online-Direkt-Vertrieb und kombiniert diesen mit sogenannten Spaces – Showrooms, in  denen Kunden das Fahrzeug „erleben“ sollen. Einer der sieben Spaces in Deutschland wurde im Frühjahr in Hamburg eröffnet. Polestar hat sich hier in Bestlage angesiedelt, am Standort Hohe Bleichen 8 in der City. Zumindest virtuell können sich die Kunden dort den Polestar Precept schon jetzt ansehen.