Hamburg. Mehr Rente als Gehalt für Pensionäre – Schmidt-Trenz hatte Deckelung veranlasst, äußert sich aber nicht zu seinen aktuellen Bezügen.
Die Zeiten für Hamburgs Wirtschaft sind hart, das gilt auch für die Handelskammer. Weil die Unternehmen in der Corona-Krise weniger verdienen, sinken deren Beiträge an die Institution am Adolphsplatz. Die Kammer muss ihr Geld zusammenhalten. Schützenhilfe erhält sie dazu nun aus Erfurt vom Bundesarbeitsgericht.
Dort sind viele Rentner der Kammer in einem jahrelangen Rechtsstreit unterlegen. Die ehemaligen Kammerbeschäftigten hatten ihren alten Arbeitgeber verklagt, weil er ihnen die Versorgungsbezüge gekappt hatte. Das Bundesarbeitsgericht hat jetzt entschieden, dass diese Kappung zurecht erfolgte. Es spricht sogar von einer „Überversorgung“, die die Pensionäre der Kammer bisher genossen haben.
Handelskammer: Betriebsrente liegt inzwischen über Bruttogehalt
Diese konnten sich bisher über üppige Einkünfte freuen – auch in Zeiten, in denen es der Kammer finanziell schlecht ging. Allein das Management der Geschäftsführer-Riege umfasste mehr als 50 Personen mitsamt den Abteilungsleitern. Bruttogehälter zwischen 100.000 und 150.000 Euro im Jahr waren die Regel. Entsprechend hoch waren die Pensionen. Einer alten Regelung zufolge bekamen die ausgeschiedenen Mitarbeiter 75 Prozent des zuletzt bezogenen Bruttogehalts unter Anrechnung der gesetzlichen Rente.
Zusätzlich wurde aber der Gesamtversorgungsbetrag der Erhöhung der Tarifgehälter angepasst. Anders ausgedrückt: Von tariflichen Anhebungen der Gehälter profitierten auch die Pensionäre. Das führte dazu, dass deren Versorgung mittlerweile nicht mehr bei 75 Prozent liegt, sondern bei 110 bis 120 Prozent. Sie bekommen monatlich mehr Rente, als ihnen zu ihrer aktiven Zeit netto ausgezahlt worden war.
Pensionsverpflichtungen belaufen sich auf 96 Millionen Euro
Das gilt für Kammermitarbeiter, deren Verträge vor 1994 abgeschlossen wurden: Dabei handelt es sich um 172 Rentner und 56 weitere Mitarbeiter, die aktuell noch im aktiven Dienst sind.
Ihre Verträge sind die Hauptlast der riesigen Pensionsverpflichtungen, die auf der Kammer lasten. Ende 2020 werden sie 96 Millionen Euro betragen. Eine schwere Last für ein Haus, das allein im vergangenen Jahr ein Minus von 5,3 Millionen Euro erwirtschaftet hat. Mehr als 20 Prozent der Einkünfte der Handelskammer gehen derzeit für die Bedienung der Renten drauf. „Natürlich stellen die Pensionsrückstellungen eine enorme Belastung für die Kammerfinanzen dar, vor allem durch die lange Niedrigzinsphase. Die gegebenen Versorgungszusagen liegen weit in der Vergangenheit. Sie stellen eine Tatsache dar, mit der wir umgehen müssen, was wir verantwortungsvoll tun“, sagt dazu Astrid Nissen-Schmidt, Vizepräses und Vorsitzende des Finanzausschusses der Kammer.
Rentner scheitern in allen Instanzen – Handelskammer kann Risikorücklagen auflösen
Bereits 2016 hatte die Kammer auf die Überversorgung reagiert und die Ruhegelder durch eine so genannte Nettolimitierung gedeckelt. Zudem wurden die Steigerungen in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr angerechnet. Die Rentner klagten dagegen vor dem Arbeitsgericht. Dort unterlagen sie, ebenso in der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht und schließlich jetzt vor dem Bundesarbeitsgericht. Die Richter begründeten die Deckelung der Renten mit dem gesetzlichen „Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung des öffentlichen Dienstes“.
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Für die Kammer bedeutet das Urteil, dass sie Risiko-Rücklagen, die sie für den Fall eines negativen Gerichtsurteils gebildet hat, auflösen kann. Mit dem gesetzlichen Rentenanteil geht es um knapp 18 Millionen Euro, die den Rentnern nun entgehen. „Ich möchte betonen, dass die Eingriffe in die Versorgungswerke der Handelskammer, die das Bundesarbeitsgericht jetzt bestätigt hat, ein bedeutender Sparbeitrag der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Handelskammer sind“, so Nissen-Schmidt.
Schmidt-Trenz hatte Deckelung veranlasst – spricht aber nicht über seine Betriebsrente
Veranlasst hatte die Deckelung der Pensionen der ehemalige Hauptgeschäftsführer, Hans-Jörg Schmidt-Trenz. Bekanntlich verdiente er 370.000 Euro an Grundbetrag plus zunächst 105.000, später dann 130.000 Euro Bonuszahlung. So steht es auch in den Jahresberichten der Kammer. Seine Pensionsansprüche werden nicht quantifiziert. „Ich habe im Einvernehmen mit dem damaligen Präsidium beginnend ab dem Jahresbericht 2014 in außergewöhnlich umfangreicher Weise meine Anstellungsbedingungen offengelegt. Dem öffentlichen Interesse daran ist damit genüge getan, und ich habe dem nichts hinzuzufügen“, sagte er dem Abendblatt.
Schmidt-Trenz will sich also nicht konkret zur Höhe seiner Betriebsrente äußern. Deren Berechnung erfolgt nach Abendblatt-Informationen individuell und wird nicht nach der umstrittenen Versorgungsordnung gewährt. Der jetzige Hauptgeschäftsführer, Malte Heyne, dessen Jahresgage sich sich auf 190.000 Euro plus einer Prämie von bis zu 35.000 Euro beläuft, blickt derweil nach vorne „Ich konzentriere mich auf die Entwicklung der Hamburger Wirtschaft, unser Zukunftsprojekt Hamburg 2040 und vor allem die Unterstützung unserer Mitgliedsunternehmen in dieser extrem schweren Zeit.“ Die Zeit der großen Pensionszusagen in der Handelskammer sei vorbei. „An Debatten der Vergangenheit beteilige ich mich nicht. Für meine Altersvorsorge sorge ich selbst.“