Hamburg. HHLA steht in Verhandlungen über Beteiligung einer Tochterfirma der größten chinesischen Reederei Cosco an einem Hafenterminal.

 Die Nachricht kam am späten Freitagmittag, und sie verbreitete sich in Windeseile in der Hansestadt: Die HHLA lässt die Chinesen in den Hamburger Hafen. In einer Ad-hoc-Meldung verbreitete die Hamburger Hafen und Logistik AG, dass sie Gespräche mit der Cosco Shipping Ports Limited über eine strategische Minderheitsbeteiligung am Hamburger Containerterminal Tollerort (CTT) führe, der sich zu 100 Prozent im Besitz der HHLA befindet. Bei der Cosco Shipping Ports Limited handelt es sich um eine in Hongkong notierte Tochtergesellschaft der chinesischen Staatsreederei Cosco Shipping Lines.

Vor allem in den Hafenkontoren sorgte diese Nachricht für Aufregung. Bisher war Hamburgs Hafen bei der Öffnung für Außenstehende äußerst restriktiv. Nur Hamburgs Traditionsreederei Hapag-Lloyd hat eine Beteiligung von 25 Prozent am Containerterminal Altenwerder. Jetzt soll erstmals ein ausländischer Investor Zugang zu Hamburgs Hafenumschlag erhalten, und dann sogar ein chinesischer.

HHLA betreibt in Hamburg drei Containerterminals

Die HHLA betreibt im Hamburger Hafen drei Containerterminals. Neben Tollerort sind dies die Containerterminals Burchardkai (CTB) und Altenwerder (CTA). Tollerort ist der kleinste der drei. Dort werden jährlich rund 1,2 Millionen 20-Fuß-Standardcontainer (TEU) umgeschlagen. Die Reederei Cosco ist seit 40 Jahren fester Kunde des Umschlagsbetriebs, der im Vorhafen gegenüber der Werft Blohm + Voss liegt.

Wie die HHLA in der Mitteilung erklärte, verspricht sie sich durch die Beteiligung „eine Stärkung der Kundenbeziehung mit dem chinesischen Partner sowie eine nachhaltige Planungssicherheit für das Containerterminal Tollerort, um Menge und Beschäftigung im Hamburger Hafen zu sichern“. Der CTT solle aber auch in Zukunft für weitere Reedereien offenstehen.

Abschluss in diesem Jahr geplant

Nach Information des Abendblatts sind die Gespräche weit fortgeschritten und sollen noch in diesem Jahr zu einem Abschluss führen. Die Chinesen sollen an dem Hafenterminal mehr als 25 Prozent, aber weniger als 50 Prozent der Anteile erhalten. Aus Kreisen hieß es, dass es um 30 bis 35 Prozent gehe.

Terminalbeteiligungen sind sowohl für Reedereien wie auch für die Hafenunternehmen von Vorteil: Die Schifffahrtsunternehmen wissen, dass sie an den eigenen Terminals bevorzugt behandelt werden. Die Schiffe werden schneller abgefertigt, die Ladung rasch aus dem Hafen heraus zum Kunden gebracht. Die Terminalbetreiber verlassen sich wiederum darauf, dass die Reedereien darum bemüht sind, ihre eigenen Terminals möglichst gut auszulasten, weil sonst keine Gewinne fließen.

Hamburgs Hafen in Wirtschaftskrise ein

Was in anderen europäischen Häfen eine Normalität ist, war aber bisher in Hamburg eine Besonderheit: Jahrzehntelang folgte die Senatspolitik dem Grundsatz, dass der Hafen allen Reedereien auf der Welt zu gleichen Bedingungen offenstehen müsse. Das lief gut, solange der Hafen wuchs und die Schiffe immer mehr Ladung die Elbe hinaufbrachten. In der Wirtschaftskrise ab 2008 brach Hamburgs Hafen besonders ein. Und es zeigte sich, dass diejenigen Häfen am wenigsten unter Mengenrückgängen litten, die Beteiligungsverträge mit Reedereien geschnürt hatten.

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In der Folge breitete sich die Strategie der „dedicated Terminals“ aus.  Befeuert wurde diese Entwicklung durch das Bestreben der Reedereien, nicht mehr nur der Lastesel auf See zu sein, sondern mehr Einfluss auf die gesamte Logistikkette zu gewinnen – allen voran der dänische Branchenprimus Maersk. Auch die  französische Reederei CMA CGM hatte sich bei der HHLA um eine Beteiligung  bemüht. Bei einem Besuch von Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) im Marseille vor drei Jahren gab es erste Vorgespräche – aus denen später nichts wurde. Die HHLA wie auch mit 68 Prozent ihr Hauptanteilseigner, die Stadt Hamburg, drängten darauf, das Zepter im Hafen immer in der Hand zu behalten.

Hafenexperte spricht von „strategischer Beteiligung"

Doch die Not, in der die HHLA durch den extrem harten Wettbewerbsdruck von den Konkurrenzhäfen Rotterdam und Antwerpen geraten ist, die dem Hamburger Hafen praktisch Monat für Monat Wettbewerbsanteile abjagen, hat nun wohl zu einem Umdenken geführt.

„Das ist keine Reederbeteiligung, sondern eine strategische Beteiligung eines Terminalbetreibers. Damit stellt sich die Frage: Welche Strategie steht dahinter? Wird damit wirklich mehr Ladung für Hamburg geschaffen?“, fragt sich Norbert Hackbusch, Hafenexperte der Linksfraktion in der Bürgerschaft.

Einstieg der Chinesen in Hamburg bisher nicht gewollt

Hinzu kommt, dass es sich beim ausgewählten Partner um ein chinesisches Unternehmen handelt, das einer staatlich gelenkten Expansionspolitik folgt.  Fakt ist, dass Cosco und die Schwesterfirma China Merchant bereits in 14 europäischen Häfen eigene Terminals oder Anteile an Hafengesellschaften besitzen. Zuletzt hieß es, dass Cosco auch um polnische Häfen buhlen würde.

Die Betriebsräte der Hamburger Hafenunternehmen hatten mit Blick auf den Expansionsdrang bisher immer vor einem Einstieg der Chinesen in Hamburg gewarnt, sogar mit Streiks gedroht. Angesichts der Not bei der HHLA klingt das jetzt nicht mehr so kämpferisch. „Wenn die Partnerschaft tatsächlich dazu führen sollte, mehr Ladungsmengen nach Hamburg zu holen, wäre das gut. Die Interessen unserer Hafenarbeiter müssen aber gewahrt bleiben“, sagte HHLA-Konzernbetriebsratschef Norbert Paulsen dem Abendblatt. Ein Arbeitsplatzabbau werde aber nicht akzeptiert.

Hamburgs Wirtschaftssenator: „Das ist eine gute Nachricht"

Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) klang hingegen geradezu euphorisch: „Das ist eine gute Nachricht für Hamburg und den Wirtschaftsstandort Deutschland insgesamt. Solch eine Kooperation würde die traditionell sehr guten wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen Hamburg und China vertiefen.“  Er freue sich über das starke Bekenntnis der chinesischen Partner zu Hamburg. „Das bietet uns ein erhebliches strategisches Potenzial, mit dem wir Warenströme aus China an unseren Hafen binden und den maritimen Standort insgesamt festigen können.“