Hamburg. Was planen Otto, Beiersdorf, Philips & Co für den Arbeitsalltag nach der Pandemie? Und was wollen die Jobbewerber?

Was im Frühjahr 2020 mit einer teils überstürzten Flucht aus den Büros begann, ist mittlerweile zur neuen Normalität geworden. Ein Teil der Beschäftigten arbeitet zeitweise nicht an am Schreibtisch im Büro, sondern zu Hause. Längst gilt als gesicherte Erkenntnis, dass das auch nach einem Ende der Pandemie sehr viel häufiger der Fall sein wird.

Corona hat die Arbeitswelt und den Arbeitsalltag vieler Beschäftigter so stark und dauerhaft verändert wie kein anderes Ereignis in den vergangenen Jahrzehnten. Das Abendblatt hat große Hamburger Firmen gefragt, wie sich das auf die Anwerbung neuer Beschäftigter auswirkt – und was Bewerberinnen und Bewerber heute in Sachen Homeoffice vom künftigen Arbeitgeber erwarten. In diesem Punkt machen die meisten Firmen gerade die gleiche Erfahrung. Zwei Tage in der Woche Arbeit fern vom Büro sollen es möglichst schon sein.

Homeoffice in Hamburg: HHLA

Beim Hamburger Hafenkonzern war Homeoffice vor zwei Jahren noch kein großes Thema. In Stellenausschreibungen habe die HHLA 2019 noch gar nicht darauf hingewiesen, dass die Arbeit zumindest zeitweise außerhalb des Büros erledigt werden kann, sagt Unternehmenssprecherin Annette Krüger. Das hat sich gründlich geändert: „Bei circa 50 Prozent der Ausschreibungen im Konzern weisen wir aktiv auf die Möglichkeit hin, mobil arbeiten zu können“, sagt Krüger.

Das Unternehmen verspricht sich Vorteile bei der Suche nach neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. „Wir sprechen damit einen höheren Anteil an Talenten an und stärken die Attraktivität der HHLA als Arbeitgeber“, heißt es. Von Bewerbern werde vermehrt Wert auf die Möglichkeit gelegt, zeitweise mobil zu arbeiten. Etwa die Hälfte wolle das.

Homeoffice in Hamburg: New Work

Als sich der Betreiber des Karrierenetzwerks Xing Mitte 2019 in „New Work SE“ umbenannte, löste das Stirnrunzeln aus. Inzwischen kann der Namenswechsel als genialer Glücksgriff gelten. New Work ist international zum Synonym für eine neue Arbeitswelt nach Corona geworden. Angesichts dessen ist das Unternehmen mit annähernd 1000 Beschäftigten in Hamburg, die demnächst in der HafenCity zusammengezogen werden, zurückhaltend in seinen Stellenausschreibungen.

„Homeoffice wird nicht explizit ausgeschrieben“, sagt Sprecher Christoph Stanek. Grundsätzlich sei es bei New Work auf fast allen Stellen möglich, die Arbeit zeitweise von zu Hause oder an einem anderen Ort in Deutschland zu erledigen. In welchem Umfang, das werde zwischen Führungskraft, der oder dem neuen Beschäftigten und dem Team abgesprochen. Mehr als die Hälfte der Arbeitszeit aber eher nicht. Stanek: „Wir haben eine 50:50-Policy.“

Homeoffice in Hamburg: Jungheinrich

Der Gabelstaplerbauer mit gut 1000 Beschäftigten in der Hamburger Konzernzentrale gehört zu den Unternehmen, die noch an ihren Leitlinien für die Arbeit der Zukunft arbeiten. „Auf Basis der guten Erfahrungen, die wir mit dem Arbeiten im Homeoffice gemacht haben, hat der Konzern das Programm Future of Work@Jungheinrich ins Leben gerufen.

Das Ziel ist, die Rahmenbedingungen für die mobile und virtuelle Zusammenarbeit im Konzern zu definieren“, sagt Unternehmenssprecher Benedikt Nufer. Dass da Handlungsbedarf besteht, weiß die Personalabteilung aus Bewerbungsgesprächen. „Wir stellen fest, dass das Interesse an Homeoffice-Angeboten gestiegen ist“, heißt es.

Homeoffice in Hamburg: Hapag-Lloyd

Traditionsreederei ist ein gern genutztes Synonym für Hapag-Lloyd. Das Schifffahrtsunternehmen fährt auch bei der Anwerbung neuer Beschäftigter einen Kurs wie vor Corona – und weist nicht explizit auf die Möglichkeit des Homeoffice hin.

In Bewerbungsgesprächen teile das Unternehmen aber mit, dass Beschäftigte wegen der Pandemie zu Hause arbeiten könnten, heißt es. Der Eindruck sei, dass jetzt mehr Bewerberinnen und Bewerber als noch vor zwei Jahren sich nach Möglichkeiten für Homeoffice erkundigen würden.

Homeoffice in Hamburg: Beiersdorf

„Wir weisen seit einiger Zeit in allen unseren externen Ausschreibungen auf die Homeoffice-Option hin“, sagt eine Sprecherin des Nivea-Herstellers. „Das ist mittlerweile Standard und entspricht den Erwartungen im Markt.“ Bewerberinnen und Bewerber wünschten sich zumeist zwischen zwei und vier Tage Homeoffice pro Woche. Was und wie viel geht bei der Arbeit außerhalb des Büros, ist bei dem Nivea-Hersteller seit Ende 2020 in einer Betriebsvereinbarung festgeschrieben.

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Demnach haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren Stelle Homeoffice erlaubt, einen Anspruch darauf, 20 Prozent der Arbeitszeit mobil tätig zu sein. Möglich seien aber auch 40 Prozent und mehr – wenn es der Job zulässt. Die Sprecherin betont zugleich: „Betriebsrat und Geschäftsleitung sind sich einig, dass der Arbeitsmittelpunkt weiter im Betrieb und auf dem Beiersdorf-Gelände verbleiben soll.“

Homeoffice in Hamburg: Hanse Merkur

Bei der Versicherung mit etwa 1500 Beschäftigten taucht das Wort „Homeoffice“ in Stellenausschreibungen nicht auf. „Natürlich wird Homeoffice in vielen Bewerbergesprächen aber thematisiert“, heißt es bei Hanse Merkur. Und: „In diesen Gesprächen weisen wir auch darauf hin, dass wir durch eine umfassende, neue Regelung zum Thema außerbetriebliches Arbeiten auf die Zeit nach der Pandemie vorbereitet sind.“

Homeoffice: Airbus und Lufthansa Technik

Die beiden großen Luftfahrt-Unternehmen mit zusammen mehr als 20.000 Beschäftigten in Hamburg stehen wegen der von der Pandemie ausgelösten Branchenkrise derzeit vor anderen Problemen als Homeoffice-Regelungen und Mitarbeitergewinnung.

„Wir rekrutieren aktuell nicht am externen Arbeitsmarkt“, sagt Lufthansa-Technik-Sprecher Wolfgang Reinert. Und für den Flugzeugbauer Airbus sagt Sprecher Heiko Stolzke zum Thema Homeoffice knapp: „Es wird derzeit noch geprüft, wie sich das mittel- und langfristig auswirkt.“

Homeoffice in Hamburg: Haspa

Bei der Sparkasse mit rund 4700 Beschäftigten in der Hansestadt werde es auch künftig einen Mix aus Präsenz am Arbeitsplatz und mobilem Arbeiten geben, heißt es. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien kürzlich zu ihren Erfahrungen und ihren Erwartungen befragt worden. Die Ausgestaltung werde jetzt mit dem Betriebsrat abgestimmt – und künftig auch in Stellenausschreibungen ein Thema sein.

Eine Erkenntnis gibt es bereits: „Gespräche mit Bewerberinnen und Bewerbern zeigen, dass sich diese stärker als in der Vergangenheit eine Mischung aus mobilem Arbeiten und Präsenz vor Ort wünschen. Dort, wo es möglich ist, nehmen wir uns das als attraktiver Arbeitgeber natürlich zu Herzen“, sagt eine Haspa-Sprecherin.

Homeoffice in Hamburg: Olympus

Beim Medizingerätehersteller Olympus, der von seiner neuen Zentrale in Hammerbrook aus die Geschäfte in Europa, dem Mittleren Osten und in Afrika steuert, dürfen die Beschäftigten neuerdings bis zu 40 Prozent ihrer Arbeitszeit außerhalb des Büros verbringen. Das sei bei einem Großteil der in Deutschland ausgeschriebenen Stellen der Fall, heißt es, und das stehe so auch in der Jobbeschreibung.

„Die Details zur individuellen Position werden aber im Vorstellungsgespräch erläutert“, sagt Unternehmenssprecherin Claudia Schanz. Olympus verspricht sich eine höhere Attraktivität als Arbeitgeber – und Kontakt zu Bewerbern, die ohne Homeoffice-Angebot nicht interessiert wären an dem Job. Insbesondere jüngere Bewerberinnen und Bewerbern und solche mit einem längeren Arbeitsweg fragten gezielt zum Thema mobiles Arbeiten, sagt Schanz. Und sie hätten die Erwartung, dass das möglich sei.

Homeoffice in Hamburg: Freenet

Noch vor zwei Jahren war mobiles Arbeiten beim Telekommunikationsanbieter Freenet eher eine Ausnahme. Vorstandschef Christoph Vilanek hatte erst kürzlich in einem Abendblatt-Interview erklärt, warum er die gut 400 Beschäftigten der Konzernzentrale am liebsten im Büro sehe – aber mobiles Arbeiten jetzt trotzdem stärker ermögliche.

In Stellenanzeigen weist Freenet nun ausdrücklich auf eine gewisse Flexibilität bei der Wahl des Arbeitsortes hin. „Einem Teil der von uns gesuchten Zielgruppen ist das sehr wichtig. Um für diese Zielgruppen attraktiv zu sein, weisen wir in unseren Ausschreibungen auf Flexibilität hin“, sagt eine Unternehmenssprecherin. Mobiles Arbeiten spiele in vielen Vorstellungsgesprächen jetzt eine größere Rolle.

Homeoffice in Hamburg: Signal Iduna

In fast allen Stellenausschreibungen der Hamburger Versicherung stehen in der Rubrik „Das bieten wir“ jetzt unter anderem die Worte „Eine flexible Gestaltung der Arbeitszeit und eine technische Ausstattung, die mobiles Arbeiten möglich macht.“ Einzige Ausnahme sind die Jobs, die eine Anwesenheit im Büro zwingend erfordern. Und: Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer müssen das wollen.

Teilweise werden für Beschäftigte sogar komplette Arbeitsplätze daheim eingerichtet. „Wir versprechen uns eine höhere Attraktivität als Arbeitgeber für das ,Finden und Binden‘ qualifizierter Mitarbeitender“, erklärt das Unternehmen. Und kommt damit den Interessen vieler Beschäftigter sowie Bewerberinnen und Bewerbern entgegen. Die jüngsten Erfahrungen zeigen: „Mobiles Arbeiten wird von vielen geradezu zur Voraussetzung gemacht. Wir schätzen den Anteil auf 90 Prozent.“

Homeoffice in Hamburg: Otto

„Fast alle Bewerberinnen wünschen grundsätzlich die Möglichkeit, auch mobil arbeiten zu können. Sie sagen uns das ganz konkret“, sagt Otto-Sprecher Ingo Bertram. Der Onlinehändler weise mittlerweile in fast allen Stellenausschreibungen darauf hin, dass Homeoffice möglich sei. Otto verspreche sich davon Wettbewerbsvorteile bei der Rekrutierung neuer Beschäftigter.

Insbesondere Beschäftigte in den IT-Abteilungen legen großen Wert auf flexible Arbeitsplatzwahl. Und sie drängt es auch eher selten ins Büro. Bertram sagt: „Bewerberinnen und Bewerber auf Tech-Stellen wünschen sich teilweise mehr als zwei bis drei Tage pro Woche.“

Homeoffice in Hamburg: Lichtblick

Der Ökoenergie-Anbieter ist wohl das große Unternehmen in Hamburg, das seinen Beschäftigten jetzt die größten Freiheiten bei der Wahl des Arbeitsortes gibt. Sie dürfen den Job erledigen, wo sie wollen, und müssen höchstens zwei Tage pro Woche im Büro am Zirkusweg sein – wenn das Team das so entschieden hat. Geschäftsführer Constantin Eis sagt über die Vorteile für die Beschäftigten: „Sie können ihren Alltag so frei wie möglich gestalten. Wir wissen: Selbstverantwortung motiviert. Als Unternehmen bieten wir damit für noch mehr hochqualifizierte Menschen ein attraktives Umfeld – das macht uns als Arbeitgeber interessanter.“

Homeoffice in Hamburg: Philips

„Unsere Stellenausschreibungen für Bürofunktionen enthalten seit 2020 Hinweise darauf, dass Arbeit von zu Hause aus bei uns möglich ist“, sagt Thomas Piehler, Arbeitsdirektor des Medizingeräteherstellers Philips. Von fast allen Bewerberinnen und Bewerbern werde die Frage nach mobiler Arbeit regelmäßig gestellt.

„Es wird erwartet, dass dies an ein bis zwei Tagen in der Woche möglich ist. Genau das bieten wir an“, sagt Piehler. Aus durchaus eigennützigen Gründen: „Wir hätten einen gravierenden Wettbewerbsnachteil auf dem Bewerbermarkt, wenn wir uns dem verschließen würden. Wir suchen nach Toptalenten – diese können sich den Arbeitgeber oft danach aussuchen, ob der ihren Bedürfnissen entgegenkommt.“