Hamburg. Auch Hussel und Eilles gehören zur DCH-Gruppe, die Zentrale liegt in Wahlstedt. Corona hat den Niedergang der Geschäfte beschleunigt.

Die Zentrale der DCH-Gruppe (Deutsche Confiserie Holding GmbH) liegt in Wahlstedt im Kreis Segeberg mitten im Industriegebiet. Zu dem Unternehmen gehören die auf Süßwaren, Kaffee und Tee spezialisierten Fachhändler Arko, Hussel und Eilles. Hier auf dem großen Areal wurde Arko 1948 gegründet und noch bis 2016 Kaffee geröstet. Bis heute ist hier neben dem Hauptsitz mit 85 Mitarbeitern das Zentrallager, von dem aus die Lastwagen die Filialen im gesamten Bundesgebiet beliefern.

Geschäftsführer Patrick G. Weber bittet zum exklusiven Abendblatt-Gespräch in sein Büro. An der Wand hängt eine Deutschlandkarte mit farbigen Fähnchen, die jeweils für eine der Marken stehen. Was sofort auffällt, im Norden ist Arko mit seinen Läden besonders stark vertreten. Auch Hussel unterhält hier zahlreiche Filialen, ist aber eher in der Region rund um den ehemaligen Hauptsitz in Hagen präsent. Und Eilles hat den Schwerpunkt seiner Aktivitäten in Süddeutschland.

DCH-Gruppe beantragt Insolvenz wegen Corona

Aber aktuell stellt sich die Frage, welche der mehr als 300 eigenen Filialen (135 Arko, 171 Hussel, 24 Eilles) noch eine Zukunft haben und wie viele der rund 1600 Mitarbeiter ihren Job behalten werden. Denn die DCH-Gruppe hat sich unter den Corona-Schutzschirm gestellt und am 18. Januar beim Amtsgericht Norderstedt eine Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt (wir berichteten).

Natürlich ist allen Beteiligten klar, dass es ein Weiter-wie-bisher nicht geben wird. „Jede Sanierung bedeutet in der Regel Einschnitte für das Personal und für die Filialen“, sagt Weber. Das heißt: Jeder einzelne Laden steht jetzt auf dem Prüfstand. „Es ergibt wenig Sinn, nicht profitable Standorte weiterzubetreiben“, so Weber und erzählt dann, wieso das Unternehmen in Schieflage geriet. „Eigentlich sollte die DCH-Gruppe im vergangenen Jahr zum ersten Mal eine schwarze Null schreiben, also aus der Verlustzone heraus sein. Aber dann machte uns Corona einen Strich durch die Rechnung. Die Umsätze sind massiv eingebrochen.“

Wenig Umsätze im Oster- und Weihnachtsgeschäft

Schon das Ostergeschäft vor einem Jahr fiel in die Pandemie und „wir haben rund 50 Prozent weniger Umsatz als sonst an Ostern gemacht. Dann haben wir gehofft, das Weihnachtsgeschäft wird uns retten. Aber als am 14. Dezember der Lockdown wieder verschärft wurde und die meisten Geschäfte um unsere Filialen herum schließen mussten, haben wir binnen einer Woche rund zwölf Millionen Euro verloren“, sagt Weber. Er hält einen Moment inne und ergänzt. „Es blieb uns kein anderer Ausweg, als diesen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung zu stellen. Das tut natürlich weh, aber es ist auch die einzige Chance, die DCH-Gruppe zu retten.“

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Die DCH-Gruppe hatte im Jahr 2019 noch einen Umsatz von 142 Millionen Euro erzielt, dieser schmolz dann im vergangenen Jahr auf nur noch 96 Millionen Euro. Da der Süßwarenhandel trotz des Lockdowns weiterhin geöffnet haben darf, gibt es keine finanzielle Unterstützung vom Staat.

DCH-Gruppe kaufte Arko, Eilles und Hussel

In den vergangenen Jahren hatte die DCH-Gruppe, deren Mehrheitsgesellschafter der Hannoversche Wirtschaftsprüfer Paul Morzynski ist, die drei traditionsreichen Marken aufgekauft. Zunächst 2014 Arko, dann folgten 2016 Eilles und schließlich 2018 Hussel. „Wir haben den Kauf dieser Marken als ein langfristiges Investment geplant, und wir wussten natürlich auch, dass wir in den ersten Jahren Verluste machen. Aber jetzt hatten wir die Unternehmen wirklich gut aufgestellt und die Kurve ging nach oben. Dann kam die Pandemie und der tiefe Fall“, sagt Weber.

Im Abendblatt-Gespräch spricht der Chef Klartext. Er redet nichts schön. Seit sechs Jahren steht der gebürtige Frankfurter an der Spitze des Süßwarenkonzerns. „Wir haben im Februar alle rund 300 Filialen geschlossen und in einen Winterschlaf versetzt. So konnten wir erst mal einen freien Kopf bekommen und an Plänen für die Zukunft arbeiten. Für die Mitarbeiter war das Kurzarbeitergeld gesichert, seit dem 1. März bekommen sie für drei Monate Insolvenzgeld“, sagt Weber.

Zehn Arko-Filialen in Hamburg geöffnet

Seit dem 1. März sind 220 Filialen in Deutschland – darunter auch zehn der 15 Arko-Filialen in Hamburg – wieder geöffnet. „Das war für unsere Mitarbeiter ein wichtiges Signal, dass es weitergeht. Viele arbeiten seit Jahrzehnten in den Filialen und wir sehen uns auch als eine große Familie.“ Und weiter: „Natürlich sind wir unseren treuen Kunden sehr dankbar, aber vor allem auch unseren Zulieferern. Bei denen haben wir noch Verbindlichkeiten, aber trotzdem werden wir
beliefert, weil sie an uns glauben.“

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Das Ostergeschäft lief gut, auch wenn der Umsatz deutlich unter Ostern 2019 lag – als es noch kein Corona gab. Bei Arko und Eilles sind es rund minus 30 Prozent und bei Hussel um die 50 Prozent. „Das liegt daran, dass sich zahlreiche Hussel-Standorte in Einkaufscentern befinden. Dort ist momentan die Frequenz sehr gering, weil ja fast alle anderen Geschäfte und die Gastronomie dort geschlossen haben“, sagt Weber.

Hamburger Rechtsanwälte unterstützen DCH-Gruppe

Mit an dem großen Besprechungstisch sitzt Andreas Romey aus dem Hamburger Büro der Kanzlei Eckert Rechtsanwälte. Der Jurist ist Fachanwalt für Insolvenzrecht und begleitet zusammen mit sechs weiteren Rechtsanwälten und Kaufleuten aus der Kanzlei Eckert Rechtsanwälte Weber und sein Team bei allen Sanierungsschritten.

„Der Vorteil einer Insolvenz in Eigenverwaltung ist, dass das Unternehmen weiterhin voll handlungsfähig ist. Unser Ziel ist es natürlich, das Unternehmen aus der Insolvenz zu führen. Die DCH-Gruppe stimmt all ihre Schritte mit uns ab“, sagt Romey. Als vorläufige Sachwalter wurden von dem Amtsgericht Norderstedt die Hamburger Rechtsanwälte Dietmar Penzlin und Tjark Thies eingesetzt, die die insolvenzrechtliche Aufsichts- und Kontrollpflicht über Arko, Hussel und Eilles haben.

„Wir suchen jetzt nach Investoren"

Aber wie geht es weiter? „Wir suchen jetzt nach Investoren, die als Mitgesellschafter der DCH-Gruppe eine Finanzspritze geben oder das Unternehmen komplett übernehmen, damit diese ihren Gläubigern eine angemessene Quote auf ihre Forderungen anbieten kann. Nur so kann der Fortbestand des Unternehmens gesichert werden. Aus eigener Kraft geht das bei der Höhe der Verbindlichkeiten von mehr als 30 Millionen Euro nicht“, sagt Romey.

Am 1. Juni steht die Eröffnung des Verfahrens in Eigenverwaltung durch das Amtsgericht Norderstedt an. „Wenn es keinen Investor gibt, dann muss das Unternehmen auf Sicht weitergefahren werden und muss im laufenden Geschäft schwarze Zahlen schreiben. Wenn das nicht der Fall ist, müsste das Unternehmen abgewickelt werden“, erklärt Romey. Das würde bedeuten, dass die 1600 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren. „Danach sieht es jedoch aktuell nicht aus“, so Romey weiter. Dem Vernehmen nach soll es mehrere Investoren geben, die an dem Confiserie-Imperium Interesse haben. „Wir führen vielversprechende Gespräche“, sagt Romey.

Millionenbetrag könnte Unternehmen retten

Ein alternatives Szenario könnte auch sein, dass Gesellschafter Morzynski noch einmal einen Millionenbetrag in das Unternehmen steckt und es so rettet. In diesem Fall würde den Gläubigern ein Insolvenzplan zur Entscheidung vorgelegt. Die Gläubiger hätten dann über dessen Annahme zu entscheiden, also ob dieser Insolvenzplan die beste Lösung für die Unternehmen Arko, Hussel und Eilles sowie für ihre Insolvenzforderungen darstellt.

Für Romey ist wichtig zu erwähnen: „Paul Morzynski begleitet die Unternehmen auch in der aktuellen Situation, insbesondere indem er dafür sorgte, dass dringend benötigte Darlehen in Millionenhöhe bereitgestellt wurden, um das Ostergeschäft, beziehungsweise die Beschaffung der dafür erforderlichen Waren, zu ermöglichen.“

Neue Marketingstrategie für Arko, Hussel und Eilles

Unterdessen arbeitet Weber mit der Kanzlei Eckert Rechtsanwälte an einem Insolvenzplan. „Für uns steht fest, dass wir mehr für das Image unserer Marken tun müssen. Arko, Hussel und Eilles stehen für hohe Qualität, aber sie müssen auch bei der jungen Zielgruppe ankommen. Das heißt wir setzen mehr auf Social Media und arbeiten an entsprechenden Kampagnen. Da werden wir beweisen, dass auch Kekse, Schokolade und Kaffee coole Produkte sind“, sagt Weber. Auch der Onlinehandel soll weiter ausgebaut werden.

In den vergangenen Monaten hat Weber noch mehr als sonst gearbeitet. Aber er wirkt nicht müde und sagt: „Wenn ich abends nach einem Zwölf-Stunden-Tag einen Anruf einer Mitarbeiterin aus einer Arko-Filiale bekomme, die mir mitteilt, dass die beliebten Schoko-Gelee-Bananen ausverkauft sind, dann weiß ich, dass es sich lohnt, für dieses Unternehmen zu kämpfen.“

Die AHAL-Regeln gegen Corona: So verringern sie das Ansteckungsrisiko

  • Abstand halten: Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum, und halten Sie mindestens 1,50 Meter Abstand zu anderen Personen
  • Hygiene: Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund, waschen Sie sich regelmäßig die Hände mit Seife und achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
  • Im Alltag Maske tragen: Auch wo die (erweiterte) Maskenpflicht nicht gilt, ist es empfehlenswert, sich und andere vor Ansteckung zu schützen. FFP2-Masken oder OP-Masken bieten Schutz vor Ansteckung
  • Lüften: Wenn Sie sich mit anderen Personen in einem Raum aufhalten, lüften Sie regelmäßig, um das Risiko einer erhöhten Viruskonzentration in der Raumluft zu verringen
  • Außerdem: Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an Ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden