Hamburg. Hamburger Reederei investiert Millionen und modernisiert das Arbeiten im Konzern. Dabei geht es dreimal um den Buchstaben B.
Die hohe, schwere Holztür knarzt zweimal. Dann setzt sie sich behäbig, fast widerwillig in Bewegung. Mehr als ein halbes Jahr hat sie stillgestanden. Solange war der Haupteingang der Hamburger Traditionsreederei Hapag-Lloyd am Ballindamm wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Jetzt ist die Tür für Beschäftigte und Besucher wieder geöffnet. Im Foyer gibt es gleich eine freudige Überraschung: Zwei Mitarbeiterinnen überreichen dem hereinströmenden Personal ein Willkommenspaket mit kleinen Geschenken.
Nach der langen Lockdown-Phase, während der nur fünf Prozent der Mitarbeiter am Hauptsitz des Schifffahrtsunternehmens gearbeitet hatten, erhöht das Unternehmen die Präsenzquote nun auf 30 Prozent und feiert eine Willkommensparty. 350 Mitarbeiter werden erwartet. Sie erhalten neben der Geschenketasche drei Tage lang kostenlos ihr Essen in der mit Luftballons geschmückten Kantine. Ein Fotograf macht Bilder von ihnen.
Hapag-Lloyd in Hamburg fährt neue Strategie
Im Hintergrund ist der Haupteingang auf die Wand projiziert, in goldenen Lettern steht nicht Hapag-Lloyd, sondern Welcome back (Willkommen zurück). Zudem gibt es für die Mitarbeiter Workshops zu der Frage, wie die Reederei künftig arbeiten wird. Denn eines ist jetzt schon klar: in den alten Rhythmus der Zeiten vor Corona wird Hapag-Lloyd nicht zurückkehren.
Das Management hat die Homeoffice-Phase genutzt, um eine Strategie aufzustellen, nach der bei dem Unternehmen künftig gearbeitet werden soll. Rund 1800 Mitarbeiter zählt Hapag-Lloyd allein in Hamburg – noch verteilt auf vier Standorte. Alle Büroflächen wird man wohl in Zukunft nicht mehr brauchen. „Unsere Faustregel ist, dass wir künftig mit 60 Prozent der Mitarbeiter im Büro und mit 40 Prozent im Homeoffice arbeiten wollen. Dadurch gewinnen wir natürlich Platz“, sagt Unternehmenssprecher Nils Haupt.
Hapag-Lloyd hat Mitarbeiter in 129 Ländern
Doch nicht nur die Bürobelegung, sondern die gesamte Art und Weise des Arbeitens soll moderner werden. Das lernen die Mitarbeiter in den Workshops, die übrigens nicht nur in den Hamburger Büros, sondern in der ganzen Welt abgehalten werden. Schließlich hat Hapag-Lloyd Mitarbeiter in insgesamt 129 Ländern sitzen. Im Kern geht es dabei um dreimal den Buchstaben B: „Bricks“ (Ziegelsteine) „Bites“ (Dateneinheiten) und „Behaviour“ (Verhalten).
Im ersten Fall wird besprochen, wie die Büros in den Gebäuden künftig aussehen. Im zweiten geht es um die notwendige IT-Versorgung, damit die Mitarbeiter nicht nur vom Büro aus mit dem System verbunden sind. Der dritte Aspekt zielt auf das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter ab.
Hapag-Lloyd baut Einzel- in Großraumbüros um
Allein am Hauptsitz in Hamburg nimmt Hapag-Lloyd einen zweistelligen Millionenbetrag zum Umbau in die Hand. Einzelbüros werden aufgelöst und durch große, luftige und Platz schaffende Großraumbüros ersetzt, in denen abteilungsübergreifend gearbeitet werden soll. „Die alte fensterlose Teeküche aus den 1950-er Jahren wird abgeschafft. Stattdessen bilden wir kommunikative Inseln, bei denen man sich treffen und einen Kaffee trinken kann“, sagt Haupt.
Das alte, 1903 durch den bedeutenden Reeder Albert Ballin errichtete Gebäude wird dazu in weiten Teilen umgebaut. „Wir müssen das Haus vom Anfang des 20. Jahrhunderts ins 21. Jahrhundert transformieren“, sagt Haupt. Im großen Foyer zeigt sich bereits, was der Unternehmenssprecher meint. Der altmodisch, gediegene Eingangsbereich, in dem man sich früher nur im Flüsterton unterhielt, hat sich zu einer offenen, hellen Halle gewandelt. Die alten Clubsessel mit den Wagenfeld-Lampen auf den Tischen sind verschwunden, ebenso die alten Gemälde und eine Galionsfigur an der Wand.
Hapag-Lloyd will sichtbarer in Hamburg werden
Stattdessen werfen Beamer aktuelle Schifffahrtsbilder an die Wände oder wie im Moment die Namen der neuen Auszubildenden, die Hapag-Lloyd an diesem Tag begrüßt hat. Herzstück des Foyers ist ein neues Mitarbeiter-Café, das von einem Coffee Shop namens Söhne Hamburgs betrieben wird. Nur die alte Büste von Albert Ballin ist geblieben, sowie sein Motto an der Wand: Mein Feld ist die Welt.
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Auch die beiden links und rechts vom Haupteingang sitzenden Untermieter, ein Damenbekleidungsgeschäft und die bekannte Trachtendiele müssen weichen, weil Hapag-Lloyd den Platz benötigt. Was dort entsteht, will Unternehmenssprecher Haupt noch nicht verraten. „Es wird aber etwas Öffentliches sein, das Hapag-Lloyd noch sichtbarer in der Stadt macht.“
Hamburger Reederei richtet Ausstellung ein
In der Kuppel hat das Unternehmen eine Ausstellung eingerichtet. Hier können Mitarbeiter ihre Besucher durch die Geschichte des Unternehmens führen. Sie wurde im Vorgriff auf das Jubiläum konzipiert, das Hapag-Lloyd im kommenden Jahr feiert. Am 27. Mai ist es 175 Jahre her, dass die Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft (Hapag), die Vorläuferin der heutigen Reederei, gegründet wurde.
Die Feierlichkeiten zu diesem Jubiläum sollen bereits 175 Tage vor dem Termin, also am 3. Dezember, beginnen. „Es wird verschiedene Aktionen geben“, sagt Haupt, ohne mehr zu dem Programm zu verraten.
Hapag-Lloyd erwartet 2021 hohen Gewinn
Grund zum Feiern hat die heutige Hapag-Lloyd allemal, nicht nur weil sie vor genau 13 Jahren von Hamburger Kaufleuten und der Stadt selbst vor dem Verkauf und der Zerschlagung gerettet wurde, sondern auch, weil die heute fünftgrößte Reederei der Welt zur Zeit ökonomisch geradezu fantastisch dasteht.
Nach einem Rekordjahr 2020 wird für dieses Jahr noch einmal eine deutliche Steigerung des Ergebnisses erwartet. Bereits im ersten Halbjahr war der Vorsteuergewinn (Ebitda) um 2,3 Milliarden Euro höher als im gleichen Vorjahreszeitraum ausgefallen. Was der Vorstand mit dem Geld vorhat, ist noch nicht bekannt. Während im Foyer die Welcome-back-Party steigt, sitzt er gerade zusammen. Alle vier Mitglieder sind an diesem Tag extra ins Büro gekommen.