Hamburg. Im Hamburger Umland sind die Immobilienpreise vergleichsweise niedrig. Abendblatt-Check: Welche aktuellen Projekte es gibt.

Die Neubauprojekte mit Eigentumswohnungen tragen Namen wie Heideglück, Rosenredder oder To Huus am See, sie liegen in Tostedt, Uetersen oder Tornesch vor den Toren Hamburgs. Mit Preisen zwischen 3600 Euro (Tostedt) und 4900 Euro (Tornesch) pro Quadratmeter Wohnfläche sind sie nicht wirklich günstig. Aber im Vergleich zu Neubauwohnungen in Hamburg zahlt ein Käufer immerhin rund 45 Prozent weniger.

Immer mehr Projektentwickler, die Eigentumswohnungen errichten lassen, entdecken das Hamburger Umland. In den Städten und Gemeinden vor den Toren der Hansestadt gibt es deutlich mehr bebaubare Grundstücke und sie sind auch noch vergleichsweise günstig. Bis vor einigen Jahren wurden im Umland überwiegend Einzel- oder Reihenhäuser errichtet, mittlerweile ist auch dort der sogenannte Geschosswohnungsbau, die Errichtung von Mehrfamilienhäusern mit Eigentumswohnungen, an der Tagesordnung.

Nur noch Luxus-Immobilien in Hamburg?

„Die wenigen Grundstücke in Hamburg sind inzwischen so begehrt und so teuer, dass diese Flächen fast nur noch für Luxusimmobilien infrage kommen“, sagt Norbert Schumacher, Regionalleiter Hamburg des Projektentwicklers Bonava. Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung noch verstärkt. Nun weichen Wohnungskäufer verstärkt auf das Umland aus.

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 „Das Hamburger Umland ist sehr gefragt und die Entwicklung hält an“, bestätigt Andreas Tönjes, Geschäftsführer von Sparda Immobilien aus Hamburg. Das Unternehmen vermittelt Immobilien, treibt aber in Zusammenarbeit mit Bauträgern auch eigene Objekte voran. Derzeit in Tostedt (Landkreis Harburg), wo gerade 22 Eigentumswohnungen entstehen. Die günstigste kostet knapp 190.000 Euro.

Immobilien im Hamburger Umland bezahlbar

„Im Umland können sich die Immobilienkäufer mehr Wohnfläche als in Hamburg leisten“, sagt Tönjes. Das belegt auch ein Vergleich der LBS Bausparkasse Schleswig-Holstein-Hamburg. Sie rechnet auf Basis ihres aktuellen Immobilienmarktatlas’ vor, dass ein Neubau-Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 130 Quadratmetern in Tornesch rund 430.000 Euro kostet.

In Schnelsen wären für diese Summe nur 93 neu errichtete Quadratmeter verfügbar. Diese Entwicklung zeigt sich auch bei Neubauwohnungen. Etwa in Bargteheide. Dort sind für 300.000 Euro 80 Quadratmeter Wohnfläche zu bekommen. In Rahlstedt gibt es dafür nur 60 Quadratmeter. Als Neubauten gelten für die LBS dabei Objekte, die nicht älter als drei Jahre sind.

 Corona hat Einfluss auf Neubauwohnungen

Hamburg wird ein immer teureres Pflaster. „Es ist schon verrückt, wenn man in Bramfeld für einen Neubau 7000 Euro pro Quadratmeter bezahlen muss“, sagt Tönjes. Je nach Studie liegen die durchschnittlichen Quadratmeterpreise für Neubau-Eigentumswohnungen in diesem Stadtteil zwischen 6600 Euro (LBS) und 7300 Euro (Grossmann & Berger).

Die Pandemie hat das Angebot an Neubauwohnungen im vergangenen Jahr um zehn Prozent reduziert. „Dem gegenüber steht eine ungebrochen hohe Nachfrage, da Neubauimmobilien weiter als sehr sichere Anlageform mit Wertsteigerungspotenzial gelten“, sagt Frank Stolz, Geschäftsleiter Neubau beim Maklerunternehmen Grossmann & Berger.

Goldgräberstimmung bei Immobilien

Die Folgen sind nun zunehmend im Umland zu erkennen. „Selbst in Dörfern im Lüneburger Umland entstehen Eigentumswohnungen“, sagt Tönjes. „Das wäre vor Jahren noch unmöglich gewesen. Es herrscht Goldgräberstimmung.“ Auch die Ansprüche der potenziellen Käufer steigen: Wer Wert auf eine zeitgemäße Raumaufteilung, moderne Haustechnik und Wärmedämmung sowie neue Strom- und Wasserleitungen legt, denkt über einen Neubau nach.

„Der Käufer will den höchsten technischen Standard, es ist wie bei einem neuen Auto“, sagt Karl-Heinz Schneider, Sachverständiger vom Verband der Privaten Bauherren (VPB) in Hamburg. Dank energieeffizienter Haustechnik sind die laufenden Kosten einer neu errichteten Wohnung geringer als in einem Altbau.

Immobilien: Experten rechnen mit steigenden Preisen

Größere Modernisierungen sind auf Jahre hinaus unnötig. „Wir konzentrieren uns jetzt stärker auf das Umland mit unseren Projekten. Die Nachfrage zeigt, dass dort nicht nur Doppel- und Reihenhäuser begehrt sind, sondern eben auch Eigentumswohnungen. Für die nächsten ein bis zwei Jahre rechnen wir mit weiter steigenden Preisen“, sagt Projektentwickler Schumacher.

Eines seiner künftigen Projekte liegt in Uetersen. Im Quartier Rosenredder entstehen drei Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 36 Eigentumswohnungen. Die voraussichtlichen Kaufpreise beginnen bei 4400 Euro je Quadratmeter Wohnfläche. Es ist das derzeit günstigste Objekt des Projektentwicklers.

„Der wesentlichste Grund dafür ist, dass dort die Grundstückskosten nicht so hoch sind“, sagt Schumacher. Er macht die Entwicklung der Bodenpreise an einem anderen Beispiel deutlich. „In Pinneberg-Mitte sind das 1400 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche nur für den Grundstücksanteil. Zusammen mit den Hochbaukosten von 3000 Euro pro Quadratmeter sind dann 4500 Euro erreicht.“

Immobilien: Je näher an Hamburg, desto teurer

Hinzu kommen Vermarktungs- und Planungskosten sowie der kalkulierte Gewinn des Verkäufers. „So liegen die Endpreise für einen Quadratmeter Wohnfläche einer Eigentumswohnung ganz schnell bei 5100 Euro, vor drei Jahren sind wir noch mit 3800 Euro ausgekommen“, sagt Schumacher.

Als Faustregel gilt: Je näher das Projekt an Hamburg liegt, desto teurer wird es. „In Barsbüttel liegen die Preise bei 5400 Euro je Quadratmeter Wohnfläche für Eigentumswohnungen, in Wedel bei 5300 Euro“, sagt Schumacher. Dort sollen im geplanten Projekt Wedeler Tor an der Rissener Straße in fünf Mehrfamilienhäusern 123 Wohneinheiten entstehen, die Hälfte davon als Eigentums-, die andere Hälfte als Mietwohnungen.

Norbert Schumacher, Projektentwickler
Norbert Schumacher, Projektentwickler © BGZ | Unbekannt

Noch teurer sind die 44 Wohnungen vom Projektentwickler Behrendt in Schenefeld, die zu Quadratmeterpreisen von rund 6100 Euro bis zum Frühjahr 2022 entstehen sollen. Dennoch sind bereits 80 Prozent der Einheiten verkauft.

Sparda Immobilien plant weitere Projekte in Hasloh

Bei diesem Preisniveau finden sich auch Alternativen in Hamburg. In der Jenfelder Au errichtet Otto Wulff knapp 50 Eigentumswohnungen für 5600 Euro je Quadratmeter Wohnfläche. In Tornesch baut Behrendt 39 Eigentumswohnungen am neu geplanten Lüttensee im Quartier To Huus am See, das im Sommer 2022 fertiggestellt werden soll. Die Quadratmeterpreise liegen bei 4900 Euro. Sparda Immobilien plant weitere Projekte in Hasloh mit 96 Wohneinheiten und einige Doppelhaushälften (Kaufpreise ab 4600 Euro je Quadratmeter) und in Bad Oldesloe 26 Eigentumswohnungen (ab 4300 Euro).

Da kann ein Haus sogar die günstigere Alternative sein „Im Hamburger Umland werden Einfamilienhäuser, die nicht älter als drei Jahre sind, für durchschnittlich 3350 Euro je Quadratmeter Wohnfläche gehandelt“, sagt Jens Grelle, Vorstandsvorsitzender der LBS Schleswig-Holstein-Hamburg. Von den insgesamt 38 von der LBS untersuchten Standorten fallen immerhin 31 in diese Kategorie.

Die Spekulation mit Immobilien im Umland

„Zwischen 2800 und 3000 Euro je Quadratmeter Wohnfläche liegen die Neubaupreise derzeit zum Beispiel in Elmshorn, Schwarzenbek und Kaltenkirchen“, sagt Grelle. Für unter 2800 Euro gibt es Angebote im Umland von Elmshorn und Bad Oldesloe sowie in Lauenburg mit Umgebung. Die Schwierigkeit allerdings dürfte sein, ein solches Objekt überhaupt zu finden.

Bisher jedenfalls ging die Wertentwicklung der Immobilien auch im Umland steil nach oben (siehe Grafik). Manche Kapitalanleger verkaufen eine gerade neu erworbene Eigentumswohnung bereits noch bevor die ersten Mieter einziehen, berichtet Andreas Tönjes von Sparda Immobilien. So geschehen etwa bei den sogenannten Hafenterrassen in Geesthacht. Gewinn: 800 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche in weniger als zwei Jahren.

Der nächste Bauabschnitt in Geesthacht an der Elbe geht jetzt mit Quadratmeterpreisen von 5200 Euro an den Start. Geplant sind von Sparda Immobilien weitere 53 Wohneinheiten. Nicht wenige Projektentwickler nutzen die galoppierende Preisentwicklung während der Vermarktungsphase bereits für ihre Zwecke. „Es ist in der Branche üblich, dass im Laufe einer mehrjährigen Vermarktung die Verkaufspreise der Wohnungen angepasst werden. In der aktuellen Phase heißt das eben: nach oben“, sagt Projektentwickler Schumacher. „Manche Wettbewerber kalkulieren eine solche Entwicklung schon beim Grundstückskauf mit ein.“