Hamburg. Obst und Gemüse aus der Region direkt an die Haustür ist im Trend. Kunden müssen sich auf Wartelisten bei den Anbietern einstellen.

Die Frischware hat mindestens Bioqualität, ist meist in der Region gewachsen und wird bis an die Haus- oder Wohnungstür geliefert. In den Zeiten von Pandemie und Homeof­fice ist es das, was sehr viel mehr Verbraucher als zuvor wollen und zu bezahlen bereit sind.

Kein Wunder also, dass Unternehmen, die diese Kundenbedürfnisse oft schon seit Jahrzehnten bedienen, seit dem Frühjahr 2020 einen noch nie dagewesenen Nachfrageboom erleben. Der Branchenverband BÖLW (Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft) meldete unlängst 20 Prozent mehr Umsatz mit Bio-Lebensmitteln im vergangenen Jahr. Und dabei seien Hofläden und Bio-Abokisten die größten Gewinner gewesen, hieß es.

Hamburger Bio-Lieferanten müssen Kunden vertrösten

Viele der Lieferanten, die ihren Kunden regelmäßig frisches Obst und Gemüse nach Hause bringen, konnten die sprunghaft gestiegene Nachfrage kaum oder gar nicht mehr bewältigen. Manche führen bis heute Wartelisten, müssen neue Kunden vertrösten.

Die haben inzwischen eine riesige Auswahl, denn viele der Anbieter, die einst als Abokisten-Dienst starteten, sind heute ausgewachsene Bio-Onlineshops, deren Sortiment sich mit dem eines Bio-Supermarkts messen kann. Und fast alle bieten auch Kochboxen mit allen Zutaten für ein bestimmtes Gericht an. Das Abendblatt stellt alteingesessene und neue Anbieter vor, die in der Hansestadt liefern.

Demeter Gärtnerei Sannmann

Schon 1992 gegründet, gehört der Lieferservice der Gärtnerei in den Vier- und Marschlanden zu den ältesten Diensten in und aus Hamburg. Begonnen hat das Unternehmen einst als ein weiterer Vertriebsweg für die Gemüsegärtnerei, die nach den strengen Demeter-Richtlinien arbeitet. Heute haben die Kunden die Auswahl im Onlineshop unter vielen Hundert Naturkostprodukten – von Brot über Fleisch über Gewürze bis zu Wein und Likör.

Frischware, die nicht im eigenen Betrieb wächst, wird bei norddeutschen Betrieben zugekauft. Abokisten gibt es in den Varianten Mix (Obst und Gemüse), Obst, Schonkost, Rohkost, Überraschung, Regional, Büro (Obst und Snackgemüse) sowie Smoothie mit wöchentlich wechselnder Zusammensetzung und in drei Größen von klein (ein bis zwei Personen, 14 Euro) über mittel bis groß (fünf bis sechs Personen, 22 Euro).

Pandemie führte zu mehr Abokunden

Zudem nach Kundenwunsch zusammengestellte Wunschkisten. „Die Zahl der Abokunden ist um ein Drittel auf 4400 gewachsen“, sagt Chefin Monika Sannmann über die Folgen der Pandemie.

Bis vor Kurzem konnten keine Probe-Abos abgeschlossen und neue Kunden beliefert werden. Rund um Pfingsten gönnt Monika Sannmann ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und sich selbst eine Woche Betriebsferien im Lieferdienst. „Das ist nach der vielen Arbeit oft bis spät in den Abend jetzt einfach mal fällig.“ Internet: abo.sannmann.com

Die Grüne Kiste

„Wir sind durch Corona nicht so stark gewachsen, wie wir hätten wachsen können“, sagt Bernadette Kölker, die mit ihrem Mann Thomas hinter der Grünen Kiste aus Ahrensburg steht. Seit 25 Jahren liefern sie Bio- und Regionalprodukte in der Hansestadt, viele stammen vom nahe gelegenen Demeter-Gut Wulfsdorf. Von den eigenen hohen Qualitätsansprüchen sei man trotz der extrem großen Nachfrage nicht abgerückt, sagt Bernadette Kölker.

Und dass der Lieferdienst in den Spitzenzeiten ausnahmsweise Aushilfskräfte beschäftigte, obwohl es zu den Firmengrundsätzen gehört, nur verlässliche Arbeitsplätze anzubieten, erzählt sie etwas verschämt. Weil die Nachfrage weiter größer sei als die verfügbare Ware, müssten sich Kunden, die ein Kisten-Abo buchen wollen, derzeit in eine Warteliste eintragen und sich „zwei bis drei Wochen“ gedulden.

Große Kiste Regionalgemüse für 19,50 Euro

Zeitweise waren es sogar sechs Wochen. Die Zahl der Kistenvarianten ist bei den Kölkers ebenso groß wie bei den Sannmanns. Eine große Kiste Regionalgemüse für 19,50 Euro enthält derzeit: einen Salat der Woche, je 800 Gramm Möhren und Rote Bete, 600 Gramm Lauch, 400 Gramm Wurzelpetersilie und je einen Bund Radieschen und Koriander.

Zum annähernd kompletten Bioangebot im Onlineshop gehört unter anderem auch Naturkosmetik. Die Lieferung ins Haus ist ab 30 Euro Warenwert kostenlos. Internet: gruenekiste.de

Biokiste Hamburg

Gemüse, Mutter-Kind, Obst, Obst und Gemüse, Regio, Rohkost, Schmusie und Büro heißen die Varianten, die Biokiste Hamburg von Stellingen aus in Hamburg und Umgebung liefert. Manche davon gibt es außer in klein (10,50 Euro), mittel (15,50) und groß (20,50) sogar in in der Größenklasse riesig für 30,50 Euro.

„Wir wehren uns derzeit mit Händen und Füßen dagegen, eine Warteliste für Neukunden einrichten zu müssen“, sagt Inhaber Jura Nordhausen. Er kauft viele der Produkte bei Vertragslandwirten in Norddeutschland und „so regional wie möglich“ ein, legt aber auch mal Bio-Bananen in eine Obstkiste.

Lieferung in ganz Hamburg

Das Sortiment des Bio-Onlineshops hat Nordhausen seit 2019 von 800 auf 1200 Produkte ausgeweitet, die Zahl der regelmäßig belieferten Abokunden sei seit Beginn der Pandemie von 500 auf 1200 nach oben geschnellt, der Umsatz um 130 Prozent gewachsen, sagt er.

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Geliefert wird in ganz Hamburg, allerdings schwärmt die binnen kurzer Zeit mehr als verdoppelte Fahrzeugflotte tageweise in unterschiedliche Regionen der Stadt aus, etwa montags und donnerstags nur in die Stadtteile im Norden und Westen. Internet: biokiste-hamburg.de

Biobob

Manche Dienste haben Elektrotransporter in der Lieferflotte, andere planen das noch – Biobob setzt seit der Gründung vor mehr als zehn Jahren auf die Zustellung mit Lastenfahrrädern nur in der Hamburger Innenstadt. Und auf die Lieferung von Obstkisten in Büros. „Deshalb sind wir jetzt ein bisschen gekniffen“, sagt Co-Geschäftsführerin Mareike Imbt. Wegen Homeoffice ordern viele der Firmenkunden derzeit nicht.

Mareike Imbt (Biobob) liefert Obst nun auch an Privatkunden.
Mareike Imbt (Biobob) liefert Obst nun auch an Privatkunden. © Unbekannt | Ingo Röhrbein

Zwar lassen manche Unternehmen die Obstkörbe nun ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ins Haus liefern und Biobob hat sich für Privatkunden geöffnet. Doch die Zahl der Bestellungen (ab 20 Euro Warenwert kostenlos) von Obstkisten, Biogemüse (z. B. Demeter Salatgurke für 1,90 Euro) und mehrerer Dutzend haltbarer Bio-Lebensmittel ist überschaubar. „In Pandemiezeiten einen Lieferdienst zu haben, ist leider nicht automatisch ein Erfolgsgarant“, sagt Mareike Imbt – und hofft auch deshalb darauf, dass Corona möglichst schnell überwunden ist. Internet: biobob.com

Liekedeeler

Weil Biobob weniger zu tun hat, ist in den Räumen der Firma jetzt Platz für einen noch ganz jungen Anbieter, der gleich zu Anfang und wegen der Pandemie entstanden ist: Liekedeeler – das niederdeutsche Wort bedeutet „Gleichteiler“ – war zunächst eine Art Notgründung. Gero Neubauer, einer der vier gleichberechtigten Inhaber, war zuvor mit seiner Firma Blattfrisch und deren Salaten, Wraps und Feinkost aus regionalen Biozutaten erfolgreich.

Doch mit Corona brach das Geschäft ein, deshalb kamen Lieferkisten hinzu. Inzwischen ist Liekedeeler eine eigenständige Firma. Die fertig gepackten sogenannten Beute-Kisten (ab 50 Euro) enthalten einen Mix aus Gemüse, etwas Obst sowie verpackten Bio-Lebensmitteln und sind Biokiste und Kochbox zugleich.

Käse- oder Abendbrotpakete in Hamburg

Zudem gibt es etwa Käse- oder Abendbrotpakete oder Fertiggerichte, die der Blattfrisch-Koch zubereitet hat. „Es läuft gut, auch wenn wir noch nicht profitabel sind“, sagt Neubauer. Ins Haus oder in eine Hamburg-Paketbox geliefert werden Bestellungen ab einem Mindestwert von 39 Euro bislang allein freitags.

Im Mai soll mit Mittwoch ein zweiter Liefertag hinzukommen. „Manche Kunden kaufen für das Wochenende lieber auf dem Markt ein“, weiß Neubauer. Internet: liekedeeler.hamburg

Gut Wulksfelde

Der Bioland-Hof Gut Wulksfelde in Tangstedt vor den Toren der Stadt gilt vielen Hamburgern als die Urmutter des ökologischen Landbaus und der Direktvermarktung im eigenen Hofladen und per Lieferdienst. Auch auf Gut Wulksfelde ist die Nachfrage derzeit größer als das Angebot.

Die Folge: Für neue Abonnenten einer saisonal bestückten Biokiste (Obst, Gemüse, Mix, Regional in drei Größen für 14 bis 28 Euro, ab 30 Euro versandkostenfrei) ist eine Warteliste eingerichtet. Wer ordert, kann derzeit nach etwa zwei Wochen mit der ersten der regelmäßigen Lieferungen rechnen.

„Die Nachfrage ist so hoch wie noch nie"

Wartezeiten sollten auch bei anderen Bestellungen aus dem sehr gut sortierten Onlineshop einkalkuliert werden. „Die Nachfrage ist so hoch wie noch nie, wir arbeiten das kontinuierlich ab“, sagt Abo-Manager André Houillon.

Mittlerweile werden 4500 Kunden – unter anderem im gesamten Hamburger Stadtgebiet – regelmäßig mindestens einmal pro Monat beliefert. Damit das künftig möglichst reibungslos funktioniert, wird auf Wulksfelde nun die Gewächshaus­kapazität ausgebaut. Internet: gut-wulksfelde.de

Lehmanns Bio Service

Das klassische Abokisten-Angebot ist mit den vier Varianten Gemüse, Obst, Regional und Rohkost in bis zu vier Größenklassen vergleichsweise klein. Doch der Dienst aus Bad Oldesloe hat das wohl größte Liefergebiet. Im Hamburger Süden stoßen die Kühltransporter bis hinter Buchholz in der Nordheide vor – bei Bestellungen ab 29 Euro Wert ohne Lieferkosten.

Mit nach eigenen Angaben insgesamt 5500 Artikeln hat der Onlineshop zudem ein riesiges Sortiment. Dazu zählen um die 200 Tiefkühlprodukte. Abos lassen sich auch für Brot, Kartoffeln, Wurst, Käse sowie Kochboxen (ab 11,50 Euro) abschließen. Nach eigenen Angaben werden bevorzugt Produkte in Bioland-, Demeter- und Naturland-Qualität geführt, mindestens erfüllen sie die Vorgaben der EU-Bioverordnung. Internet: lehmannsbio.de

Frischepost

Die jungen Wilden aus Hamburg genießen jede Menge Aufmerksamkeit. Erst 2015 gegründet ist Frischepost seitdem konsequent auf Expansionskurs. Die Chefinnen Eva Neugebauer und Juliane Willing sammelten unlängst einen siebenstelligen Betrag von Investoren ein und haben ein Franchisesystem aufgezogen.

Frischepost-Chefinnen Juliane Willing (l.) und Eva Neugebauer.
Frischepost-Chefinnen Juliane Willing (l.) und Eva Neugebauer. © Unbekannt | Michael Rauhe

Frischepost gibt es inzwischen auch in Berlin, München, Köln, der Rhein-Main-Region und demnächst in Frankfurt. Das Versprechen lautet: regional, saisonal, nachhaltig, frisch von Acker und Hof, shoppen für eine bessere Welt. Von Bioqualität aber ist bei der gut geölten Marketingmaschine Frischepost auffällig selten die Rede.

Hamburger müssen sich für Obst und Gemüse gedulden

Immerhin: Zu den Obst- und Gemüse-Aboboxen gehören auch welche in Bio- oder Demeter-Qualität, Abokunden werden ab 39 Euro Warenwert kostenfrei beliefert. Gut zu tun haben derzeit auch die Frischepostler. Kunden werden um etwas Geduld gebeten – weil „uns momentan so viele Nachrichten erreichen“. Internet: hamburg.frischepost.de