Landkreis Harburg/Hamburg. Lieferdienste verzeichnen enormen Bedarf. Kundschaft und Umsatz haben sich verdoppelt. Zeitweise Aufnahmestopp für Neukunden nötig.

Sich eine Biokiste nach Hause liefern lassen, bestückt mit regionalen Produkte, jede Woche bis vor die Haustür: Was schon vor Corona im Trend lag, hat durch die Pandemie einen enormen Schub bekommen. Und die Nachfrage hält an, wie zahlreiche Anbieter, die südlich der Elbe beliefern, auf Abendblatt-Nachfrage berichten.

Zu ihnen gehört Markus Marquardt. Seit 28 Jahren betreibt er seinen Gemüse-Lieferservice Der Hoflieferant am Allermöher Deich. Der Gärtnermeister und sein 30 Mitarbeiter starkes Team (vor Corona: 22 Mitarbeiter) beliefern Kunden regelmäßig nicht nur mit Bio-Gemüse, sondern auch mit Obst, Getränken, Eiern, Backwaren, Käse, Wurst, Fleisch, Milchprodukten und vielen weiteren Lebensmitteln aus biologischem Anbau.

Seit Beginn der Pandemie enorme Nachfrage nach Lieferungen

Der Unternehmer freut sich über die enorme Nachfrage nach seinen Lieferungen fast so sehr wie über die Gesundheit seiner Mitarbeiter: „Wir sind alle gesund geblieben, das ist das Wichtigste. Schließlich mussten wir mit dem Beginn von Corona durchstarten, während viele einen Gang zurückschalteten.“

Der Hoflieferant Renee Reiß Das Gemüse-Abo
Der Hoflieferant Renee Reiß Das Gemüse-Abo © BGDZ | Renee Reiß

Marquardt sei froh, eine stabile, junge Mannschaft im Rücken zu haben, die „in einem enormen Tempo gearbeitet“ habe. Das Ergebnis: Im Jahr 2020 habe Der Hoflieferant rund 60 Prozent mehr Umsatz erwirtschaftet als im Vorjahr. Die Zahl der zusätzlichen Lieferungen wuchs um durchschnittlich 300 pro Woche. „Der Warenwert steigerte sich im Schnitt um ein Drittel.“ Transporter mussten vom Allermöher Deich aus mehrmals fahren, weil nicht mehr alle Bestellungen ins Fahrzeug passten.

Das Unternehmen habe sich neu aufstellen müssen. „Viele frühere Kunden kehrten zurück, außerdem lassen sich die Kunden häufiger und deutlich mehr liefern. Viele, die sonst nur Gemüse bekamen, bestellten plötzlich auch Eier, Kartoffeln, Brot und Getränke. Sie wollen möglichst keinen Supermarkt aufsuchen müssen.“ Aufgrund des enormen Kundenansturms habe es für kurze Zeit sogar eine Neukundensperre gegeben. Von einer Woche zur nächsten habe sich die Bestellmenge damals fast verdoppelt, berichtet der 56-Jährige. „Wir handeln mit frischen Lebensmitteln, die täglich ausgeliefert werden müssen, und können Arbeit nicht verschieben, wenn einmal sehr viel zu tun ist. Täglich werden andere Stadtteile beliefert.“

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Der Hoflieferant steuert mehr als 3000 Kunden in Hamburg und Umland an – „sieben bis 800 mehr als vor Corona“. Pro Woche werden etwa 2000 Lieferungen ausgefahren. Nicht selten an Kunden, die für eine Lieferung 100 Euro ausgeben, „manche investieren 200, 300 Euro in eine Bestellung“. Das Liefergebiet erstreckt sich über Hamburg, Geesthacht, Lauenburg, Winsen bis in den Bezirk und den Landkreis Harburg hinein. Unter anderem werden noch Kunden in Neugraben und Neu Wulmstorf sowie im Bereich der Gemeinde Rosengarten sowie Meckelfeld beliefert.

Noch ein Stück weiter darüber hinaus im Bereich Seevetal sind die Lieferwagen von Monika Sannmann unterwegs. Sie ist Chefin gleichnamigen Gärtnerei ebenfalls ansässig im Südosten Hamburgs. Das Gemüse-Abo umfasst Obst-, Gemüsekisten mit Demeterware sowie Fleisch, Konserven und Naturkosmetikprodukte. Auch sie berichtet von einer ungebrochenen Nachfrage. „Wir haben viele Altkunden, die sich zurückgemeldet haben, aber auch viele Neukunden gewonnen“, sagt sie. Gerade musste erneut ein kurzfristiger Stopp für Neukunden und Probeabos verhängt werden. Es war einfach zu viel geworden, weil gleichzeitig zwei Mitarbeiter krank waren. Nächste Woche hofft sie auf Entspannung.

4600 Kunden pro Woche, 25 Mitarbeiter, 14 Fahrer

Derzeit steuern ihre Fahrzeuge 4600 Kunden pro Woche an, vor einem Jahr umfasste der Kundenstamm 3300 und davon seien nicht alle Lieferungen im Wochenrhythmus gewesen. Die Mitarbeiterzahl wurde von 18 aus derzeit 25 aufgestockt, hinzukommen 16 anstatt einst 14 Fahrer. Mit dem Ausbruch von Corona hätten viele auf die Gemüsekisten zurückgegriffen, um nicht in den Supermarkt zu müssen, erinnert sich Sannmann. Doch jetzt seien es eher viele, die einfach mehr Zuhause sind und gemeinsam gesund kochen wollten.

Das sieht auch Dirk Brockmann so. Er betreibt vom Biohof Brockmann in Bülstedt aus einen im Vergleich etwas kleineren Lieferdienst trotzdem umfasst das Gebiet viele Teile, die andere Dienste eher meiden. Da sie aufgrund der Lage eher zeitaufwendig sind. Seine Kundschaft erstreckt sich von Seevetal über Jork, Buxtehude, Harsefeld, Hollenstedt, Jesteburg, Buchholz die A1 entlang bis Rothenburg (Wümme).

Im städtischen Bereich Interesse größer als in ländlicher Region

„Als wir vor mehr als zehn Jahren damit auf dem Wilkenshoff in Hollenstedt angefangen haben, gab es keinen regionalen Lieferdienst hier“, berichtet er. „Jetzt kommen die Leute vermehrt auf uns zu.“ Dabei sei der Interesse in städtischen Bereichen wie Buchholz noch eher größer als in ländlichen. „Seit Anfang vergangenen Jahres haben wir den Kundenstamm verdoppelt“, sagt er. 300 seien es nun pro Woche. „Insgesamt ist der Zuwachs auf dem Ökomarkt aber groß“, berichtet er. Auch Hofläden und Reformhäuser bemerken den Trend.

Ob der Trend anhält, wenn Restaurants wieder richtig öffnen dürfen und Homeoffice eine kleine Rolle spielt? Das fragen sich viele der Biolieferanten. „Man weiß nicht, was nach Corona kommt“, sagt zum Beispiel Monika Sannmann. Doch sie hat bemerkt, dass viele Kunden den Spaß am selber Kochen wiedergefunden haben und auf den Geschmack gekommen sind. Und Brockmann berichtet, dass er zu jeder Kiste extra noch Rezeptvorschläge legt. Pastinaken, Palmkohl: Damit kann eben nicht jeder etwas anfangen. Brockmann sagt: „Wir lassen die Kunden damit nicht allein.

Hier gibt’s die Biokisten, eine Auswahl für Harburg:

  • Der ElbersHof mit Sitz in Nettelkamp beliefert nach eigenen Angaben mittwochs Kunden in Soltau und Buchholz, donnerstags den Hamburger Süden inklusive Harburg, freitags den Kreis Lüneburg sowie Winsen. Infos auf shop.elbers-hof.de oder unter 05802/40 49.
  • Das Angebot vom Hoflieferanten findet sich im Internet unter www.bio-hoflieferant.de. Telefonisch ist das Team unter 040/737 12 10 zu erreichen.
  • Was das Gemüse-Abo Sannmann umfasst, darüber können sich Interessierte auf der Homepage unter abo.sannmann.com informieren oder telefonisch unter 040/73 11 56 51.
  • Wer nicht mehr die „Tomate im Sack kaufen möchte“, sondern sich für regionales Gemüse in der Kiste interessiert, für den kann auch der Biohof Brockmann die richtige Adresse sein. Weitere Infos unter www.biohof-brockmann.de oder telefonisch unter 04283/982 66 89.