Hamburg. Laut Hafenbehörde führen Bauverzögerung und technische Komplikationen dazu, dass das Projekt deutlich teurer wird als geplant.
Irgendwie klappt es nicht mit der neuen Rethe-Klappbrücke. Sie ist ein bedeutendes Bauwerk. Mit einer Spannweite von 94 Metern ist sie Europas größte Klappbrücke. Doch seit ihrer Fertigstellung und Eröffnung für den Autoverkehr 2016 und den Bahnverkehr Ende 2017 hagelt es negative Meldungen.
Zum einen hat sich die neue Brücke als sehr störungsanfällig erwiesen. Zum anderen laufen die Kosten aus dem Ruder. Die zuständige Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA) hat jetzt auf eine Schriftliche Kleine Anfrage des SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Markus Schreiber hin neue Zahlen veröffentlicht, wonach der Steuerzahler für das gesamte Infrastrukturprojekt deutlich tiefer in die Tasche greifen muss. Nicht nur der Bau der neuen Brücke, auch der Rückbau der alten Rethehubbrücke wird deutlich teurer als geplant.
Rethe-Klappbrücke: Kosten steigen um Millionen
Demnach wird der Abriss der alten Brücke rund 100 Millionen Euro verschlingen. Das sind 30 Millionen Euro mehr als zuletzt errechnet. Legt man die ursprünglich geplanten Abbruchkosten zugrunde, ist die Summe dreimal so hoch wie vorgesehen. Denn anfangs ging es um 32,5 Millionen Euro. Hinzu kommen die Kosten für den Neubau, der mit 158 Millionen Euro auch jenseits der Planungen von ursprünglich 95 Millionen Euro liegt.
Technische Komplikationen und Bauverzögerungen haben die Ausgaben stetig anwachsen lassen. Auch jetzt führt die HPA wieder Bauverzögerungen als Grund dafür an, dass der Rückbau der alten Rethehubbrücke immer kostspieliger wird. Obgleich die neue Brücke seit mehr als fünf Jahren in Betrieb ist, wird das Abtragen der Fundamente bis voraussichtlich Ende 2025 dauern – drei Jahre länger als vorgesehen.
Das hat für einen Teil der Hafenwirtschaft fatale Folgen. Denn die Brücke hat im Hafen nicht nur eine wichtige Funktion als Hauptstraßenverbindung nach Süden in Richtung Harburg zur Bundesautobahn 1 und zur zweiten Süderelbquerung über die Kattwykbrücke zur A7. Sie ist auch eine wichtige Verbindung für die Bahn. Und schließlich muss sie regelmäßig geöffnet werden, um Schiffen die Durchfahrt in den Reiherstieg zu den dort liegenden Hafenfirmen zu gewährleisten.
Die neue Brücke berücksichtigt, dass Schiffe immer größer werden. Aufgrund ihrer größeren Spannweite gewährt sie diesen eine Durchfahrtsbreite von 64 Metern statt 44 Metern wie bisher. Doch da die Fundamente der alten Brücke noch im Weg stehen, kann dieser Vorteil nicht genutzt werden – und das noch auf Jahre hinaus.
Für Reeder entstehen Mehrkosten
„Das ist wettbewerbsschädigend“, sagt beispielsweise Jes Christian Hansen, Geschäftsführer der Habema, eines Getreidehändlers am Reiherstieg. „Wir können uns nicht so entwickeln wie geplant.“ Denn nicht nur die Durchfahrtsbreite bereite Schiffen derzeit Probleme sondern auch die Länge. „Da die neue Brücke neben den Fundamenten der alten gebaut wurde, verdoppelt sich das Nadelöhr zum Manövrieren von 50 auf 100 Meter“, sagt Hansen. „Für große Schiffe bedeutet das, dass sie einen zusätzlichen Schlepper anfordern müssen.“ Den Reedern entstünden dadurch Mehrkosten von 5000 Euro pro Einfahrt und Ausfahrt.
Die Hafenverwaltung HPA begründet den Mehraufwand und die steigenden Kosten zum Rückbau der alten Rethebrücke wiederum mit der Störanfälligkeit ihres Nachfolgebaus. Bauablauf sowie das Gerätekonzept beim Rückbau müssten angepasst werden, um die Verfügbarkeit der neuen Brücke nicht zu gefährden. „Unter anderem müssen der Rückbau der alten Fundamente sehr kleinteilig und sorgfältig erfolgen und die auf Basis der geprüften Ausführungsstatik vorgegebenen Bau- und Zwischenzustände akribisch eingehalten werden“, teilte die HPA mit.
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Sie will ein Desaster wie vor zwei Jahren vermeiden, als die neue Rethe-Klappbrücke nach knapp drei Jahren Betrieb wegen eines Hydraulikschadens ein halbes Jahr lang für den Verkehr gesperrt werden muste. Seitdem hat es immer wieder kleinere Störungen gegeben.
Zudem hat die Hafenbehörde schon genug Ärger mit einer anderen Baustelle: Am Sonntag teilte sie mit, dass die bei einer Schiffskollision Ende Januar beschädigte Hamburger Freihafen-Elbbrücke noch mindestens drei Monate für Autos gesperrt bleibt. Es sei festgestellt worden, dass ein Querträger deformiert und ein Längsträgeranschluss beschädigt sei. Ein Teil der markanten Stahlträgerkonstruktion auf der Brücke, sei komplett zerstört worden. Der Schiffsführer, der gegen die Brücke krachte, hatte 1,4 Promille Alkohol im Blut.