Hamburg. Mit dem Alter steigt der Beitrag. Versicherer wollen Prämien 2024 in historischem Ausmaß anheben. Wie man dennoch sparen kann.
Lebensmittel, Benzin, Energie – alles ist teurer geworden. Jetzt wollen auch noch die Autoversicherer höhere Prämien für die Kfz-Versicherung im nächsten Jahr durchsetzen. In der Regel kann die alte Police bis zum 30. November gekündigt werden, um im neuen Jahr zu einem neuen Anbieter zu wechseln. Das Abendblatt gibt einen Überblick, wie teuer es für einzelne Altersgruppen im nächsten Jahr wird.
Die Branche hat schon einmal vorgebaut, um Preiserhöhungen durchzusetzen, von denen vor allem die Bestandskunden betroffen sind. Die deutschen Kfz-Versicherer werden in diesem Jahr voraussichtlich einen Verlust von mehr als 2,5 Milliarden Euro machen, geht aus einer Hochrechnung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hervor.
Kfz-Versicherung: Prämien steigen im Durchschnitt um 16 Prozent
„Die Autofahrer zahlen in diesem Jahr für die Absicherung ihrer Fahrzeuge rund 30,2 Milliarden Euro – aber die Versicherer müssen mehr als 32,8 Milliarden Euro für Schäden und Verwaltung ausgeben. Unter dem Strich stehen jedem eingenommenen Euro Ausgaben von 1,09 Euro gegenüber“, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.
Nach einer Analyse des Vergleichsportals Verivoxsteigt der Beitrag für die Vollkaskoversicherung im günstigen Preissegment um 16 Prozent. Haftpflichttarife verteuern sich um zwölf Prozent gegenüber Oktober 2022, Teilkaskotarife liegen elf Prozent über dem Vorjahr. „Wir erleben Preissteigerungen in historischem Ausmaß“, sagt Wolfgang Schütz, Geschäftsführer der Verivox Versicherungsvergleich GmbH.
Kfz-Versicherung: Preiserhöhungen werden alle Autofahrer treffen
„Eine inflationsbedingte Verteuerung der Reparaturkosten und gestiegene Schadenquoten schicken die Sparte der Kfz-Versicherer in diesem Jahr in tiefrote Zahlen“, so der Experte. Prämiensteigerungen bleiben auch im mittleren Preissegment nicht aus: Um 13 Prozent steigen die Preise in der Vollkaskoversicherung, bei der Kfz-Haftpflicht sind es zehn Prozent. Teilkaskotarife steigen im Schnitt um acht Prozent. „Preiserhöhungen werden in diesem Jahr viele Autofahrer gleichermaßen treffen. Wie stark sich diese höheren Kosten auf die Beiträge auswirken, hängt von der Preispolitik der Versicherer ab“, sagt Schütz.
Wie sich die Versicherungsprämien für die Verbraucher tatsächlich entwickeln? Hier spielen Faktoren wie der Wohnort, das Alter, die jährliche Fahrleistung, das genaue Fahrzeug, die individuelle Schadenfreiheitsklasse (SF), die in den Berechnungsbeispielen für ab 55-Jährige einheitlich bei 35 liegt, und vor allem dem Alter des Fahrers eine Rolle. Das zeigen die Beispielrechnungen, die Verivox exklusiv für die Leser des Abendblatts erstellt hat.
Kfz-Versicherung: Ältere Fahrer werden mit hohen Beiträgen belastet
Die älteren Fahrer (ab 55 Jahre) aus Hamburg nutzen das Fahrzeug nur selbst, fahren jährlich 10.000 Kilometer und stellen das Auto auf der Straße ab. Sie wünschen sich einen umfassenden Versicherungsschutz mit Haftpflicht sowie Teil- und Vollkasko mit jeweils 150 Euro Selbstbeteiligung. Errechnet wurde jeweils der Durchschnittswert der jeweils zehn günstigsten Anbieter. Berücksichtigt wurden nur Standardtarife. Versicherungsbeginn ist jeweils der 1. Januar 2024.
Nach der Untersuchung von Verivox zahlen 85 Jahre alte Autofahrer bis zu 138 Prozent mehr als ein 55 Jahre alter Versicherter mit ansonsten gleichen Tarifmerkmalen. Das betrifft den ältesten Fahrer des Hyundai, der 902 Euro im Jahr für seine Autoversicherung überweisen muss, während der 55-Jährige nur 380 Euro zahlt.
Mit dem Alter steigen die Beiträge in der Autoversicherung kontinuierlich
Unabhängig vom Fahrzeugtyp steigen mit dem Alter die Versicherungsbeiträge. Schon der 65 Jahre alte Hyundai-Fahrer muss 433 Euro im Jahr bezahlen (siehe Grafik). Am günstigsten fährt der Golf-Fahrer. Die Versicherung kostet den 85-Jährigen 716 Euro und den 75-Jährigen 525 Euro. Am teuersten ist der Versicherungsschutz für den Toyota-Fahrer. Den 85-Jährigen kostet die Autoversicherung 1241 Euro. Ein 75-Jähriger müsste 920 Euro im Jahr bezahlen.
„Daten des Statistischen Bundesamts zeigen, dass Senioren zwar seltener Unfälle verursachen als der Rest der Bevölkerung, ihr Anteil bei schweren Unfällen allerdings höher ist“, sagt Experte Schütz. Kfz-Versicherer verlangen deshalb von Senioren höhere Beiträge. Tendenziell wirke das Alter beitragserhöhend, sagt Christian Weishuber von der Allianz.
Viele Fahrer verteuern die Kfz-Versicherung
„Wie hoch die Seniorenzuschläge im Einzelnen ausfallen, ist von Versicherer zu Versicherer unterschiedlich. Insbesondere für ältere Autohalter lohnt sich daher ein individueller Tarifvergleich“, sagt Schütz. So müsste der 85 Jahre alte Toyota-Fahrer beim teuersten Anbieter 3070 Euro bezahlen statt 1241 Euro. Für dem individuellen Vergleich können Vergleichsportale wie Verivox, Check24 oder nafiauto.de genutzt werden.
Neben den Älteren werden in der Autoversicherung vor allem junge Fahrer zur Kasse gebeten. Das zeigt der Tarifvergleich bei den 25, 35 und 45 Jahre alten Fahrern. Auch sie fahren das in Hamburg zugelassene Fahrzeug 10.000 Kilometer im Jahr, haben aber alle unterschiedliche SF-Klassen, und bei dem 45-Jährigen fährt auch seine Partnerin und das erwachsene Kind das Auto. Das macht die Versicherung teuer. Obwohl er schon eine relativ hohe SF-Klasse (25) hat, kostet die Versicherung für den Mercedes-Benz 830 Euro und für den Toyota 1154 Euro im Jahr.
Das sind die günstigsten Kfz-Versicherer für die Hamburger
Der 25-Jährige Alleinfahrer hat erst die SF 5 und muss sich ebenfalls mit relativ hohen Versicherungsbeiträgen abfinden. Am günstigsten kommt er mit dem VW Golf, dessen Versicherung 645 Euro im Jahr kostet. Am zweitgünstigsten ist für ihn der Hyundai mit knapp 800 Euro.
Pro Platzierung unter den jeweiligen zehn günstigsten Tarifen je Fahrer und Fahrzeug wurde dem Versicherer ein Punkt gegeben. Auf diese Weise wurden die Anbieter ermittelt, die am häufigsten günstig abschneiden. An der Spitze liegt HUK24 mit 44 Punkten, gefolgt von Europa (35) und ihrem Direktversicherer Europa-go (24). Auf den weiteren Plätzen folgen Verti mit 21 Punkten, Alte Leipziger (19) und Friday und Sparkassenversicherung mit jeweils 17 Punkten.
Möglichst 100 Millionen Euro als Gesamtschaden absichern
Mit vielen kleinen Stellschrauben kann man auf den Versicherungsbeitrag Einfluss nehmen. „Den Beitrag einmal im Jahr in einer Summe zu zahlen statt monatlich, brachte in unserer Studie bis zu neun Prozent Ersparnis“, sagt Kathrin Gotthold, Versicherungsexpertin beim Verbraucherportal Finanztip. Wer eine Werkstattbindung vereinbare, spare im Schnitt elf Prozent. Beim Fahrerkreis lässt sich ebenfalls sparen, wenn man ihn klein hält. Der Ehe- oder Lebenspartner als weiterer Fahrer verteuerte den Beitrag in der Finanztip-Studie im Schnitt nicht. Ein Fahranfänger als zusätzlicher Fahrer hingegen verdoppelte ihn fast. 5000 mehr gefahrene Kilometer kosteten in der Untersuchung bis zu 15 Prozent mehr Beitrag.
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Wichtig ist ein ausreichender Versicherungsschutz. „Wir raten zur Höchstdeckung von 100 Millionen Euro für den Gesamtschaden“, sagt Sandra Klug, Versicherungsexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg. Personenschäden sollten mit mindestens 15 Millionen Euro versichert sein. Bei der Vollkaskoversicherung sollte durch den Versicherer auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit verzichtet werden.
Kfz-Versicherung: 46 Prozent planen einen Wechsel in diesem Jahr
Einige Änderungen gibt es bei den Regionalklassen in Hamburg. Neben der Schadenfreiheitsklasse, der Typklasse und der Fahrleistung ist der Beitrag auch von der Regionalklasse abhängig. Diese spiegelt die Anzahl der Unfälle im jeweiligen Zulassungsbezirk wider. Hamburg hat in der Haftpflichtversicherung mit elf die zweithöchste Regionalklasse. In der Vollkaskoversicherung sinkt die Regionalklasse 2024 von acht auf sieben, was günstiger ist. Die Teilkaskoversicherung bleibt mit Klasse sechs unverändert.
Ein Versicherungsvergleich lohnt auf alle Fälle, wenn man schon mehrere Jahre bei demselben Anbieter ist. Denn viele Versicherer stellen ihre treuen Kunden schlechter als Neukunden. Wer lange bei seinem Anbieter bleibt, zahlt mehr als jemand, der öfter wechselt. Nach einer Umfrage der ADAC Autoversicherung geben 46 Prozent der Autofahrer an, dass sie über einen Wechsel der Kfz-Versicherung in diesem Jahr nachdenken. Wem das zu viel Aufwand ist, der kann seine Versicherung auch mit einem günstigeren Angebot konfrontieren. Viele Gesellschaften lenken dann ein und geben einen Nachlass.