Wirtschaftsminister Olaf Lies wirbt für eine Kooperation norddeutscher Häfen. Warum er einen MSC-Einstieg in Hamburg positiv sieht.

Der geplante Einstieg der Reederei MSC in den Hamburger Hafen lässt den niedersächsischen Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) frohlocken. Dabei geht es ihm nicht so sehr darum, dass der Tiefwasserhafen seiner Geburtsstadt Wilhelmshaven, dem Konkurrenten Hamburg Ladung anderer Reedereien abluchsen könnte, sondern vielmehr darum, dass sich aus seiner Sicht damit neue Chancen der Zusammenarbeit eröffnen.

„Ich gehe davon aus, dass das für die eine oder andere Reederei durchaus eine Herausforderung sein kann. Das wird ganz sicher Bewegung in den Markt bringen. Wir können daraus aber auch gute Chancen entwickeln, wenn am Ende mehr norddeutsches Denken entsteht“, sagte Lies im Gespräch mit dem Abendblatt.

Lies: MSC-Einstieg führt zu „Rütteln im Markt“

Dass der Hamburger Senat für die HHLA eine Stärkung wünsche, respektiere er. Man hätte aber noch weiter denken können. Den Fokus nur darauf zu legen, Hamburg zu stärken, könne nicht der richtige Weg sein.

„Es ist ja ganz normal, dass ein Einstieg von MSC in dieser Größenordnung zu einem Rütteln im Markt führt. Die Reeder, die derzeit Hamburg anlaufen, werden hinterfragen, ob das so bleiben soll. Diese neue Sortierung könnte und sollte der Anlass für einen engeren Dialog der Häfen sein. Darin liegt durchaus auch eine Chance für alle norddeutschen Häfen.“

Olaf Lies: Wilhelmshaven soll mit Hamburg kooperieren

Wie berichtet, erwägt Hamburgs fester Kunde Hapag-Lloyd, einen Teil seiner Ladung abzuziehen und nach Bremerhaven oder Wilhelmshaven zu verlagern. Auch die Partnerreedereien in der Allianz, wie Yang Ming und das japanische Reedereikonglomerat One, überlegen ähnliche Schritte. Der Hamburger Senat plant, der Schweizer Reederei MSC 49,9 Prozent des Hafenkonzerns HHLA zu überlassen.

Dass MSC nicht nur bei einem einzigen Terminal, sondern direkt bei der HHLA-Holding einsteigen solle, habe ihn überrascht, sagte Lies. „Ob es klug ist, der Reederei eine Teilhabe als Mitgesellschafter der HHLA einzuräumen, mag ich nicht beurteilen.“ Wenn Ladung in der Folge umgeschichtet werde, sei das erst einmal etwas ganz Normales.

„Was nicht passieren darf, ist, dass unsere norddeutschen Häfen Ladung an ausländische Konkurrenten verlieren“, sagte der Minister, der auch im Aufsichtsrat des JadeWeserPorts sitzt und zugleich Vorsitzender der Marketingorganisation des Tiefwasserhafens ist.

Lies fordert Hafenzusammenarbeit in der deutschen Bucht

„Deshalb müssen wir die Bewegung, die da jetzt entsteht, im nächsten Schritt dazu nutzen, das Thema Hafenkooperation noch einmal anzugehen. Es ist ja nicht mein Ansinnen, Hamburg Ladung wegzunehmen, sondern die norddeutschen Häfen insgesamt zu stärken. Unsere Häfen wie Wilhelmshaven, Bremerhaven oder Hamburg stehen gemeinsam im internationalen Wettbewerb der Hafenstandorte, und Kooperation ist die beste aller Antworten darauf.“

In einem ersten Schritt müsse ein einheitliches Vorgehen bei der Digitalisierung der Häfen verabredet werden. „Egal, wo am Ende die Ladung umgeschlagen wird, müssen sich die Länder darauf verständigen, dass wir im Ausland als ein Zugang, als eine Deutsche Bucht verstanden werden. Dabei könnten wir viel mehr machen bei der Hafenvermarktung und bei den anstehenden Investitionen.“

Die Digitalisierung des Distributionsmanagements spiele eine große Rolle, zum Beispiel, indem man die Hinterlandverkehre der drei großen deutschen Häfen miteinander verbindet. „Dazu brauchen wir als Erstes eine Verständigung. Der digitale Zugang zu den deutschen Häfen muss vereinheitlicht werden.“

MSC-Einstieg bei HHLA als „Chance zu etwas Größerem“?

Über eine solche Verbindung der Fähigkeiten der einzelnen Häfen und verstärkte digitale Kooperation könne ein unmittelbarer Mehrwert für Kunden und Nutzer der Häfen entstehen, die Sichtbarkeit im internationalen Wettbewerb erhöht und die einzelnen Hafen- und Logistikstandorte im norddeutschen Verbund leistungsfähiger und wirtschaftlicher gemacht werden.

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Die Freude, einen Container von Hamburg nach Wilhelmshaven zu holen, wäre sehr überschaubar, so Lies. „Darum geht es, wie gesagt, nicht. Unsere Konkurrenz liegt nicht in Deutschland, sie liegt im Ausland. Wenn es uns aber gelänge, uns gemeinsam aufzustellen und besser zu sein als die anderen Häfen der Nordrange, könnten wir viel mehr gewinnen. Dann könnten wir der Handelsschifffahrt unterschiedliche Angebote im Hafen Deutsche Bucht unterbreiten, viel mehr, als es einzelne Häfen können. Insofern sollten wir den Einstieg von MSC bei der HHLA auch als Chance zu etwas Größerem begreifen.“