Hamburg. Passen Periodenunterwäsche und Gleitmittel nicht in die Einkaufspassage? Inhaberin einer Boutique verlässt den Standort nun.
Auf den ersten Blick ist es ein bunter Mix von Dingen, die Marina Zubrod in ihrer Boutique Preity im Hanseviertel verkauft. Es gibt Mode und Schmuck, Kosmetik und Accessoires. Das Besondere: Die Hamburger Unternehmerin hat ausschließlich Produkte von Firmen im Angebot, die auch von Frauen geführt werden. Als die 34-Jährige, die auch eine eigene Naturkosmetiklinie führt, im vergangenen November eine Fläche in der Einkaufspassage bezog, wurde das als neue Anlaufstelle mit Potenzial gerade auch für jüngere Kundinnen gefeiert. Doch nun ist nach nicht einmal einem Jahr Schluss. Ende der Woche zieht Zubrod aus.
Dahinter steckt ein skurriler Streit. Es geht um Produkte für die weibliche Intimpflege wie Periodenunterwäsche und Softtampons, auch spezielle Pflegetücher und Gleitmittel, die im Schaufenster drapiert sind. Nichts Anstößiges. Bunte Packungen, bei denen man schon genau hinschauen muss, um die Artikel zu erkennen. Die Schaufensterpuppe, der sie einen schwarzen Periodenslip angezogen hat, trägt darüber einen langen Blazer. Trotzdem erregte die Schaufensterdekoration offenbar Anstoß.
Hanseviertel: Intimpflegeprodukte im Schaufenster passen nicht
In einer Mail, die dem Abendblatt vorliegt, wandte sich eine Mitarbeiterin des Centermangements im Juli mit der Bitte an Zubrod, „zumindest aus dem Schaufensterbereich die Intimate Care Produkte“ zu entnehmen. „Das hat (...) nichts mit einer nachhaltigen und exklusiven Boutique für Mode, Kosmetik und Schmuck zu tun“, heißt es in dem Schreiben, das mit Rechtschreibfehlern gespickt ist.
„Das kam für mich völlig überraschend“, sagt Marina Zubrod gegenüber dem Abendblatt. Die Hamburgerin, die gemeinsam mit Ehemann Jan auch einen Onlineshop betreibt, ist immer noch sauer. „Wir bieten Dinge an, die mehr als 50 Prozent der Menschheit betreffen. Was ist daran falsch?“ Dass die Unternehmerin ihren Ärger jetzt öffentlich macht, hat auch damit zu tun, dass sie inzwischen eine neue Ladenfläche in der Hamburger Innenstadt gefunden hat.
Einzelhandel Hamburg: Preity-Inhaberin hält an ihrem Konzept fest
Denn in den folgenden Wochen war die Auseinandersetzung eskaliert. Die Gründerin, die zuvor als Unternehmensberaterin gearbeitet hat, hatte in ihrer Antwort schon im Juli klargestellt, dass sie die Produkte nicht aus der Dekoration entfernen werde. „Wir sind ein Store von Frauen für Frauen und Produkte rund um die Frauengesundheit sind weder ein Tabuthema noch etwas Schmuddeliges“, heißt es in ihrer Mail. An der Produktpalette und der Schaufenstergestaltung hätte sich seit dem Einzug nichts geändert. Mit Blick auf die Mail aus dem Centermanagement schreibt sie: „Willkommen fühlen wir uns somit nicht.“
Eine weitere Dimension bekommt der Fall, weil Preity-Inhaberin Marina Zubrod zu dem Zeitpunkt über die Umwandlung ihres Interims-Mietvertrags in einen Fünfjahresvertrag verhandelt hat. Im Februar war sie von einer Pop-up-Fläche in ein Ladengeschäft mit knapp 120 Quadratmetern inklusive Untergeschoss umgezogen. Allerdings seien Renovierungsarbeiten nicht wie verabredet erledigt worden. Auch das habe immer wieder für Diskussionen gesorgt, sagt die Händlerin, die laut Vertrag bis zur Fertigstellung der Arbeiten keine Miete zahlen musste. Bei einem Termin mit Centermanager Lars Sammann am 22. August unter dem Betreff „Vertrag Marina Z. Preity Hanseviertel“ sei dann klar geworden, dass es für sie im Hanseviertel keine Zukunft gibt.
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„Das war für uns ein Schlag. Wir haben langfristig geplant“, sagt Marina Zubrod. Der Zulauf im Laden sei gut, das Verhältnis zu den Nachbarn positiv. Im Gespräch, bei dem ihr Ehemann Jan und ihre Geschäftsführerin anwesend waren, habe Samman gesagt, dass Preity nicht mehr zum Stil des Hanseviertels passe. Hintergrund sei ein Wechsel beim Eigentümer-Vertreter. Zwar habe das Centermanagement angeboten, dass sie als Übergangslösung bis Ende des Jahres bleiben könne, aber darauf wollte die Gründerin sich nicht einlassen und fing an, eine neue Ladenfläche zu suchen. „Wo ich nicht willkommen bin, will ich nicht bleiben.“ Das Verhalten der Vermieter nennt sie „scheinheilig“.
Einzelhandel Hamburg: Das sagt das Hanseviertel zu den Vorwürfen
Das Hanseviertel erklärte auf Abendblatt-Anfrage zu der Auseinandersetzung. „Richtig ist, dass es einen Dialog zu dem Thema gab und in einer einzigen E-Mail eine Mitarbeiterin die Bitte äußerte, Produkte wie Gleitgel aus den Schaufensterbereichen zu nehmen“, so ein Sprecher. Im Mietvertrag werde Preity als – so wörtlich – „nachhaltige und exklusive Boutique für Mode, Kosmetik und Schmuck“ bezeichnet. Weitere Angaben machte er nicht.
„Ein Zusammenhang zwischen der Bitte um Schaufenstergestaltung und dem Vertragsende ist konstruiert und falsch.“ Richtig sei, dass es sich um einen temporären Mietvertrag gehandelt habe, der am 31. Dezember 2023 vertragsgemäß ausgelaufen wäre. Das Hanseviertel habe stets neben den Langzeitmietern unterschiedliche Konzeptpartner, die auf Zeit anmieten. „Der jetzt beschlossene Auszug ist nicht von uns veranlasst, sondern der Mietpartner hat uns mitgeteilt, dass er ausziehen möchte. Dieses haben wir akzeptiert.“ Zu Verhandlungen über einen Anschlussvertrag nahm der Sprecher nicht Stellung.
Er sagte: „Zur Wahrheit gehört leider auch: Im gesamten Zeitraum ist keine Zahlung erfolgt – nicht die Nebenkosten und auch nicht der monatliche Beitrag zur Werbegemeinschaft.“ Darüber, welche Zahlungen überhaupt fällig waren, gibt es allerdings unterschiedliche Auffassungen.
Einkaufspassage Hanseviertel ist seit mehr als zwei Jahren Baustelle
Das Hanseviertel wird seit mehr als zwei Jahren umfangreich renoviert und umgebaut. Die vor mehr als 40 Jahren eröffnete Einkaufspassage, entworfen von dem Hamburger Architekten Volkwin Marg, war in die Jahre gekommen und hatte zuletzt deutlich an Anziehungskraft verloren. „Das Hanseviertel ist in einer Metamorphose“, hatte Centermanager Sammann die Situation im Frühjahr beschrieben. Der internationale Immobilienentwickler CBRE, der das Hanseviertel 2018 von der Allianz gekauft hatte, investiert einen zweistelligen Millionenbetrag in die Revitalisierung der Passage. Bis Ende des Jahres ist nach mehreren Verzögerungen die Eröffnung einer komplett umgestalteten Gastronomiefläche im Untergeschoss der Einkaufspassage unter dem Namen Le big Tam Tam angekündigt worden. Ein konkretes Datum wurde noch nicht bekannt.
Preity-Inhaberin Marina Zubrod und ihr Ehemann Jan planen jetzt, wie sie den neuen Laden einrichten. Schon an diesem Sonnabend eröffnet Preity am Jungfernstieg 50. „Es wird schöner und größer“, sagt die Unternehmerin. Das Hanseviertel will an diesem Donnerstag über neue Mieter in der Einkaufspassage berichten.