Hamburg. Wie sicher ist die Anlage im Ausland? Welche Fallstricke gibt es? Und soll man jetzt einsteigen oder doch noch warten?
In rund zwei Wochen werden die Weichen für die weitere Zinsentwicklung gestellt. Dann kommt die Europäische Zentralbank (EZB) zu ihrer ersten Sitzung nach der Sommerpause zusammen. Ein wichtiger Termin für Hamburger Zinssparer. Bisher lief es für sie gut, die Sparzinsen sind kontinuierlich gestiegen. Doch damit könnte es schneller vorbei sein, als viele jetzt noch glauben.
Wer sich bisher nur auf kurzfristige Anlagen konzentriert hat, weil sie die höchsten Zinsen bringen, sollte umdenken. Was kommt auf Sparer zu? Welche Renditen lassen sich langfristig sichern? Wie sicher ist Festgeld im Ausland? Gibt es Alternativen zu Festgeldangeboten? Das Abendblatt gibt einen Überblick.
Wie lange werden die Zinsen noch steigen?
Innerhalb eines Jahres hat die EZB in neun Schritten den Leitzins von null auf derzeit 4,25 Prozent angehoben. Doch jetzt ist der Gipfel nah. „Die Chancen, dass die EZB am 14. September die Zinsen noch einmal anhebt, stehen 50:50 Prozent“, sagt Jochen Intelmann, Chefvolkswirt der Hamburger Sparkasse. Die Commerzbank hat sich zu diesem Thema bereits festgelegt: „Wir gehen davon aus, dass der EZB-Rat auf seiner Sitzung im September die Leitzinsen nicht weiter erhöhen wird“, sagt Christoph Weil von der Commerzbank. Auch bei den Sparzinsen ist damit der Höhepunkt nahe.
Schon jetzt zeigt sich an einem Zinsindikator wie der Bundesanleihe, dass die Zinsen langfristig eher deutlich niedriger gesehen werden. So bringt eine Bundesanleihe mit einem Jahr Restlaufzeit eine Rendite von 3,57 Prozent. Bei fünf Jahren sind es nur noch 2,54 Prozent. Professionelle Anleger, die vor allem in diese Papiere investieren, geben sich mit einem deutlich niedrigeren Zins auf die Sicht von fünf Jahren zufrieden, weil sie glauben, dass auch die Inflation sinken wird. Der Zinsgipfel scheint erreicht.
Wie wirken Zinserhöhungen auf die Inflation?
Noch können Sparer keinen positiven Realzins erwirtschaften, weil die Inflation in Deutschland bei 6,1 Prozent verharrt, die höchsten Sparzinsen aber nur bei rund 4,50 Prozent liegen. Doch das kann sich innerhalb von ein bis zwei Jahren ändern. Nur dann wird es für Sparer nicht mehr solche hohen Zinsen geben. Außerdem orientiert sich die EZB an der Inflationsrate im Euroraum, die bei 5,3 Prozent liegt. „Gleichzeitig fallen aber die Konjunkturdaten sehr schlecht aus“, sagt Intelmann. Die EZB werde auch diese Parameter bei ihrer Entscheidung im Blick haben.
„Außerdem zeigen die Zinserhöhungen ihre Wirkung auf die Inflation mit einer Verzögerung von bis zu 18 Monaten“, sagt Intelmann. Der Experte erwartet, dass Ende nächsten Jahres die Inflationsrate in Deutschland bei 2,50 bis drei Prozent liegen könnte. Dann können Sparer mit ihren Anlagen schon einen positiven Realzins realisieren. „Ende 2024 sind dann auch erste Zinssenkungen der EZB möglich“, sagt Intelmann.
Wie können Sparer auf diese Entwicklung reagieren?
Es spricht nichts dagegen, sich jetzt hohe Zinsen von bis zu 4,50 Prozent für ein Jahr zu sichern, wie sie vor allem italienische Banken über die Vermittlungsplattform WeltSparen anbieten. Gemessen an der Laufzeit ist das ein sehr attraktiver Zins. Aber ob man sich dann in einem Jahr noch höhere Zinsen als aktuell sichern kann, ist ungewiss. Auch mit Blick auf die wirtschaftliche Lage: Eine schwache Konjunktur mit steigender Arbeitslosigkeit und steigende Zinsen – das passt nicht zusammen.
Für wen sichere Zinseinnahmen auch in der Zukunft wichtig sind, „der sollte sich mit seinen Anlagen eine zeitliche Staffel bis zu einem Zeitraum von sieben Jahren aufbauen“, rät Intelmann. Möglich ist das mit Festgeldern, Firmenanleihen und Laufzeitfonds mit Anleihen, die nach einer gewissen Zeit wieder aufgelöst werden. Eine solche Strategie eignet sich vor allem, wenn höhere fünfstellige Beträge in Zinspapiere investiert werden sollen.
Festgeld: Wie finde ich die besten Angebote?
Einen guten Überblick zu Festgeldern bietet die Seite Kritische Anleger, weil hier auch Daten zur Bonität und der Einlagensicherung abgerufen werden können. Nicht der höchste Zins verspricht automatisch das beste Angebot. Das zeigt sich an zwei Anbietern, die ihre Anlagen über die Vermittlungsplattform WeltSparen vermitteln. Den höchsten Zins für einen Anlagezeitraum von vier oder fünf Jahren bietet die lettische Rietumu Bank mit 4,55 Prozent, die italienische Solution Bank offeriert nur 4,45 Prozent. Doch im Gegensatz zu der lettischen Bank behält das italienische Geldinstitut keine Quellensteuer von 20 Prozent auf die Zinsen ein, die man nur mit Aufwand zurückerstatten lassen kann.
Italien hat zwar nur eine mittlere Bonität, aber selbst bei einer Pleite der Bank würde die Einlagensicherung des Landes ausreichen, um die Sparer zu entschädigen. Die Mittel dafür sind rund dreimal so hoch wie die schützenswerten Einlagen der Bank (842 Millionen Euro). Unabhängig davon unterliegen alle Angebote der gesetzlichen Einlagensicherung. Damit sind bis zu 100.000 Euro pro Anleger abgesichert. Beide Banken haben allerdings den Nachteil, dass die Zinsen erst am Ende der Laufzeit ausgezahlt werden und hohe Mindestanlagen von bis zu 20.000 Euro verlangt werden.
Auf welche Kriterien sollen Anleger achten?
Neben dem Zins geht es darum, wann die Zinsgutschrift erfolgt, ob bei ausländischen Banken eine Quellensteuer erhoben wird, wie gut der Entschädigungsfonds des jeweiligen Landes ausgestattet ist und ob es eine automatische Verlängerung der Anlage gibt. Dann muss man vorher kündigen, wenn man das nicht wünscht.
Gibt es Alternativen zu süd- und osteuropäischen Banken?
Das ist die französische Bank Crédit Agricole, die auch direkt online in Deutschland erreichbar ist. Für einen Anlagezeitraum von drei bis sieben Jahren kann man sich jeweils 4,15 Prozent sichern. Die Mindestanlage ist mit 5000 Euro vergleichsweise niedrig. Die Bank hat eine hohe Bonität und Frankreich hat eine sehr hohe Bonität. Damit sind alle Kriterien erfüllt, die Verbraucherschützer an ausländische Banken stellen. „Wenn man im Ausland Geld anlegt, dann lieber in Nordwesteuropa“, sagt Sandra Klug von der Verbraucherzentrale Hamburg. Und die Zinsen werden bei Crédit Agricole auch jährlich ausgezahlt.
Welche Alternative gibt es, wenn ich die deutsche Einlagensicherung bevorzuge?
Dann gibt es zwei Empfehlungen, die beide neben der gesetzlichen Einlagensicherung auch Mitglied im Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken sind. Damit besteht eine erweiterte Absicherung bis fünf Millionen Euro pro Sparer. Credit Plus (Mindestanlage 5000 Euro) hat als Bank eine hohe Bonität und bietet für den Anlagezeitraum von zwei bis sieben Jahren jeweils vier Prozent Zinsen. pbb direkt (Mindestanlage 1000 Euro) ist ein Ableger der Deutschen Pfandbriefbank. Für fünf Jahre gibt es vier Prozent Zinsen. Wer sich zehn Jahre bindet, sichert sich jährlich 4,25 Prozent Zinsen, die jährlich ausgezahlt werden. Bei beiden Banken kann die Anlage direkt beantragt werden, also außerhalb von WeltSparen.
Wie funktioniert die Anlageplattform WeltSparen?
Das ist wie ein Supermarkt für Banken. Anleger können dort Tages- und Festgeldanlagen bei mehreren Banken managen, ohne sich immer wieder neu identifizieren zu müssen. Die Kunden melden sich nur einmal an, überweisen Erspartes auf die zu WeltSparen gehörende Raisin Bank, die die Gelder dann an die vom Kunden ausgewählten Banken weiterleitet.
Festgeld: Welche Alternativen gibt es?
Bundesanleihen sind wegen der niedrigen Rendite keine Alternative. Höhere Zinsen versprechen Firmenanleihen. Dazu braucht es aber ein Depot bei einer Bank und es entstehen mit dem Kauf an der Börse zusätzliche Kosten. Allerdings sind damit Renditen von 4,5 bis 5,0 Prozent möglich, bezogen auf eine Laufzeit von fünf Jahren. Aber es eignen sich immer weniger dieser Papiere für Privatanleger, weil viele Titel mit einer Stückelung von 100.000 Euro auf Großanleger zugeschnitten sind.
- Postbank - Kunden kommen nicht mehr an Geld auf Sparbüchern
- Hamburger Volksbank erhöht Kontogebühren deutlich
- Klimaneutrale Ökohäuser für 1550 Euro Miete im Monat
„Die Fondsgesellschaften haben deshalb begonnen, Laufzeitfonds aufzulegen“, sagt Christian Hamann von der Haspa. Zu Beginn kaufen die Profis Anleihen mit einer bestimmten Laufzeit. Nach etwa fünf Jahren wird der Fonds wieder aufgelöst und die Anleger bekommen ihr Geld zurück. „So lässt sich die Rendite gut kalkulieren und die Zinsen werden jährlich ausgeschüttet“, sagt Hamann. Dieses neue Anlageinstrument gibt es auch als kostengünstiges ETF, etwa vom Anbieter IShares. Darin sind Euro-Anleihen gebündelt, die bis Dezember 2028 laufen. Die Rendite liegt bei knapp vier Prozent. Anleihen und Fonds haben im Unterschied zu Festgeld den Vorteil, dass sie jederzeit an der Börse auch wieder veräußert werden können.