Hamburg. Überrumpelt die Deutsche Bahn kritische Anlieger? Streit um Zugang zu Grundstücken in Wandsbek, Enteignungen drohen.
Das Ringen um die Grundstücke entlang der Hamburger S-Bahntrasse für die geplante S4 wird immer härter und verbissener geführt. Am Freitag stoppten Anwohner die Deutsche Bahn, als sie gegen 7 Uhr am Schlossgarten 40 die Zäune entfernte, um die Baustraße für das Verlegen der beiden neuen Gleise nach Ahrensburg einzurichten. „Die Bahn hatte eine Abbruchfirma beauftragt, widerrechtlich unser Grundstück zu betreten“, sagt Anwohner Detlev Ketels. „Sie hat den Arbeitern wahrheitswidrig erzählt, ich hätte dem zugestimmt und unser Einigungsvertrag mit der Bahn sei unterschrieben. Das ist er nicht.“
Bahnsprecher Peter Mantik erklärte dem Abendblatt auf Nachfrage: "Wir prüfen die Vorwürfe und bitten um Verständnis dafür, dass wir uns zu Privatangelegenheiten nicht äußern." Ketels soll sein etwa 1400 Quadratmeter großes parkähnlich angelegtes Grundstück für die Erweiterung der Bahntrasse nach Lübeck zur Verfügung stellen.
S4: Neue Verbindung nach Hamburg – mit Tücken
Die Bahn will auf 17 Kilometern zwischen Hauptbahnhof und Ahrensburg zwei neue neben die bestehenden beiden Gleise bauen, um den schweren Güterverkehr aus Skandinavien durch die Stadt rollen zu lassen und zugleich mit der S4 eine neue Nahverkehrsverbindung zu schaffen. Dafür braucht sie entlang der Strecke diverse Privatgrundstücke von Anwohnern, die sich nach erfolglosen Gesprächen mit der Bahn mit rechtlichen Mitteln gegen die frühzeitige Zerstörung ihrer Heimat wehren.
„Wir haben der Bahn untersagt, unser Grundstück zu betreten“, sagt Ketels. „Sie tat es dennoch.“ Die Bahn hat die Enteignungsverfahren begonnen und geht gegen Anwohner der Strecke vor, die trotz der ergangenen Baugenehmigung (Planfeststellungsbeschluss) für die Gleise ihre Grundstücke nicht zur Verfügung stellen oder eben nicht zu den Bedingungen hergeben möchten, die die Bahn vorschlägt.
Wandsbek: Ärger mit Anwohnern der Bahnstrecke
Im Fall von Ketels dürfte die Bahn das Grundstück betreten, wenn sie die im „Einigungsvertrag“ mit Ketels verabredeten Vorbedingungen erfüllt. Dazu gehören die Verlegung der Baustraße und ein positiver Bauvorbescheid für den Neubau der drei Garagen, die die Bahn für die Baustraße abreißen will. Auch sollen alte Bäume und eine Rhododendronhecke weichen. Die Bedingungen, so Ketels, seien nicht erfüllt und die Bahn versuche bewusst, Anlieger zu überrumpeln.
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„Nach einem längeren Telefonat mit mir rückte der Abrisstrupp wieder ab“, sagt Ketels. Ihm sei versprochen worden, den Zaun wieder in Ordnung zu bringen. „Jedenfalls da, wo es noch geht“, sagt Ketels. „Es sind aber auch schon diverse Pfeiler abgerissen worden. Dort hat man mir jetzt Bauzäune versprochen.“
Verfahren gegen Baugenehmigung
Die Anwohner und die in Bürgerinitiativen zusammengeschlossenen Gegner vor allem des innerstädtischen Güterverkehrs haben wiederholt darum gebeten, die Bauvorbereitung erst dann zu starten, wenn die Gerichtsverfahren entschieden sind. Sie richten sich gegen die erste Baugenehmigung. Für die S4 müssen in drei Planungsabschnitten Planfeststellungsbeschlüsse ergehen. Einer liegt vor, und er ist beklagt worden. Die beiden andern Beschlüsse sind noch offen, und es gibt bereits jetzt die Ankündigungen, dass auch sie vor Gericht angefochten werden.
Die Bahn besteht darauf, die Baustraßen schon jetzt einzurichten. Sie darf es auch, weil die Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss keine aufschiebende Wirkung haben. Mit dieser Begründung wurden Anfang des Jahres auch schon im Wandsbeker Gehölz größere, von Protesten begleitete Abholzungen vorgenommen.