Bramfeld. Ende 2022 fiel Christel Minde auf eine Phishing-Nachricht herein – angeblich von der Haspa. Die Gutgläubigkeit kam sie teuer zu stehen.

Es ist kurz vor Weihnachten, der 20. Dezember 2022. Die Gedanken wuseln um noch fehlende Geschenke, das Rezept der Bratensoße oder um die festliche Deko herum: Kurz gesagt, der Kopf ist mit allerlei beschäftigt – und die Alarmglocken für etwaige Betrugsmaschen stehen auf stumm. So war es zumindest bei der 73-jährigen Hamburgerin Christel Minde, die am jenen Tag 4800 Euro verloren hat.

Die Haspa-Kundin erhielt eine SMS mit der Nachricht, dass sie ihren Push-Tan aktualisieren müsse. Sie folgte dem Link und loggte sich mit ihren Bankdaten in ihren Online-Account ein – in dem Glauben, dass die Website der Haspa gehörte.

Dies erwies sich jedoch als Irrtum: Hinter der sogenannten „Phishing-SMS“ steckten Betrüger. Durch die Dateneingabe sicherten sie ihre Bankdaten. Jetzt konnten sie eine Überweisung veranlassen, diese per TAN von Frau Minde bestätigen lassen – und schon waren fast 5000 Euro von Mindes Account weg.

Kriminalität: Diese Betrugsmasche wird auch als Phishing bezeichner

„Phishing“ setzt sich auf den englischen Bezeichnungen „password harvesting“ (Passwort ernten) und „fishing“ (angeln) zusammen. Der Begriff beschreibt Betrugsversuche, bei denen Kriminelle gefälschte Webseiten, E-Mails oder Kurznachrichten verschicken und sich als vertrauenswürdige Absender ausgeben. Ziel ist es, an persönliche Daten der Betroffenen zu gelangen.

Glück im Unglück: Der Geldbeutel von Frau Minde wurde zehn Tage zuvor gestohlen, einen Großteil ihrer Bankkarten hat sie daraufhin sperren lassen. Bis auf die Mastercard, von der die Betrüger das Geld abheben konnten. Wären die anderen Karten nicht gesperrt gewesen, wäre womöglich noch mehr Geld weg.

Seit dem Vorfall hat die verwitwete Frau Minde vieles in Gang gesetzt, um ihr Geld wiederzubekommen: Anzeige bei der Polizei gestellt, den Schaden der Haspa gemeldet, dem Anwalt ihrer Rechtsschutzversicherung Bescheid gegeben. Auch dem Bayern-Card-Service, welcher für die Mastercard der Haspa zuständig ist, habe sie den Fall gemeldet.

Minde sah ihre große Weltreise gefährdet – auf einmal war das Geld knapp

Gebracht hat das alles: nichts. Der Anwalt habe den Fall abgelehnt, die Schadensmeldung bei Bayern Card sei erfolglos für Minde. Sie sei selbst schuld, also kein Geld zurück. „Ich bin seit 30 Jahren Kundin bei der Haspa, die haben sich an mir dumm und dämlich verdient. Und jetzt das?“

Christel Minde ist verzweifelt: Sie habe dieses Jahr mit ihrer Tochter eine Weltreise antreten wollen. Nun sei das Geld knapp. Zudem verspürt sie eine Ungerechtigkeit: In einem NDR-Bericht von September 2022 wird der Fall einer Haspa-Kundin beschrieben, die ebenfalls auf eine solche Phishing-SMS hereinfällt.

Laut Bericht sei ihr das Geld sofort erstattet worden. „Warum wurde das in dem Fall anstandslos bezahlt – und in meinem nicht?“, fragt sich die Rentnerin aus Bramfeld.

Haspa erstattet der langjährigen Hamburger Kundin kein Geld

Stefanie von Carlsburg, Sprecherin der Haspa, erklärt, dass es eine bundesweit einheitliche Regelung gebe, unter welchen Voraussetzungen ein Schaden durch einen übergreifenden Haftungsfonds ersetzt werden könne: Dies sei nicht der Fall, wenn eine grobe Fahrlässigkeit vorliege bzw. Warnhinweise missachtet werden. Dies werde stets im Einzelfall geprüft.

Da es sich im Falle von Frau Minde um einen Mastercard-Schadensfall gehandelt habe, sei dieser an das für Kreditkarten zuständige Unternehmen Bayern Card weitergeleitet worden. Dieses sah in diesem konkreten Fall leider keine Möglichkeit einer Erstattung.

Dies sei Frau Minde auch so mitgeteilt worden. „Ja, ich bin drauf reingefallen – aber grob fahrlässig war das nicht“, erklärt Minde. „Die Nachricht war täuschend echt. Natürlich weiß ich auch, dass es solche Nachrichten gibt. Aber so schnell konnte ich gar nicht gucken, da war das Geld schon weg.“

Hamburger Staatsanwaltschaft sucht nach den Tätern

„Wir versuchen auf allen Wegen, unsere Kunden vor solchen Betrugsmaschen zu warnen und sie zu informieren und zu sensibilisieren“, erklärt von Carlsburg. Frau Minde habe Aufklärungsinformationen zu Phishing-SMS/Mails erhalten. Die Haspa informiere zudem im Onlinebanking fortlaufend über Sicherheitstipps und Betrugswellen und veranstalte regelmäßig Seminare zur Betrugsprävention und Onlinesicherheit.

Wie die Polizei Hamburg auf Anfrage erklärt, habe sie in den letzten zehn Jahren eine deutliche Zunahme von Betrugsfällen durch Phishing-Mails oder SMS regis­triert. Im Jahr 2022 habe es in Hamburg mehr als 30 Ermittlungen aufgrund solcher „Phishing-Delikte“ gegeben. Dies seien doppelt so viele wie noch im Jahr 2021.

Auch der Staatsanwaltschaft Hamburg liegt der Fall von Frau Minde vor. Das Verfahren wird gegen unbekannte Täter geführt. Ob diese gefasst werden können, bleibt abzuwarten.

Bei Mails oder SMS der Bank sollten Kunden wachsam sein

Christel Minde hat zudem einen Beratungstermin bei der Verbraucherzentrale in Hamburg wahrgenommen. Kerstin Föller, Sprecherin der Zentrale, erklärt: Um das Geld zurückzuerhalten, müsse der Kunde Beweise vorlegen, dass nicht grob fahrlässig gehandelt wurde.

Föller fügt hinzu: Die Rechtsprechung bei Phishing-Fällen sei in der Vergangenheit überwiegend zugunsten der Banken ausgefallen. Maßgebend sei hier ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2012, aus welchem hervorgeht, dass das Bankensystem mit einem Tan-Verfahren „möglichst wenig missbrauchsanfällig“ sei.

Föller rät, bei scheinbaren Mails oder SMS der Bank wachsam zu sein: Keine persönliche Anrede, Rechtschreibfehler oder unbekannte Absender können Hinweise darauf sein, dass es sich um eine Betrüger-Nachricht handelt.

Kriminalität: Für die Hamburgerin ist es zu spät – sie hat das Geld verloren

Zudem sei große Vorsicht geboten bei der Freigabe von persönlichen Daten und bei dem Klicken auf Links: Ein gesundes Misstrauen sei vernünftig. „Außerdem sollte man niemals das gleiche Gerät für Onlinebanking und die Eingabe der TAN nutzen“, erklärt Föller. So könne einem Betrug vorgebeugt werden.

Minde helfen all diese Tipps nicht mehr: Ein kurzer Moment der Unaufmerksamkeit, und 4800 Euro sind weg. „Ich komme finanziell wirklich in Schwierigkeiten.“