Hamburg. Am Wiesenredder soll das “Mallorca der kleinen Leute“ 150 Wohnungen weichen. Renaturierung der Stellau soll das ausgleichen.
Im Herbst 2020 ist Schluss. Dann versinkt die Insel der Seeligen, das „Mallorca der kleinen und finanzschwachen Leute aus Großlohe“. Dann schließt die Bäderland Hamburg GmbH das Rahlstedter Freibad Wiesenredder. Am Montag begann die Zukunft der rund 30.000 Quadratmeter großen Grünfläche. Mit der „Öffentlichen Plandiskussion“ in der Rahlstedter Dankeskirche startete das Bebauungsplanverfahren für den Bau von 150 Wohnungen. 250 bis 300 Bürger kamen – trotz der sehr späten Bekanntgabe der Anhörung. Und der Spontan-Abstimmung im Kirchenschiff zufolge wollten gut 90 Prozent die Bebauung verhindern. Auch die CDU will das Bad erhalten.
In Schutzanzügen und mit Warntafeln in der Hand protestierten Mitglieder der Bürgerinitiative „Rettet das Freibad Wiesenredder“ und des Hamburger Landschafts- und Klimaschutzverbandes (HLKV) gegen die „rotgrüne Bauwut“ und das Schaffen „investorenverseuchten Geländes“.
Harte Fronten und fehlender Glaube
Der Sprecher der Bürgerinitative, Wolfgang Trede: „Uns Bürgern reicht es, dass unser grünes Tafelsilber an einen noch unbekannten Investor verscherbelt werden soll.“ Er warf der Politik und dem Bezirksamt vor, hinter dem Rücken der Bürger mit Investoren verhandelt zu haben und forderte "maximale Transparenz. Wir haben ein Recht auf die Wahrheit".
Mit der Wahrheit ist es in Rahlstedt allerdings schwierig geworden. Den Aussagen von Bäderland, dem Amt und der rot-grünen Koalition wird jedenfalls schlicht kein Glauben geschenkt. Laut Bäderland gibt es weder einen Investor noch irgendwelche Gespräche mit möglichen Interessenten für die rund 30.000 Quadratmeter. Zwar sollen die Erlöse helfen, den Ausbau des nahen Hallenbades Rahlstedt an der Rahlstedter Straße gegenzufinanzieren. Aber: „Die Vermarktung der Freibad-Fläche hat noch nicht begonnen“, sagte Bäderland-Sprecher Michael Dietel.
Renaturierung der Stellau soll Bürger besänftigen
Das Grundstück solle möglichst einvernehmlich mit Bürgern und Politik entwickelt und erst dann an einen Investor verkauft werden. Es solle gerade nicht versucht werden, die Flächen maximal zu bebauen und damit den höchst möglichen Preis für das Grundstück zu erzielen, sagte Dietel. Laut SPD ist es erklärter und politisch beschlossener Bestandteil des Gesamtprojektes, einen sehr großen Teil der Fläche entlang der Stellau zu renaturieren und weitere Teilflächen der Bevölkerung ganzjährig als Naherholungsgebiet zugänglich zu machen. 60 Prozent des Grundstücks sollen bebaut werden.
Die im Zusammenhang mit dem Freibad Wiesenredder ebenfalls angestoßenen Bebauungspläne Rahlstedt 132 und 134 sollen den Wehlbrooker Wald dauerhaft frei von Beton halten und auch auf die Renaturierung der Stellau einzahlen. Das Flüsschen ist derzeit über weite Strecken verrohrt und als Oberflächengewässer kaum wahrnehmbar. Allerdings soll auf direkt südlich an die Stellau angrenzenden Grundstücken in der Amtsstraße Wohnbebauung erlaubt werden, die sich an den Vorgaben des Bebauungsplans Rahlstedt 127 orientiert.
Freibadfläche schrumpft von 30.000 auf 2.500 Quadratmeter
Die SPD sprach von rückläufigen Besucherzahlen im Freibad Wiesenredder und wies darauf hin, dass das Hallenbad Rahlstedt an der Rahlstedter Straße um ein Außenschwimmbecken erweitert werde und die Eintrittspreise dort trotz des wesentlich breiteren Angebots nicht höher wären als für das Freibad am Wiesenredder.
Die Bürgerinitative stellte das nicht zufrieden, zumal den Bauplänen erneut Landschaftsschutzgebiet geopfert werden soll. Der Rahlstedter CDU-Bezirksabgeordnete Florian Drebber erklärte, dass das Freibad Wiesenredder mit seinen 30.000 Quadratmeter Außenanlagen nicht ersetzt werden könne von einem Freibad Rahlstedter Straße mit 2.500 Quadratmeter Außenfläche. Auch der Bauspielplatz, der für die Neuordnung weichen müsse, werde auf ein Drittel seiner derzeitigen Größe und damit auf ein Drittel des Angebots zurückgefahren. Die Pläne seien sozial nicht ausgewogen und würden Rahlstedt unattraktiver machen.
Grüne sollen "echte Grüne" werden
Bürgerinitiativen-Sprecher Trede drohte eine Klage gegen den Bebauungsplan Rahlstedt 135 an. Zugleich schlug er vor, das Bauvorhaben von 150 auf 80 Wohneinheiten abzuspecken und das Freibad zu erhalten. Trede und HLKV äußerten die Hoffnung, dass die Grünen nach ihren großen Erfolgen bei Europa- und Bezirkswahl "nun zu echten Grünen werden und grüne Standpunkte wie den Erhalt von Landschaftsschutzgebieten endlich verteidigen".