Hamburg. Seit Jahren verschlechtert sich der Zustand des Quartierszentrums. Von allen Seiten wird protestiert – doch es passiert nichts.

Erneut kommt ein Aufschrei aus dem Zentrum von Steilshoop. Seit Jahren lässt dort der dänische Eigentümer Henrik Nygaard Johansen trotz massiver Proteste das Einkaufszentrum und zwei Gebäude mit 200 Wohnungen am Schreyerring verfallen. Jetzt beklagen Mieter schwerste Mängel – darunter Kakerlakenbefall, Schimmel, fehlerhaften Brandschutz und eine viel zu hohe Miete.

Um die Bewohner zu unterstützen hat Pastor Andreas Holzbauer, der seit dreieinhalb Jahren in Steilshoop arbeitet, den „Arbeitskreis EKZ Steilshoop“ gegründet. Auch der Stadtteilbeirat und der Mieterverein sind dort involviert.

Verdreckte Fußböden, heraushängende Steckdosen

Wilfried Lehmpfuhl, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg, hat im November die Schäden bei einem Rundgang durch die betroffenen Wohntürme dokumentiert. Die Liste ist lang. In den Treppenhausfluren platzt der Putz von den Wänden, die Fußböden sind verdreckt und stinken, an manchen Stellen fehlt die Deckenverkleidung und es gibt Hakenkreuzschmierereien.

Könnte man das noch als Schönheitsfehler durchgehen lassen, herrscht an andere Stelle große Gefahr für die Bewohner – etwa durch heraushängende Steckdosen und offen liegende Schalter, eine defekte Brandmeldeanlage, nicht schließende Brandschutztüren, Sperrmüll, der Fluchtwege verstellt, oder einen Feuerlöscher, dessen TÜV seit 2015 abgelaufen ist.

Menschen drohten, in Fahrstuhlschacht zu stürzen

Auch der Zustand der Wohnungen ist desolat: Um die Lüftungsanlagen in den Bädern hat sich Schimmel gebildet, immer wieder tauchen Scharen von Kakerlaken und Bettwanzen auf. „Dennoch verlangt der Vermieter in einigen Fällen mehr als zehn Euro Miete pro Quadratmeter“, sagt Pastor Holzbauer. „Außerdem klagen die Mieter über zu hohe Nebenkosten.“ Eine aufgedrehte Heizung im Treppenhaus, deren Wärme durch ein darüber liegendes kaputtes Fenster entweicht, dürfte kein Einzelfall sein.

Viele Bewohner würden sich nicht trauen, zu protestieren, sagt der Pastor. „Sie haben Angst vor einer Kündigung und befürchten, obdachlos zu werden.“ Er kenne aber auch Fälle, in denen die schlimmen Wohnumstände aus Scham oder Furcht vor Sorgerechtsentzug verheimlicht würden.

Auf Beschwerden reagiere der Vermieter, wenn überhaupt, sehr eigenwillig. Einem Mieter, der sich über Schimmel beschwert habe, sei ein Eimer mit Farbe vor die Tür gestellt worden – mit dem Hinweis, er könne die Stelle ja überstreichen. Anderen werde offen gesagt, sie könnten ja ausziehen, wenn es ihnen nicht passe. Auch als sich die Fahrstuhltüren öffneten, obwohl gar kein Fahrgastkorb dahinter war und daher Menschen in den Schacht hätten stürzen könne, wurde der Schaden erst nach Intervention des Mietervereins repariert.

Die Hausverwaltung Fortuna ist nicht zu erreichen

Die zuständige Hausverwaltung Fortuna um Stellungnahme zu bitten, gestaltet sich als schwierig bis unmöglich. Die im Internet angegebene Telefonnummer erweist sich als falsch, eine Mail kommt als unzustellbar zurück. Das zuständige Bezirksamt Wandsbek hat da offenbar andere Kanäle. Konfrontiert mit dem Protokoll des Mietervereins habe man umgehend Kontakt aufgenommen und um Stellungnahme gebeten, sagt Sprecher Jacob Löwenstrom. „Das Bezirksamt wird die umgehende Mängelbeseitigung durch den Eigentümer konsequent und ohne Aufschub weiter verfolgen.“

Der Umfang der Schäden sei dem Bezirksamt nicht bekannt gewesen. Bei einer Begehung im März 2018 hätten Kollegen aus dem Wohnraumschutz keine hygienischen Mängel festgestellt, so Löwenstrom. Das gelte jedoch nur für das Treppenhaus. Zugang zu Wohnungen sei den Kollegen nur in zwei Fällen gewährt worden. Dort hätten sie nichts zu beanstanden gehabt.

Eigentümer sorgte bereits Anfang der 1990er-Jahre für Schlagzeilen

Die gravierenden brandschutztechnischen Mängel, die damals mit ein Grund für die Begehung gewesen wären, seien durch den Eigentümer fristgerecht beseitigt worden. Die durch den Mieterverein festgestellten aktuellen Schäden wie eingeschlagene Scheiben oder defekte Brandschutztüren müssten demnach zwischenzeitlich durch Vandalismus erfolgt sein.

Eigentümer Henrik Nygaard Johansen, der sein Geld neben Immobilien auch mit Schiffen verdient, hatte bereits Anfang der 1990er-Jahre von sich reden gemacht. Als Besitzer der Scandinavian Star, auf der 1990 bei einer Brandkatastrophe vor Schweden 159 Menschen ums Leben kamen, wurde er zu sechs Monaten Haft verurteilt: Er hatte Sicherheitsregeln nicht beachtet.