Hamburg. Ab Januar 2018 kommen Beamte einmal pro Woche in die Bücherhalle. Bezirkschef verteidigt Schließung. Bürgerverein lenkt plötzlich ein.
Der Wandsbeker Bezirksamtsleiter Thomas Ritzenhoff (SPD) hat die Schließung des Kundenzentrums Walddörfer offiziell verkündet und seine Maßnahme umfangreich begründet. Flankierend teilten die Rot-Grünen Koalitionsspitzen in Bezirk und Bürgerschaft nun mit, dass das laut Ritzenhoff nicht wirtschaftlich zu führende Kundenzentrum (KuZ) durch einen mobilen Bürgerservice ersetzt werde, die Versorgung vor Ort also nicht gänzlich entfalle. Für die Walddörfer sei ein mobiler Service-Tag in der Woche vorgesehen.
Damit bröckelt jetzt die Front der Protestler gegen die Schließung. Der Bürgerverein Walddörfer, der bereits gut 7500 Unterschriften gegen das Aus in Volksdorf gesammelt hat, zeigt sich jetzt verhandlungsbereit und will seine Unterschriftensammlung aussetzen, wenn der mobile Service von dem bereits zugesicherten einen Tag auf zwei Tage in der Woche ausgeweitet werde, sagte der Bürgervereinsvorsitzende Manfred Heinz. An der Schließung des KuZ "kommen wir letztlich wohl nicht vorbei".
Bürgerverein ändert die Strategie
Für den wirtschaftlichen Betrieb des KuZ an der Farmsener Landstraße seien bei den jetzt allgemein angepeilten langen Öffnungszeiten von 7 bis 19 Uhr mindestens 11,5 Stellen nötig, ließ Ritzenhoff den Politikern im Wandsbeker Hauptausschuss mitteilen. Das KuZ Walddörfer hatte Ende März 2014 noch 6,64 Stellen, die zum Juli 2014 auf 4,0 Stellen reduziert wurden. Den ersten Anlauf zur Schließung des KuZ hatte Ritzenhoff 2013 gestartet. Damals war er am Walddörfer Bürgerverein und seiner Androhung eines Bürgerbegehrens gescheitert.
CDU, Liberale und Linkspartei laufen Sturm gegen die „bürgerfeindliche Abschaffung ortsnaher Dienstleistungen“. Unisono hatten sie der SPD-dominierten Verwaltung vorgeworfen, das KuZ über Jahre systematisch verkleinert und unattraktiver gemacht zu haben, um jetzt mit dieser selbst herbeigeführten Misere das Aus zu begründen. Der mobile Service sei eine "Alibi-Lösung", sagte der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Thilo Kleibauer. Der Bürgerverein, der sonst ins gleiche Horn gestoßen hatte, hielt sich zurück. Die mobile Dienststelle für die Walddörfer war 2011 schon einmal ins Gespräch gebracht, aber wieder fallen gelassen worden.
SPD und Grüne loben ihren Einsatz
Der SPD-Fraktionschef in der Bürgerschaft, Andreas Dressel, lobte dagegen den Einsatz der Rot-Grünen Politiker. „Es ist gelungen, das KuZ als mobile Dienststelle zu erhalten. Wir haben die ersatzlose Schließung abgewendet“. Das helfe insbesondere mobilitätseingeschränkten Menschen und Senioren. Ähnlich äußerte sich die stellvertretende Grünen-Fraktionschefin Christiane Blömeke. Sie freue sich über die „Abfederung“ der Schließung in Volksdorf. Dressel nahm die Forderung des Bürgervereins nach einem zweiten Service-Tag auf. "Es wird weitere Gespräche geben, der Dissens ist jetzt sehr eingegrenzt." Dass es in Volksdorf keine Sommerschließungen mehr geben werde, sei sicher.
Die Behörden, die unter Federführung der Finanzbehörde ein neues Konzept für die Kundenzentren erarbeiten, wollten Volksdorf ersatzlos dicht machen, hieß es. Nach Abendblatt-Informationen wurde ein halbes Jahr lang um den mobilen Service gefeilscht. Ab Januar sollen die verlängerten Öffnungszeiten hamburgweit gelten und damit der Vorlauf für Termine auf maximal 10 bis 14 Tage reduziert werden.
Mobil kann alles, was stationär auch kann
Das mobile Kundenzentrum in Volksdorf soll nach derzeitigem Stand ab Januar 2018 einen Tag in der Woche öffnen, und zwar in der öffentlichen Bücherhalle. Sie zieht zum Jahreswechsel in die Eulenkrugpassage (Eulenkrugstraße) um, die knapp zehn Minuten zu Fuß vom bisherigen Kundenzentrum entfernt liegt, und wird barrierefrei erreichbar sein. Ein Antrag der Rot-Grünen Koalition in der Bürgerschaft soll den reibungslosen Übergang in den mobilen Betrieb sicherstellen.
Der mobile Service kann das ganze Programm der Dienstleistungen eines KuZ anbieten und wird in ähnlicher Form schon in den Flächenländern praktiziert, sagt Dressel. Das Hamburger „Mobil-Team“ wird auch in Wilhelmsburg und Finkenwerder eingesetzt, wo die KuZ ebenfalls aufgegeben werden.
Was letztlich an Geld gespart wird, ist unklar
Laut Ritzenhoff spart die Schließung des KuZ Walddörfer 65.000 Euro Betriebskosten im Jahr. Der Bus ins benachbarte KuZ Alstertal brauche nur 14 Minuten und die Kundenstruktur im KuZ Walddörfer zeige, dass viele Walddörfer schon jetzt ins KuZ Alstertal gehen. Zu den Kosten für das mobile Kundenzentrum in Volksdorf macht er keine Angaben. Finanzbehördensprecher Daniel Stricker lässt die entsprechende Abendblatt-Anfrage unbeantwortet. CDU-Mann Kleibauer bescheinigte der Planung fehlende Nachhaltigkeit und Inkonsequenz. "Insgesamt werden 18 Millionen Euro für die Verbesserung des Bürgerservices ausgegeben. Dann wegen ein paar Tausend Euro und gegen den erklärten Bürgerwillen ein KuZ zu schließen, macht keinen Sinn." Die CDU- will mit einem eigenen, allerdings wenig aussichtsreichen Bürgerschaftsantrag die Schließung noch abwenden.
Der Walddörfer Bürgerverein hatte im Frühjahr mit einem Bürgerbegehren das Aus für Volksdorf abwenden wollen. Doch was 2013 funktionierte, wurde 2017 abgeschmettert. Eine 2014 geänderte Verordnung machte es möglich. Denn anders als 2013 muss jetzt die Bezirksversammlung nicht mehr gefragt werden, wenn ein KuZ geschlossen wird. Formal kann der Bezirksamtsleiter allein entscheiden. Das Bürgerbegehren wurde als unzulässig zurückgewiesen.