Wandsbek. Schneller zum Personalausweis oder Reisepass als im Bezirksamt? Opposition kritisiert die Turbo-Termine in Meiendorf.

Die Liberale Fraktionsgemeinschaft, Linkspartei und die CDU im Bezirk Wandsbek haben das neue Kundenzentrum in Meiendorf massiv kritisiert. Es liege fernab einer zumutbaren Erreichbarkeit am Stadtrand im Gewerbegebiet, öffne nur für ein halbes Jahr und sei eine alles andere als alternativlose Lösung der Service-Probleme in den Kundenzentren.

Außerdem werde parallel die Schließung der Kundenzentrum Walddörfer und Bramfeld zumindest in den Sommermonaten betrieben. „Absolut unverständlich und ein unauflösbarer Widerspruch“, sagten CDU, Liberale und Linkspartei.

Lieber Etabliertes länger öffnen als im Nirgendwo neu öffnen

Die Stadt hatte unter Federführung des Bezirksamtes Mitte am 1. März in der leerstehenden Reservehalle des Ankunftszentrums für Flüchtlinge am Bargkoppelweg das Interimskundenzentrum eröffnet, um Engpässen bei der Ausstellung von Pässen und Personalausweisen begegnen zu können. Dafür wurde auch Personal aus den Einwohnermeldeämtern abgezogen und geschult.

„Es wäre sinnvoller gewesen, mit dem zusätzlichen Personal die Öffnungszeiten in bestehenden Kundenzentren auszudehnen“, sagte die Neue Liberale Sylvia Canel. Meiendorf öffnet an fünf Tagen jeweils von 7 bis 19 Uhr. Viele der 20 Hamburger Kundenzentren haben jeweils einen Tag in der Woche geschlossen, alle machen abends früher zu.

Auch die Zuständigkeit für das neue Wandsbeker Kundenzentrum dem Bezirk Mitte zu geben, monierte Canel als befremdlich. Sie warf dem Senat vor, mit „Actionman Droßmann“ (dem Bezirksamtsleiter Mitte, Falko Drossmann (SPD), die Redaktion) eine werbewirksame PR-Aktion gestartet zu haben. Für das Kundenzentrum im Gewerbegebiet spreche allenfalls sein „Loft-Charakter“, der möglicherweise so etwas wie „Start-up-Feeling“ vermitteln solle.

Stellenaufbau stelle nur Stand von 2012 wieder her

Der angekündigte Stellenaufbau im Bürgerservice sei eine Mogelpackung. Rund 210 von 220 Vollzeitstellen waren im Jahr 2012 in den Kundenzentren durchschnittlich besetzt. Bis Mitte 2016 schrumpfte die Zahl auf 163, rechnete Canel vor. Wenn jetzt der Senat den Aufbau von 68 neuen Stellen ankündige gehe es schlicht darum, die Mitarbeiterzahl von 2012 wieder zu erreichen.

Der CDU-Abgeordnete Sören Niehaus nannte es eine schallende Ohrfeige für den Wandsbeker Bezirkschef Thomas Ritzenhoff (SPD), dass offenbar weitestgehend an ihm vorbei ein Kundenzentrum „in seinem Gebiet“ eröffnet habe. Die SPD-Abgeordneten wollten sich nicht dafür verbürgen, dass Ritzenhoff in die Pläne eingeweiht war. Marlies Riebe (SPD) legte Wert darauf zu betonen, dass sie es „nicht weiß, sondern nur davon ausgeht“, dass Ritzenhoff im Bilde war. Der Bezirksamtsleiter schwieg dazu.

SPD: Lieber schnell handeln als langsam untergehen

Die SPD verteidigte die Neueröffnung in Meiendorf. Es gehe um ein langfristig angelegtes Konzept zur Verbesserung der Arbeit in den Kundenzentren, das zuerst im Bezirk Mitte umgesetzt werden solle, sagte Fraktionschefin Anja Quast. Deshalb sei Droßmann federführend und nicht Ritzenhoff. Meiendorf mit seinen geänderten Arbeitsabläufen sei das Pilotprojekt. Die Halle habe leer gestanden und sei schnell herrichtbar gewesen. Das vor allem habe sie angesichts der dringlichen Probleme ausgezeichnet.

Opposition will Kundenzentren Walddörfer und Bramfeld behalten

Heftige Kritik auch von der Linkspartei kam zur offenbar wieder bevorstehenden temporären Schließung der Kundenzentren Walddörfer und Bramfeld in den Sommermonaten. „Auf der einen Seite wird getrommelt und werbewirksam Bürgernähe inszeniert, auf der anderen wird ganz im Stillen zusammengestrichen“, sagte Linken-Fraktionschef Julian Georg. Der CDU-Mann Niehaus forderte Ritzenhoff auf zu erklären, ob er die beiden fraglichen Kundenzentren im Sommer schließen oder offen halten werde. Auch dazu schwieg der Amtschef.

Die gesamte Opposition erneuerte ihre Forderung, das Kundenzentrum Walddörfer auch über das Jahr 2018 hinaus offen zu halten. Der Mietvertrag müsse verlängert werden. Die Option dazu läuft Mitte 2017 aus. Ritzenhoff überlegt, das kleine Kundenzentrum in Volksdorf zu schließen.