Hamburg. Hier kann jeder Pässe und Ausweise beantragen, ohne wochenlang auf Termine zu warten – meist noch am selben Tag.
Die Lagerhalle liegt im Gewerbegebiet des Rahlstedter Ortsteils Meiendorf. Die Decken sind bis zu zehn Meter hoch. An den Wänden verlaufen silberfarbene Rohre. Durch die große Fensterfront dringt das Tageslicht in den großen Raum. Mittendrin fünf Schreibtische: „Wir hören von den Kunden immer wieder, dass es hier wie in einem Start-up-Unternehmen aussieht“, sagt Herbert Harnacke, der Leiter von Hamburgs neuem Kundenzentrum am Bargkoppelweg, das vor etwas mehr als einem Monat eröffnet wurde.
Die Lagerhalle hatte bis vor Kurzem als Zentrale Erstaufnahme für Flüchtlinge gedient. Die Kabinen mit Doppelstockbetten und die Duschräume sind immer noch vorhanden.
Morgens Termin für den Nachmittag
Heute können hier alle Hamburger ihre Passangelegenheiten regeln – also Reisepass, Kinderausweis oder Personalausweis verlängern beziehungsweise neu beantragen. Es ist das erste Kundenzentrum der Stadt, das montags bis freitags jeweils von 7 bis 19 Uhr geöffnet hat. „Es werden nicht nur XXL-Öffnungszeiten angeboten, sondern hier kann man in den meisten Fällen auch morgens einen Termin für den Nachmittag buchen“, sagt Falko Droßmann (SPD), Leiter des Bezirksamts Hamburg-Mitte. Dies sei dadurch möglich, dass die Termine generell nur für drei Werktage im Voraus freigeschaltet werden würden.
Wer derzeit einen Termin in einem der übrigen 20 Kundenzentren Hamburgs reservieren will, muss sich in der Regel noch sechs Wochen bis Mitte Mai gedulden. Dort ist die Termin-Not dramatisch – deshalb hatte die rot-grüne Koalition schon im Januar mehr Service und längere Öffnungszeiten versprochen. Doch das wird in den übrigen Kundenzentren noch dauern, denn die Umsetzung des „Elf-Punkte-Plans“ , die von der Abteilung „Kasse.Hamburg“ der Finanzbehörde koordiniert wird, soll erst Ende 2018 abgeschlossen sein.
Zurück nach Meiendorf. Ungewöhnlich ist auch, dass ausgerechnet das Bezirksamt Mitte das neue Kundenzentrum im Bezirk Wandsbek betreibt. Dem Vernehmen nach wird dem Bezirk Mitte innerhalb der Hamburger Behördenlandschaft die größte Kompetenz zugetraut.
Das will Falko Droßmannn nicht kommentieren, aber er sagt: „Das ist hier ein Kundenzentrum der Zukunft. Wir probieren neue Abläufe aus, die die Servicequalität für die Bürger erhöhen und die Arbeitsqualität für die Mitarbeiter verbessern sollen.“
Die Einrichtung ist auf ein halbes Jahr befristet
Dazu gehört zum Beispiel auch ein neues Display im Eingangsbereich. Dort können die Kunden nach ihrem Besuch per Knopfdruck den Service bewerten. Passfotos werden hier nicht mehr in den althergebrachten Kabinen gemacht, sondern über eine Kamera, die der Kunde selber über ein Computerprogramm steuert. Danach landet das Foto elektronisch direkt bei den Mitarbeitern.
Auch das ist neu: Das Personal hat bislang im sogenannten Ankunftszentrum für Flüchtlinge am Bargkoppelstieg gearbeitet, das beim Einwohnerzentralamt angesiedelt ist. Jetzt wurden diese Mitarbeiter zum Bezirksamt Mitte abgeordnet und sechs Wochen lang für die neue Aufgabe geschult. Dazu gehörte auch ein Praktikum in den schon bestehenden Kundenzentren.
„Mir macht die Arbeit Spaß. Denn hier sind die Kunden dankbar, weil sie so kurzfristig einen Termin erhalten. Dafür kommen sie aus dem gesamten Stadtgebiet nach Meiendorf“, sagt Jörg Hoßbach, der hier gemeinsam mit 25 anderen Mitarbeitern im Schichtdienst arbeitet. Seine Kollegin Bettina Lendzian sagt: „Wir haben hier häufig Kunden, denen zwei Tage vor ihrem Urlaub einfällt, dass ihr Reisepass verlängert werden muss. Die können natürlich nicht wochenlang warten und sind erleichtert, wenn sie hier noch kurzfristig diese Dienstleistung erhalten.“
Schnell und effizient
Der Wartebereich ist nur durch einen Sichtschutz von den Schreibtischen getrennt. Auf einem Monitor erscheinen die Nummern, die als Nächstes aufgerufen werden. Der Student Lars Finck: „Ich brauche einen neuen Personalausweis und habe vorgestern einen Termin gemacht. Ich bin überrascht, wie offen und hell das Kundenzentrum gestaltet ist.“ Auch der Koch Mitja Kalitz aus Barmbek hat einen neuen Personalausweis beantragt. Er sagt: „Dass man nicht mehr zwei Monate auf einen Termin warten muss, ist ein echter Vorteil ebenso wie die längeren Öffnungszeiten. Das ist praktisch für die, die im Schichtdienst arbeiten.“
1263 Passangelegenheiten seien allein im ersten Monat schon dort bearbeitet worden, „das zeigt, wie schnell und effizient hier gearbeitet wird, sagt Droßmann. Allerdings ist die Einrichtung in Meiendorf keine Dauerlösung, sondern nur ein „temporäres Kundenzentrum, das Ende September wieder schließen soll“, sagt Droßmann. Dann kehren die Mitarbeiter zum Einwohnerzentralamt zurück. Droßmann sagt aber: „Wir suchen nach einer Lösung, um dieses Kundenzentrum auch über das halbe Jahr hinaus öffnen zu können. Letztlich wird sich die Situation in allen Kundenzentren in den nächsten Monaten deutlich verbessern.“
Kundenzentrum Walddörfer soll 2018 schließen
Allerdings steht das nur wenige Kilometer nördlich gelegene Kundenzentrum Walddörfer 2018 vor dem Aus. Das Bürgerbegehren zum Erhalt ist auch im Widerspruchsverfahren vor der Finanzbehörde abgelehnt worden. Der Initiator und Bürgervereinsvorsitzende Manfred Heinz sagt, diese Entscheidung sei „nicht zu vermitteln“. Der Bürgerverein werde von einer Klage absehen, aber trotzdem Unterschriften gegen die Schließung der Dienststelle sammeln.