Hummelsbüttel. In Hummelsbüttel sollen 364 Wohnungen entstehen. Neuer Verband fordert aber den Erhalt der Landschaftsschutzgebiete.
Der umstrittene Bau in der geschützten Hummelsbütteler Feldmark startet. Die Saga Unternehmensgruppe bestätigte dem Abendblatt, dass jetzt die Baustraße eingerichtet und mit den Erdarbeiten begonnen wird. Im ersten Bauabschnitt entstehen 182 Wohnungen in viergeschossigen Häusern westlich des Rehagen. Ende 2017 sollen dort Flüchtlinge einziehen. Dafür wurde gegen den erbitterten Widerstand der Bürgerinitiative vor Ort, der CDU und der Naturschutzverbände der Landschaftsschutz aufgehoben.
Zur Verbesserung der Stimmung hatten der SPD-Fraktionschef Andreas Dressel und der Hummelsbütteler SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Tim Stoberock Silvester zum Jahresabschlussgipfel mit Sekt und Berlinern auf den Poppenbütteler Müllberg geladen. Sie wollten die Hummelsbütteler Initiativen mit der Flüchtlingsunterbringung versöhnen, die die „Perspektive Wohnen“ vorsieht und also keine bloß temporäre Lösung darstellt. Es kamen Demonstranten.
120 Protestler beklagen „geschmackosen Ort“
Der neu gegründete Hamburger Landschafts- und Klimaschutzverband (HLKV) bestieg mit 120 Protestlern und Transparenten den Berg, um die Bebauung der Hummelsbütteler Feldmark doch noch zu verhindern. Die nach den neuen Bestimmungen des Baurechts kurz vor Weihnachten ausgestellte Sondergenehmigung für die Wohnungen verbaue die Klimaachse, die als Kaltluftleitbahn Frischluft in die Innenstadt bringe und deshalb geschützt ist bzw. eben - geschützt war.
HLKV-Vorstand Niels Hanßen bescheinigte Dressel, er hätte „keinen geschmackloseren Ort“ für seinen Jahresausklangsgipfel wählen können: „Von der Bergspitze hat man einen wunderbaren Blick über die unverbaute Hummelsbütteler Feldmark. Das allerdings zum letzten Mal, denn jetzt wird mit den Zerstörungsarbeiten begonnen.“
Erst die Flüchtlinge, dann die Natur
Aufgrund der Flüchtlingskrise hatten SPD und Grüne entschieden, regulären Wohnungsbau in der Feldmark zuzulassen und die Neubauten zunächst mit Flüchtlingen zu belegen. Die Menschen seien da und ihr Recht auf ein Dach über dem Kopf sei wichtiger als die Natur. Dressel warf dem HLKV vor, wesentliche Teile des Kompromisses mit der Volksinitiative „Hamburg für gute Integration“ auszublenden: „Politik und Verwaltung halten sich auch am Rehagen an den im Sommer 2016 vereinbarten Kompromiss mit der Volksinitiative gegen große Flüchtlingsunterkünfte. Er sieht eine deutliche Verkleinerung der Planungen in der Feldmark und zahlreiche ökologische und soziale Begleitmaßnahmen vor.“ Die Initiative in Hummelsbüttel habe zwar den Kompromiss nicht mitgetragen, die Politik fühle sich aber trotzdem verpflichtet, die reduzierte Planung umzusetzen.
Der HLKV fordert den generellen Verzicht auf die Bebauung von Landschaftsschutzgebieten. Die SPD habe unter Duldung durch die Grünen die Flüchtlingsunterbringung nur vorgeschoben, um Grüngebiete für Wohnungsbau zu erschließen. Die CDU, Nabu und BUND vertreten zumindest in Hummelsbüttel die gleiche Linie.
BUND prüft rechtliche Schritte
Der BUND will die rechtlichen Möglichkeiten jetzt „intensiv prüfen“ und gegebenenfalls klagen, sagte BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch. Wer den Bau noch verhindern will, müsste allerdings zügig einstweilige Verfügungen erwirken. Der HLKV, dem der Kurs von Nabu und BUND erklärtermaßen zu geschmeidig ist, hat noch kein Verbandsklagerecht. Er warf dem Bürgermeister Wortbruch vor. Olaf Scholz (SPD) habe noch kurz vor der Wahl 2015 versprochen, die Klimaachsen freizuhalten und dies auch im Koalitionsvertrag so festgeschrieben.
Dressel: „Die Landschaftsachse bleibt erhalten. Die Hummelsbütteler Feldmark umfasst 516 ha, die Baufläche 2,6 ha. Wir sprechen hier also über 0,5 % der Feldmark.“ Auch die Behauptungen über die Klimawirkungen seien nicht richtig. Dressel verwies auf ein eigens beauftragtes aktuelles Gutachten, das die Unbedenklichkeit des Baus bestätige.
Die Verwaltung hatte allerdings die Erteilung der Baugenehmigung angekündigt, bevor das Gutachten erstellt war.
Weitere 182 Wohnungen und ein Gesprächsangebot
Zu den jetzt in Angriff genommenen 182 Sozialwohnungen werden in einem zweiten Bauabschnitt östlich des Rehagen weitere 182 frei finanzierte Wohnungen für den regulären Wohnungsmarkt hinzukommen. Damit soll die Bewohnerschaft im Quartier durchmischt werden. Bis zum 31. Dezember 2019 wird die Anzahl der Plätze für die Flüchtlingsunterbringung auf 300 reduziert. Dazu hat sich die Stadt im Zuge der Einigung mit der Volksinitiative „Hamburg für gute Integration“ verpflichtet.
Die Saga Unternehmensgruppe soll zudem ein Quartiersmanagement installieren, das im Zusammenspiel mit dem Nachbarquartier Tegelsbarg von Beginn an die Integration begleitet und so einen stabilen Sozialraum entstehen lässt. Dressel hat die Protestler zu weiteren Gesprächen eingeladen.