Hamburg . Behörde zahlt nur noch eine Reinigung pro Tag. Eltern von körperlich und geistig eingeschränkten Schülern sind entsetzt.

Überfüllte Windeleimer, ausgespuckte Essensreste, unangenehme Gerüche in den Räumen – dieses Szenario befürchten viele Eltern der Schule Tegelweg in Farmsen-Berne, die von 140 zum Teil schwerst mehrfach behinderten und dementsprechend gesundheitlich sensiblen Kindern und Jugendlichen besucht wird. Der Grund für ihre Sorge: Die Ganztagsschule soll ab dem 1. Juli nur noch einmal täglich ab 16 Uhr gereinigt werden.

„Das ist ein unhaltbarer Zustand und bedeutet eine erhebliche Belastung für Schüler, Lehrer, Therapeuten und Betreuer“, sagt Christian Kleinke, dessen Sohn die Schule Tegelweg besucht. „Es ist eine Schule für Kinder mit körperlichen, motorischen und auch geistigen Einschränkungen. Das bedeutet auch, dass es Besonderheiten bei der Reinigung und eine andere Art der Verschmutzung gibt als etwa an einem Gymnasium“, so Kleinke, der Elternratsvertreter, Mitglied der Elternkammer Hamburg und Vorsitzender des Kreiselternrats Sonderschulpädagogik ist.

Schulleiter hat von Änderung nur durch Zufall erfahren

Bisher gibt es an der Schule, die neben Klassenzimmern etwa auch über Therapieräume, Essensräume und sanitäre Anlagen verfügt, einen Tagesreinigungsdienst während des laufenden Betriebs. „Das bedeutet, dass eine Person von 10 bis 16 Uhr auf Zuruf im Einsatz ist“, sagt Schulleiter Matthias Gerber. Dass sich das ab diesem Freitag ändern wird, hat er nur durch Zufall mitbekommen. „Ich habe zufällig eine Kommission bei uns im Haus angetroffen und diese angesprochen“, so Gerber. Eine Vertreterin der Finanzbehörde habe ihm daraufhin mitgeteilt, dass die Reinigung der Schule neu ausgeschrieben werde. Sein Wunsch, daran beteiligt zu werden, sei ignoriert worden.

„Die Schule Tegelweg wird ab dem 1. Juli täglich ab 16 Uhr gereinigt“, bestätigt Finanzbehördensprecher Daniel Stricker dem Abendblatt. Der Schulbau Hamburg erhalte von der Schulbehörde im Rahmen der Bewirtschaftung der Hamburger Schulgebäude eine Miete, in der auch der Umfang der Reinigung enthalten sei. Stricker weist darauf hin, dass der sogenannte Reinigungs- und Hygieneplan für Sonderschulen eine tägliche Reinigung vorsieht. „Auf diesen Umfang ist die Miethöhe kalkuliert“, sagt Stricker.

Behörde: "Spontane Verschmutzungen werden durch das schuleigene Personal beseitigt"

„Die mit der Schule Tegelweg vergleichbaren Sonderschulen in Hamburg wurden daher auch bisher schon jeweils einmal täglich gereinigt“, sagt der Behördensprecher. „Selten vorkommende spontane Verschmutzungen werden durch das schuleigene Personal beseitigt.“ Wegen der Vorgaben sei nun auch die Reinigung an der Schule Tegelweg neu ausgeschrieben worden. „Über die tägliche Reinigung hinausgehende Leistungen müssten die Schulen auf Wunsch im Einzelfall entweder selbst bezahlen oder es müsste insgesamt über eine entsprechende Erhöhung der Mietzahlungen nachgedacht werden.“

Für Schulleiter Matthias Gerber ist das eine „aberwitzige Erklärung“, wie er sagt. Natürlich würden die Pädagogen und Betreuer mal etwas wegwischen, wenn etwa beim Essen etwas auf dem Boden landet. „Aber dass pädagogische Fachkräfte Klos und Liegen putzen, volle Windeleimer nach draußen bringen sollen und sich in der Zeit nicht um die Schüler kümmern können, das kann ich mir nicht vorstellen“, sagt Gerber. Die neue Regelung sei ein massiver Einschnitt, den Gerber so nicht hinnehmen will. „Ich habe die Schulaufsicht benachrichtigt mit der Bitte um Unterstützung“, sagt er.

Schule erfordere besondere Reinigung

Es gehe um Kinder und Jugendliche, die noch trainieren, auf die Toilette zu gehen und bei denen auch mal etwas daneben geht. Und um Schüler die aufgrund von Medikamenten häufig Durchfall haben. Es gebe ein vergleichsweise hohes Vorkommen von Infektionskrankheiten und Schüler, deren Körper äußerst sensibel auf Viren, Keime und Bakterien reagieren. Das alles seien Besonderheiten an der Schule, die auch eine besondere Reinigung erforderten, sagt Gerber.

„Es ist unglaublich, dass nun die Schule selbst saubermachen soll oder extra zahlen soll“, sagt auch der Elternratsvertreter Christian Kleinke. „Ich dachte immer, Schule ist für die Pädagogik da – und nicht fürs Putzen."