Niendorf. Um Umbauten und Sanierungen bezahlen zu können, werden Gebäudeteile weitervermietet. Eltern protestieren dagegen.
Viel Platz zum Toben in den Pausen bietet der Schulhof der Grundschule Moorflagen, und während manche Schulen Platznot beklagen, kommt die Schulleitung mit den fünf Einzelgebäuden, die durch gläserne Laubengänge miteinander verbunden sind, gut zurecht. Bislang. Zum 31. Juli muss die Schule nämlich ein Gebäude abgeben, weil so viel Fläche für jeden Schüler gar nicht vorgesehen ist. Dagegen wehren sich die Eltern mit einem Protestbrief an Schulsenator Ties Rabe (SPD).
Nachdem Schulbau Hamburg bereits ein Gebäude an die Jugendmusikschule vermietet hat, soll nun ein weiterer Bau zweckentfremdet werden und den Schülern nicht mehr zur Verfügung stehen. Wer Nachmieter wird, steht hier noch nicht fest. „Wir sind eine Schule mit Schwerpunkt Inklusion und benötigen dieses vierte Klassenhaus dringend. Wir haben Kinder im Rollstuhl, die unbedingt barrierefreien Zugang zu Räumen brauchen“, sagt Andreas Yasseri, Elternratsvorsitzender. In diesem Schuljahr würden 17 Kinder mit Behinderungen unterrichtet, acht davon sind motorisch eingeschränkt. Ein großer Teil der Kinder mit Behinderung bekommt in dem Haus, das weitervermietet werden soll, in der Schulzeit von acht bis 16 Uhr seine Therapie. „Diese sind notwendig, damit die Kinder überhaupt beschult werden können.“
Der Grund für den Wegfall des Gebäudes ist die zu niedrige Schülerzahl. „Die Hoffnung, dass sich in der vergangenen Anmelderunde für die ersten Klassen am Standort eine Dreizügigkeit entwickeln könnte, hat sich leider nicht herausgestellt. Daher planen wir auch weiterhin mit einer Zweizügigkeit“, sagt Behördensprecher Peter Albrecht.
Je weniger Schüler, desto weniger Fläche steht den Schulen zu
Damit die Schulbehörde ihr groß angelegtes Bauprogramm und die Sanierung alter Schulgebäude finanzieren kann, werden zunehmend Schulgebäude abgemietet – das heißt, die Schulbehörde gibt Gebäude an die zuständige Schulbau Hamburg zurück. Der Senat hat für 2013 bis 2019 ein Bauprogramm mit einem Investionsvolumen von bislang 150 Millionen Euro und jetzt 300 Millionen Euro pro Jahr vorgesehen.
Laut einer aktuellen Liste müssen 17 Schulen in Hamburg zum neuen Schuljahr Räume abgeben. Darunter fallen nicht nur Unterrichtsräume, sondern auch alte Hausmeisterwohnungen (Goethe-Schule Harburg) oder ein WC-Häuschen (Gymnasium Blankenese). Daneben müssen folgende Schulen Flächen abgeben: Schule Cranz, Schule Krohnstieg, Schule Eduardstraße, Gymnasium Hamm, Schule Tegelweg, Samuel-Heinicke-Schule, Schule Eckerkoppel, Schule Schenefelder Landstraße, Schule Am Eichtalpark, Schule Edwin-Scharff-Ring, Anton-Ree-Schule, STS Süderelbe, Schule Kamminer Straße, ReBBZ Mitte.
Die Behörde folgt mit der Abmietung Leitlinien, die für alle Schulen den Raum- und Flächenbedarf festlegen. Demnach steht jedem Schüler eine Gebäudefläche von zwölf Quadratmetern zu. Behördensprecher Albrecht appelliert an die Solidarität der betroffenen Schulen: „Sehr wenige Schulen haben deutlich mehr Platz. Dieser Raum- und Flächenüberhang kostet viel Geld und blockiert dadurch Ausbaumaßnahmen an Schulen, die weniger Platz haben. Es ist deshalb auch eine Frage der Vernunft und Solidarität aller Schulen, hier die Gesamtheit im Blick zu behalten.“ Auch für die Größe der Schulhöfe gibt es Richtzahlen. So musste unter anderem die Schule Rellinger Straße einen Teil des Schulhofs abgeben.
Gerd Kotoll von der Initiative Guter Ganztag fordert den sofortigen Stopp des Verkaufs und der Vermietung von Schulgebäuden und -flächen und kritisiert die rein rechnerische Herangehensweise. „Selbst wenn ausreichend Räume vorhanden wären, haben Kinder keinen Anspruch auf die Nutzung dieser Räume. Dabei unterscheidet das Flächennutzungsprogramm nicht zwischen Neubauten, an denen optimal geplant werden kann, und Bestandsbauten aus den vergangenen Jahrzehnten.“
Gerade für Schulen mit Schwerpunkt Inklusion sei das Flächennutzungsprogramm dramatisch. „Es ist ein Skandal und das Gegenteil von Inklusion, denn Inklusion bedeutet einen Mehrbedarf an Räumen.“ Lediglich zwei Prozent der Eltern mit Inklusionskindern hätten ihre Kinder überhaupt am Ganztag angemeldet. Sie zögern, weil die Schulen das gar nicht leisten könnten. Kotoll: „Das Schulbauprogramm ist nicht angepasst an besondere Bedürfnisse von Kindern.“
In Niendorf plant die Behörde, die Barrierefreiheit an der Grundschule Moorflagen weiter auszubauen, und zwar im Verwaltungsgebäude. Dort soll ein Fahrstuhl integriert werden.