Hamburg. Einrichtung in Wandsbek war erst im vergangenen Jahr für mehr als 2,5 Millionen Euro gebaut worden. 728 Plätze werden wegfallen.
Die Stadt will trotz großer Probleme bei der Unterbringung von Asylbewerbern die Flüchtlingsunterkunft in der Oktaviostraße in Wandsbek Ende dieses Jahres schließen, um auf dem Gelände 24 Wohnungen zu errichten. Dadurch würden 728 Unterkunftsplätze verloren gehen. Das geht aus vertraulichen Behördenunterlagen hervor, die dem Hamburger Abendblatt vorliegen.
Die Erstaufnahmeeinrichtung (ZEA) wurde seit dem Anstieg des Flüchtlingsstroms im August 2015 in zwei Teilabschnitten auf dem ehemaligen Concordia-Sportplatz errichtet. Betrieben wird sie von dem städtischen Unternehmen Fördern & Wohnen. Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit Sportvereinen, einer Kindertagesstätte und bis zu 200 Ehrenamtlichen.
24 Wohnungen und eine Tiefgarage werden auf dem Sportplatz entstehen
Das Problem besteht darin, dass seit Längerem geplant ist, auf dem ehemaligen Sportplatz Wohnungen zu errichten. Erste Entwürfe sahen vor, dort 60 Wohnungen zu bauen. Eine Bürgerinitiative wehrte sich. Anfang 2014 schlug der Bezirk vor, nur die Hälfte des Grundstücks zu nutzen. Nun sollten 24 Wohnungen in acht Einzelhäusern und eine Tiefgarage mit bis zu 31 Stellplätzen entstehen. Die restliche Fläche sollte als Park dem Wandsbeker Gehölz angeschlossen werden.
Angesichts der Flüchtlingskrise änderte sich die Situation, und die ZEA wurde errichtet. Nach Abendblatt-Informationen investierte die Stadt bis Ende 2015 rund 2,5 Millionen Euro in die Unterkunft – für Containermiete, Elektrik, Kampfmittelsondierung oder Tiefbauarbeiten. Zunächst wurden Zelte genutzt. Inzwischen leben die Flüchtlinge in Wohncontainern.
Behörden und Politiker zweifeln an Abbau der Flüchtlingsunterkunft
Nach Abendblatt-Informationen wurden zuletzt innerhalb der Behörden Zweifel an der Wirtschaftlichkeit laut, die Flüchtlingsunterkunft für den Bau von 24 Wohnungen zu schließen. Zumal Leitungen für Be- und Entwässerung sowie Kabel nicht wiederverwendet, sondern entsorgt werden müssten. Dadurch fielen weitere Kosten an.
Zudem haben führende Politiker des rot-grünen Senats wiederholt die Sorge geäußert, vorhandene Flüchtlingsunterkünfte könnten nicht ausreichen. Auch der Bau von Großsiedlungen wird mit dem anhaltenden Zuzug von Flüchtlingen begründet. Senatschef Olaf Scholz (SPD) sagte jüngst in einem Abendblatt-Interview: „Wir haben die Sorge, dass wir, wenn es bei den vermuteten Zahlen bleibt, in Hamburg am Ende des Jahres 10.000 bis 20.000 Plätze zu wenig haben werden.“
Große Kritik aus den Reihen der CDU-Fraktion an den Senat
Die intern vorgeschlagene Lösung, die ZEA in der Oktaviostraße über das Jahr 2016 hinaus zu betreiben, wurde jedoch abgelehnt. Eine Sprecherin des Zentralen Koordinierungsstabs Flüchtlinge bestätigte am Donnerstag, dass die Einrichtung Ende 2016 geschlossen werden solle und Wohnungsbau geplant sei. Die Finanzbehörde erklärte, der Verkauf des Grundstücks an den Investor sei beschlossen worden.
„Eine im Stadtteil gut integrierte Erstaufnahme für über 700 Menschen mit funktionierender Ehrenamtsstruktur für sage und schreibe 24 Wohnungen aufzugeben ist ein politischer Skandal“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion, Karin Prien, auf Anfrage. „Wer soll die Wehklagen des Senats in Hinblick auf angeblich fehlende Unterbringungsplätze noch ernst nehmen, wenn solche Entscheidungen getroffen werden?“
Das Argument der Alternativlosigkeit im Hinblick auf andere Standorte werde dem Senat niemand mehr abnehmen, fügte Prien hinzu. „Es zeigt sich, dass die Koordination der Unterbringungsfrage nicht funktioniert und viele Probleme hausgemacht sind.“