Hamburg. Seit dem Umzug kommen nur noch wenige freiwillige Helfer, zudem können aus Platzgründen keine neuen Spenden angenommen werden.
Die letzte Chaos-Ecke ist fast aufgeräumt. Etwa 20 Helfer kümmern sich am Mittwochmorgen um die wenigen verbliebenen Kartons, die noch keiner der langen Reihen von Hilfsgütern zugeordnet wurden. Babykleidung, Jacken, Pullover, Unterwäsche, Kosmetik – alles hat seinen Platz. Nach ihrem Auszug aus der Messehalle B7 vor knapp vier Wochen ist Hamburgs größte Kleiderkammer an ihren neuen Standort auf dem Gelände der Otto Group in Bramfeld angekommen. Die 8000 Quadratmeter große Lagerhalle, in der der Logistikriese einst seinen Retourenversand organisierte, kann der extra für die Kleiderkammer gegründete Verein Hanseatic Help nun für drei Jahre nutzen.
Auch der Umzug selber, bei dem mehr als 1500 Europaletten transportiert werden mussten, war ein logistisches Meisterwerk. Rund 100 Helfer, vier Lastwagen, drei Gabelstapler und 25 Hubwagen waren im Einsatz. „Innerhalb von zwei Tagen war der Großteil an seinem Platz“, sagt René Grassau stolz. Der IT-Unternehmer war an dem Aufbau des Computersystems beteiligt, das die Kleiderkammer zu einem Logistikbetrieb mit Vorbildcharakter gemacht hat: Die Spenden werden sortiert, gepackt und ins System eingetragen. Der Computer vergibt dann einen Stellplatz und einen QR-Code, der auf den Karton geklebt wird.
Das System registriert mittlerweile den Warenein- und -ausgang an drei Standorten. In der Bramfelder Lagerhalle, die Platz für 700 Europaletten bietet, in einem Hochregallager am Hafen (520 Paletten), das ein Logistikunternehmen zur Verfügung gestellt hat, und in einem Bunker in Wedel. 1700 Paletten lagern in dem ehemaligen Hilfskrankenhaus unter der Erde, in dem René Grassau rund 5000 Quadratmeter von der Stadt angemietet und der Kleiderkammer zur Verfügung gestellt hat. „Wir nutzen den Bunker als eine Art Ersatzteillager, in dem wir das aufbewahren, was in den Unterkünften aktuell nicht benötigt wird, beispielsweise Sommerbekleidung“, sagt er.
Die Kleiderkammer zieht wieder um
Doch was nach Happy End klingt, ist leider noch keins – trotz des just bezogenen Standorts in Bramfeld sucht die Initiative immer noch nach einer weiteren Unterbringungsmöglichkeit. „Wir brauchen dringend einen citynahen Standort, an dem Spenden angenommen und sortiert werden können“, sagt Grassau. „Gut wäre eine Gewerbefläche mit etwa 1600 Quadratmetern irgendwo zwischen dem Hauptbahnhof und Altona.“ Ein Areal dieser Größenordnung werde benötigt, um ausreichend Pack- und Sortierplätze für die Ehrenamtlichen einrichten zu können.
Das Problem: Die Lagerhalle liegt zu weit außerhalb. In der ersten Woche, die die Kleiderkammer jetzt wieder eröffnet ist, seien deutlich weniger Freiwillige gekommen, berichten Helfer vor Ort. Man suche händeringend nach Unterstützung. „Alleine schaffen wir die Arbeit nicht. Das gilt auch für das Lager im Bunker“, sagt Grassau.
Wer nicht beliefert wird, kann auch nichts ausgeben
Hinzu kommt, dass Spenden auf dem Bramfelder Gelände aus Kapazitätsgründen nicht abgegeben werden können. Derzeit behelfe man sich mit der Regelung, dass diejenigen, die zum Helfen vorbeikommen, Spenden mitbringen dürfen. Nur am Bunker in Wedel können zu festgelegten Zeiten Spenden abgegeben werden. „Es war immer klar, dass Bramfeld nur als Lagerstandort genutzt werden kann, nicht aber als zentrale Annahme- und Ausgabestelle“, so Grassau. Er vergleicht die Situation der Kleiderkammer mit der eines Supermarkts: Wenn dieser nicht beliefert werden könne, könne er eben auch keine Waren an seine Kunden ausgeben. Im Fall der Kleiderkammer hieße das: Ohne die Möglichkeit neuer Spendenaufnahmen könnten die Flüchtlingseinrichtungen der Stadt nicht mehr mit Kleidung und anderen Gütern ausgestattet werden.
Auch was die finanzielle Situation angeht, ist die Lage noch unklar. Derzeit muss sich die Kleiderkammer noch durch Spenden finanzieren und so auch die Miete für die Lagerhalle stemmen. Doch es laufen Gespräche mit der Stadt. Möglich ist nach Abendblatt-Informationen, dass die Miete übernommen wird. Die Verhandlungen über die Höhe laufen jedoch noch. 50.000 Euro spendete neulich das Unternehmen Aida Cruises. „Damit können wir die vorhandenen Sachspenden durch den gezielten Einkauf von Mangelartikeln ergänzen, etwa Schuhe, Unterwäsche, Socken oder Mützen“, sagt Grassau.