An der Berner Au wird die Krögerkoppel neu gemacht, obwohl Bauen im Überschwemmungsgebiet nur ausnahmsweise erlaubt ist. Das sei nur gerecht und verbessere die wasserwirtschaftliche Situation, sagt das Amt.

Farmsen-Berne. Die Stadt Hamburg will mitten im Überschwemmungsgebiet „Berner Au“ die Straße Krögerkoppel „erstmalig endgültig herstellen“ und dafür Anliegerbeiträge einziehen. Im Sommer 2015 soll eine Anhörung klären, wie Einfahrten, Parkräume und Fußwege voneinander abgegrenzt werden sollen. Im März 2016 geht der Bau los. Das hat vor Ort Unverständnis und Ärger ausgelöst.

Anwohner werfen der Stadt vor, mit zweierlei Maß zu messen und sich selbst Bauten zu erlauben, die sie den Anwohnern untersagen würde. Die Stadt bestreitet die Darstellung. Die Ausweisung von Überschwemmungsgebieten (ÜSG) habe mit dem Straßenbau „inhaltlich nichts zu tun“. Im Schnitt will Hamburg in der Krögerkoppel je nach Grundstücksgröße zwischen 8000 und 15.000 Euro für den Straßenbau eintreiben.

An der Berner Au soll ein etwa 700.000 Quadratmeter großes Gebiet Überschwemmungsgebiet (ÜSG) werden und ist dafür gegen den Willen der Anwohner von den Behörden „vorläufig gesichert“ worden (wir berichteten). Das heißt, dass alle im ÜSG geltenden Beschränkungen schon jetzt wirksam sind. Unter anderem ist das Bauen grundsätzlich verboten und nur nach wasserrechtlicher Prüfung per Ausnahmegenehmigung möglich.

So dürfen Neubauten und auch Veränderungen und Pflanzungen in den Gärten nicht geeignet sein, den Abfluss des Wassers zu behindern oder den Wasserstand durch Verdrängung zu erhöhen. Das soll verhindern, dass außerhalb des ÜSG liegende Grundstücke von Jahrhunderthochwassern belastet werden. Die zum Teil seit 90 Jahren ansässigen Anwohner und die Baugenossenschaft vor Ort können sich nicht daran erinnern, dass die Berner Au jemals ihr Flussbett verlassen hat.

Das Bezirksamt Wandsbek erklärt, dass im ÜSG auch der Straßenausbau „einem Genehmigungsverfahren nach § 78 Wasserhaushaltsgesetz“ unterliege. Es werde entsprechend geprüft werden. Die Erneuerung der Straße solle darüber hinaus „die wasserwirtschaftliche Situation nicht nur erhalten, sondern verbessern“. Mit anderen Worten: Die neue Straße soll weniger Wasser verdrängen als die alte.

Die Stadt beruft sich bei der laufenden Ausweisung von insgesamt elf neuen ÜSG auf EU-Vorgaben und ihre topografischen Berechnungen. Demnach werden einfach die am tiefsten liegenden 16 Gebiete der Stadt zu ÜSG erklärt, weil sie laut Umweltbehörde bei Jahrhunderthochwassern ohnehin volllaufen würden. Die Bürger der zum Teil bewohnten ÜSG, die nicht entschädigt werden sollen, fordern einen wirksamen Schutz und wollen nicht zur Wasserwanne der Allgemeinheit werden.

Die Umweltbehörde besteht auf den ÜSG. SPD-Fraktionschef Andereas Dressel erklärte, der Behörde auf jeden Fall noch ein Maximum regelhaft festgelegter Ausnahmen abringen zu wollen. Das erleichtert Ausnahmegenehmigungen und würde den Schaden für die Betroffenen verringern. Mehr scheint nach derzeitigem Stand nicht durchsetzbar. Dass jetzt noch die Sanierung einer funktionierenden Straße dazu kommt, hat an der Berner Au für zusätzlichen Zündstoff gesorgt. Das Bezirksamt Wandsbek versichert, dass das eine mit dem anderen nichts zu tun habe. Verzicht üben will es aber auch nicht.

Der Rechnungshof hat die Stadt immer wieder aufgefordert, noch nicht endgültig hergestellte Straßen fertig zu machen, da sonst keine Anliegerbeiträge für die bereitgestellte Infrastruktur erhoben werden dürfen. So funktioniert auch die asphaltierte Krögerkoppel tadellos, verfügt aber nicht über eine klare Abgrenzung von Fußweg und Fahrbahn (Rasengitter- oder Kantsteine) und andere Segnungen moderner Neubaugebiete, weshalb die Stadt laut Wegegesetz auch bisher keine Anwohnerbeteiligung an den Herstellungskosten eintreiben konnte. Die sich laut Rechnungshof damit auftuende Gerechtigkeitslücke müsse geschlossen werden.